Navigation und Service

Logo der Deutschen Rentenversicherung (Link zur Startseite rvRecht)

rvRecht® - Rechtsportal der Deutschen Rentenversicherung

XII ZB 466/16

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des 5. Senats für Familiensachen des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig vom 15. September 2016 aufgehoben.

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Kiel vom 29. Oktober 2015 wird auf Kosten des weiteren Beteiligten zu 1 zurückgewiesen.

Gerichtskosten für das Verfahren der Rechtsbeschwerde werden nicht erhoben; die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers werden dem weiteren Beteiligten zu 1 auferlegt.

Verfahrenswert der Rechtsmittelverfahren: 3.657 €

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt die Abänderung einer Altentscheidung zum Versorgungsausgleich im Wege einer "Totalrevision" nach § 51 Abs. 1 VersAusglG.

Die am 26. Mai 1966 geschlossene Ehe des 1943 geborenen Antragstellers mit der früheren Ehefrau wurde auf den am 22. Juni 1995 zugestellten Scheidungsantrag mit Urteil des Amtsgerichts vom 7. Januar 1998 rechtskräftig geschieden. Der zunächst vom Scheidungsverbund abgetrennte und ausgesetzte Versorgungsausgleich wurde durch Beschluss des Amtsgerichts vom 23. August 1999 geregelt.

In der gesetzlichen Ehezeit vom 1. Mai 1966 bis zum 31. Mai 1995 haben beide frühere Ehegatten Versorgungsanrechte erworben, und zwar der Antragsteller ein Anrecht auf beamtenrechtliche Versorgung bei dem weiteren Beteiligten zu 1 (Land Schleswig-Holstein) und die Ehefrau ein Anrecht der gesetzlichen Rentenversicherung bei der weiteren Beteiligten zu 2 (DRV Bund) sowie ein Anrecht der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes bei der weiteren Beteiligten zu 3 (VBL). Nachdem das Familiengericht den Ehezeitanteil der Versorgung des Antragstellers mit einem monatlichen Rentenbetrag von 4.436,61 DM und den Ehezeitanteil der Versorgung der Ehefrau mit monatlichen volldynamischen Rentenbeträgen von 691,53 DM (gesetzliche Rente) beziehungsweise 45,00 DM (Zusatzversorgung) ermittelt hatte, begründete es im Wege des Quasi-Splittings zu Lasten der beamtenrechtlichen Versorgung des Antragstellers bei dem Land Schleswig-Holstein monatliche und auf das Ende der Ehezeit am 31. Mai 1995 bezogene Rentenanwartschaften in Höhe von 1.850,04 DM auf dem Versicherungskonto der Ehefrau bei der früheren Bundesversicherungsanstalt für Angestellte und ordnete an, dass diese Anwartschaften in Entgeltpunkte umzurechnen seien.

Die frühere Ehefrau ist am 30. April 2012 verstorben.

Mit einer am 16. April 2014 bei Gericht eingegangenen Antragsschrift hat der Antragsteller eine Abänderung der Entscheidung zum Versorgungsausgleich begehrt. Das Amtsgericht hat nach Einholung eines Sachverständigengutachtens den Beschluss vom 23. August 1999 abgeändert und festgestellt, dass ein Versorgungsausgleich mit Wirkung vom 1. Mai 2014 nicht mehr stattfindet. Auf die Beschwerde des weiteren Beteiligten zu 1 hat das Oberlandesgericht die angefochtene Entscheidung des Amtsgerichts dahingehend abgeändert, dass "mit Wirkung vom 1. Mai 2014 zugunsten des Versicherungskontos der verstorbenen Ehefrau" bei der DRV Bund im Wege externer Teilung zu Lasten des Anrechts des Antragstellers bei dem Land Schleswig-Holstein "ein Anrecht in Höhe von 733,08 € monatlicher Rente begründet wird".

Hiergegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde des Antragstellers, der eine Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung begehrt.

II.

Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg.

1. Das Beschwerdegericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Der Abänderungsantrag des Antragstellers sei zulässig, weil eine nach § 51 Abs. 1 und 2 VersAusglG in Verbindung mit § 225 Abs. 2 und 3 FamFG wesentliche Wertänderung bei seiner Beamtenversorgung vorliege. Es sei aber nicht zu beschließen, dass seit dem 1. April 2014 ein Versorgungsausgleich nicht mehr stattfinde, sondern es habe eine externe Teilung des beamtenrechtlichen Versorgungsanrechts und eine "saldierte Begründung" von Anrechten auf dem gesetzlichen Rentenversicherungskonto der verstorbenen Ehefrau zu erfolgen.

§ 31 Abs. 1 Satz 2 VersAusglG sei im Rahmen des Abänderungsverfahrens nach § 51 VersAusglG zugunsten des insgesamt ausgleichspflichtigen Ehegatten nicht anzuwenden. Die Führung eines Rentenversicherungskontos für Verstorbene sei nicht systemwidrig, wie sich aus der Existenz von Hinterbliebenenversorgungen ergebe. Die Anwendung von § 31 VersAusglG zugunsten des insgesamt ausgleichspflichtigen, überlebenden Ehegatten führe zu einer Privilegierung, die sachlich nicht begründbar sei. Der Gesetzgeber habe mit der Einführung des Abänderungsverfahrens nach § 51 Abs. 1 VersAusglG lediglich die verfassungsrechtlich gebotene Abänderungsmöglichkeit von Altentscheidungen aufrechterhalten und dem neuen Ausgleichssystem des Reformgesetzes anpassen wollen. Die mit § 51 VersAusglG geschaffene Abänderungsmöglichkeit habe demgegenüber nicht als "Einfallstor" dafür dienen sollen, den Versorgungsausgleich als Scheidungsfolge für den Fall des Todes des insgesamt ausgleichsberechtigten Ehegatten nach der Scheidung abzuschaffen. Wie insbesondere die Behandlung von sog. vergessenen Versorgungen verdeutliche, gehe es im Verfahren nach § 51 Abs. 1 VersAusglG nicht um eine neue Erstentscheidung nach "Auslöschung" der Altentscheidung, sondern um eine Abänderung. Daher könne § 31 Abs. 1 Satz 2 VersAusglG schon nicht direkt angewendet werden, weil diese ein Versterben des ausgleichsberechtigten Ehegatten nach Rechtskraft der Scheidung und vor der ersten Entscheidung zum Versorgungsausgleich voraussetzt. Darüber hinaus sei die durch den Tod des geschiedenen Ehepartners eingetretene Privilegierung des insgesamt ausgleichspflichtigen Ehegatten wertungsmäßig abzulehnen, weil sie zu unerklärlichen Friktionen hinsichtlich der Zugangsberechtigung für eine Abänderung führe.

Angemessen sei es allein, eine eingeschränkte Abänderung des Versorgungsausgleichs durchzuführen. Der Ausgleichswert der Beamtenversorgung des Antragstellers betrage aktuell 1.005,69 €. Hiervon abzusetzen sei der in einer Monatsrente ausgedrückte Ausgleichswert der Anwartschaft der verstorbenen Ehefrau bei der DRV Bund in Höhe von 187,64 € und der in einer Monatsrente ausgedrückte Ehezeitanteil ihrer Anwartschaft bei der VBL in Höhe von 84,97 €. Damit sei die Versorgung des Antragstellers seit dem 1. April 2014 um monatlich 733,08 € zu kürzen.

2. Das hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.

a) Noch zutreffend ist das Beschwerdegericht allerdings davon ausgegangen, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Abänderung des nach früherem Recht durchgeführten öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleichs nach § 51 Abs. 1 VersAusglG vorliegen. Insbesondere sind die Grenzwerte für die Wesentlichkeitsgrenzen nach § 51 Abs. 2 VersAusglG iVm § 225 Abs. 3 FamFG in Bezug auf das beamtenrechtliche Versorgungsanrecht des Antragstellers überschritten. Nach den vom Beschwerdegericht in Bezug genommenen Feststellungen des Amtsgerichts ist der in der Ausgangsentscheidung vom 23. August 1999 zu Grunde gelegte hälftige Ehezeitanteil der beamtenrechtlichen Versorgung in Höhe von 2.218,31 DM zwischenzeitlich auf monatlich 1.966,96 DM (bzw. 1.005,69 €) gesunken. Der Wertunterschied von 251,35 DM überschreitet ersichtlich sowohl die relative Wertgrenze des § 225 Abs. 3 Alt. 1 FamFG (5¿% des bisherigen Ausgleichswerts, hier: 110,92 DM) als auch die absolute Wertgrenze des § 225 Abs. 3 Alt. 2 FamFG (1¿% der maßgeblichen Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 SGB IV am Ende der Ehezeit, hier: 40,60 DM).

b) Die vorzunehmende Abänderung betrifft sämtliche Anrechte, die in den durch die Ausgangsentscheidung geregelten Ausgleich einbezogen waren. Sie vollzieht sich, indem das Gericht die in den Ausgleich einbezogenen Anrechte nunmehr nach den §§ 9 bis 19 VersAusglG teilt. Ergänzend zu diesen Regelungen wird jedoch durch § 31 Abs. 1 VersAusglG angeordnet, dass dann, wenn ein Ehegatte nach Rechtskraft der Scheidung, aber vor Rechtskraft der Entscheidung über den Wertausgleich nach den §§ 9 bis 19 VersAusglG stirbt, das Recht des überlebenden Ehegatten auf Wertausgleich gegen die Erben geltend zu machen ist (§ 31 Abs. 1 Satz 1 VersAusglG), die Erben hingegen ihrerseits kein Recht auf Wertausgleich haben (§ 31 Abs. 1 Satz 2 VersAusglG).

Wie der Senat bereits im Jahr 2013 grundlegend ausgeführt hat (vgl. Senatsbeschluss vom 5. Juni 2013 - XII ZB 635/12 - FamRZ 2013, 1287 Rn. 24 ff.), sind diese Bestimmungen im Abänderungsverfahren nach § 51 Abs. 1 VersAusglG uneingeschränkt anzuwenden, wenn der öffentlich-rechtliche Versorgungsausgleich nach früherem Recht zunächst rechtskräftig zugunsten eines Ehegatten durchgeführt worden war und dieser Ehegatte nach Rechtskraft der Ausgangsentscheidung verstorben ist. Strengt der (insgesamt) Ausgleichspflichtige - wie hier - nach eingetretener Wertänderung ein Abänderungsverfahren gemäß § 51 Abs. 1 VersAusglG an, muss die Anwendung des § 31 Abs. 1 Satz 2 VersAusglG im Falle eines Vorversterbens des Ausgleichsberechtigten folgerichtig dazu führen, dass der überlebende Ehegatte sein während der Ehezeit erworbenes Anrecht ab dem Zeitpunkt der Antragstellung ungeteilt zurück erhält. Die damit verbundene Besserstellung des überlebenden Ausgleichspflichtigen und die möglichen Einschränkungen in der Versorgung der Hinterbliebenen des verstorbenen Ausgleichsberechtigten sind unvermeidbare Folge einer Gesetzeslage, welche einerseits im Abänderungsverfahren eine Totalrevision des Versorgungsausgleichs nach den Regeln des neuen Rechts anordnet, andererseits keine Neubegründung von Versorgungsanrechten zu Gunsten Verstorbener vorsieht. Dies käme gleichermaßen zum Tragen, wenn ein Ehegatte zwischen der Rechtskraft der Scheidung und der (Erst-)Entscheidung über den Versorgungsausgleich stürbe.

c) Dieser Ansicht haben sich zwischenzeitlich die überwiegende obergerichtliche Rechtsprechung (vgl. OLG Stuttgart [15. Zivilsenat] Beschluss vom 29. Februar 2016 - 15 UF 10/16 - juris Rn. 13; OLG Stuttgart [17. Zivilsenat] FamRZ 2015, 759 f.; OLG Koblenz FamRZ 2015, 1808, 1809 f.; KG Beschluss vom 22. Februar 2016 - 13 UF 256/15 - juris Rn. 14 ff.; OLG Frankfurt Beschluss vom 30. Juni 2015 - 6 UF 68/15 - juris Rn. 15 f.) und Teile des Schrifttums (vgl. BeckOGK/Müller-Tegethoff [Stand: März 2018] VersAusglG § 51 Rn. 90.1 ff.; jurisPK-BGB/Breuers [Stand: Dezember 2017] § 51 VersAusglG Rn. 61 ff.; Hk-BGB/Kemper 9. Aufl. § 51 VersAusglG Rn. 10; Wick Der Versorgungsausgleich 4. Aufl. Rn. 837; Ruland Versorgungsausgleich 4. Aufl. Rn. 1145; Holzwarth NZFam 2015, 315, 316; Friederici FF 2015, 326 f.) angeschlossen. Darüber hinaus besteht - soweit ersichtlich - mittlerweile weitgehende Einigkeit darüber, dass § 31 VersAusglG zu den materiell-rechtlichen Vorschriften des reformierten Versorgungsausgleichsrechts gehört, die im Rahmen einer "Totalrevision" im Abänderungsverfahren nach § 51 Abs. 1 VersAusglG grundsätzlich anwendbar sind (aA noch OLG Schleswig [3. Senat für Familiensachen] FamRZ 2012, 36, 37). Auch das Beschwerdegericht stellt dies offensichtlich nicht mehr in Frage.

Die Senatsrechtsprechung hat allerdings insoweit Kritik erfahren (vgl. OLG Schleswig [1. Senat für Familiensachen] FamRZ 2016, 822, 823 f. und FamRZ 2015, 757, 758 f.; MünchKommBGB/Dörr 7. Aufl. § 51 VersAusglG Rn. 16; BeckOGK/Siede [Stand: Mai 2018] VersAusglG § 31 Rn. 65 ff.; BeckOK BGB/Gutdeutsch [Stand: November 2017] § 51 VersAusglG Rn. 10a; Borth Versorgungsausgleich 8. Aufl. Kap. 3 Rn. 198 ff.; Götsche FamRB 2016, 303, 304; Bergner NZFam 2015, 539, 544), als der Senat aus der Anwendbarkeit des § 31 Abs. 1 Satz 2 VersAusglG im Verfahren nach § 51 Abs. 1 VersAusglG in einem obiter dictum hergeleitet hat, dass der Überlebende seine Versorgungsanrechte auch dann ungeteilt zurückerhält, wenn es sich bei ihm um den insgesamt ausgleichspflichtigen Ehegatten gehandelt hat, der Versorgungsausgleich nach früherem Recht zu seinen Lasten rechtskräftig durchgeführt worden und der insgesamt ausgleichsberechtigte Ehegatte vor Rechtskraft der Entscheidung über die Abänderung nach § 51 Abs. 1 VersAusglG verstorben war.

d) Der Senat hält auch nach erneuter Überprüfung und unter Berücksichtigung der an seiner Rechtsprechung geäußerten Kritik an seiner Auffassung fest.

aa) Die Begründung oder Erweiterung von Versorgungsanrechten zugunsten eines verstorbenen Ehegatten ist nicht nur dem Sozialversicherungsrecht, sondern sämtlichen Versorgungssystemen grundsätzlich fremd. Für die ausgleichsberechtigte Person ist das Bedürfnis, sich gegen einen durch Alter oder Invalidität bedingten Einkommensausfall abzusichern, mit dem Tode entfallen (vgl. bereits BT-Drucks. 7/650, S. 163 f. zu § 1587 e Abs. 2 BGB). Aus diesem Grunde schließt § 31 Abs. 1 Satz 2 VersAusglG - wie bereits § 1587 e Abs. 2 BGB nach früherem Recht - einen auf die Erben übergehenden Teilhabeanspruch des verstorbenen Ehegatten an den vom überlebenden Ehegatten in der Ehezeit erworbenen Anrechten aus. Im Übrigen werden sich solche Teilungsvorgänge, bei denen die Höhe des durch interne oder externe Teilung begründeten Anrechts von dem biometrischen Risiko des ausgleichsberechtigten Ehegatten (Alter, Gesundheit) abhängig ist, sinnvoll überhaupt nur zugunsten eines lebenden Ehegatten durchführen lassen.

bb) Das vollständige Entfallen des Wertausgleichs, wenn der insgesamt ausgleichsberechtigte Ehegatte vor Rechtskraft der Entscheidung über die Abänderung des Versorgungsausgleichs nach § 51 Abs. 1 VersAusglG verstirbt, stellt auch keine Missachtung der Rechtskraft der abzuändernden Altentscheidung dar (aA MünchKommBGB/Dörr 7. Aufl. § 51 VersAusglG Rn. 16; Borth Versorgungsausgleich 8. Aufl. Kap. 3 Rn. 198). Zwar wäre im Ergebnis des Abänderungsverfahrens nach § 10 a VAHRG zunächst nur eine Änderung des Versorgungsausgleichs entsprechend der eingetretenen Wertänderung in Betracht gekommen. Im Abänderungsverfahren nach § 51 Abs. 1 VersAusglG hat das Gericht sämtliche Anrechte eigenständig neu zu bewerten und erstmals auf der Grundlage der materiell-rechtlichen Vorschriften des reformierten Rechts auszugleichen - oder beim Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen von der Durchführung des Ausgleichs abzusehen. Die aus der Rechtskraft der Ausgangsentscheidung folgende Bindungswirkung beschränkt sich insoweit darauf, dass im Rahmen des Abänderungsverfahrens nach § 51 Abs. 1 VersAusglG nur solche Anrechte berücksichtigt werden dürfen, die auch in die Ausgangsentscheidung einbezogen worden waren (Senatsbeschluss BGHZ 198, 91 = FamRZ 2015, 1548 Rn. 28; vergleiche auch BeckOGK/Siede [Stand: Mai 2018] VersAusglG § 31 Rn. 64).

cc) Die Ansicht des Beschwerdegerichts, dass im Verfahren nach § 51 Abs. 1 VersAusglG eine Abänderung zugunsten des insgesamt ausgleichspflichtigen Ehegatten nur insoweit erfolgen könne, als sich der Ausgleichssaldo zu seinen Gunsten verringert habe, lässt sich auch nicht aus dem "Besserstellungsverbot" des § 31 Abs. 2 Satz 1 VersAusglG herleiten (aA OLG Schleswig [1. Senat für Familiensachen] FamRZ 2015, 757, 758; BeckOGK/Siede [Stand: Mai 2018] VersAusglG § 31 Rn. 69; Bergner NZFam 2015, 539, 544).

Nach § 31 Abs. 2 Satz 1 VersAusglG darf der überlebende Ehegatte "durch den Wertausgleich" nicht bessergestellt werden, als wenn der Versorgungsausgleich unter Lebenden durchgeführt worden wäre. Schon nach dem Wortlaut des Gesetzes soll eine Besserstellung der überlebenden Person ausgeschlossen werden, die gerade durch den erstmaligen Wertausgleich und nicht durch das Absehen von diesem Ausgleich herbeigeführt werden würde. Dies ist auch systematisch zwingend: Denn während § 31 Abs. 1 Satz 2 VersAusglG gewährleistet, dass der überlebende Ehegatte keinem Ausgleichsanspruch wegen der von ihm selbst in der Ehezeit erworbenen Anrechte ausgesetzt ist, soll durch die Regelung des § 31 Abs. 2 Satz 1 VersAusglG vermieden werden, dass der überlebende Ehegatte zusätzlich an den Anrechten des verstorbenen Ehegatten in einer Weise partizipieren kann, der über die hälftige Teilhabe an dem gemeinsam in der Ehezeit erwirtschafteten Versorgungsvermögen hinausgeht. Das Gesetz sieht deshalb keine "Besserstellung" des Ehegatten darin, dass ihm (lediglich) die von ihm in der Ehezeit selbst erworbenen Anrechte verbleiben.

Ein darüber hinausgehendes Verständnis, wonach der überlebende Ehegatte bereits durch die Durchführung des Abänderungsverfahrens nicht besser gestellt werden dürfe, als wenn dieses unter Beteiligung des verstorbenen Ehegatten durchgeführt worden wäre und deshalb schon die Wiedererlangung der in der Ehezeit selbst erworbenen Anrechte eine unzulässige Besserstellung sei, lässt sich der Vorschrift - anders als das Beschwerdegericht meint - auch durch eine teleologische Norminterpretation nicht beilegen.

(1) Ein solcherart extensives Verständnis des Besserstellungsverbots lässt sich nicht schon auf den Gedanken der Kostenneutralität des Versorgungsausgleichs stützen.

Richtig ist in diesem Zusammenhang, dass es für den betroffenen Versorgungsträger nicht kostenneutral ist, wenn der insgesamt ausgleichspflichtige Ehegatte aufgrund der Totalrevision nach neuem Recht seine Versorgungsanrechte ungeteilt zurückerhält, obwohl der Versorgungsausgleich nach früherem Recht bereits zu seinen Lasten rechtskräftig durchgeführt war. Die wirtschaftliche Mehrbelastung für den Versorgungsträger wird sich dabei meistens noch nicht aus der isolierten Betrachtung des einzelnen Versorgungsausgleichsfalls ergeben. Das ist auch hier nicht der Fall: Der Beteiligte zu 1 als Träger der beamtenrechtlichen Versorgungslast konnte während des Zeitraums, in dem er gemäß § 225 Abs. 1 SGB VI zur Erstattung der Aufwendungen an den zuständigen Rentenversicherungsträger der verstorbenen Ehefrau verpflichtet war, offensichtlich die laufenden Versorgungsbezüge des Antragstellers in entsprechender Höhe kürzen. Soweit der Antragsteller als Folge der Totalrevision im Abänderungsverfahren nach § 51 Abs. 1 VersAusglG sein beamtenrechtliches Anrecht ungeteilt zurückerhält, steht dem spiegelbildlich gegenüber, dass die Erstattungspflicht des Beteiligten zu 1 gegenüber dem Träger der gesetzlichen Rentenversicherung mit dem Tode der früheren Ehefrau entfallen ist. Wie das Beschwerdegericht - insoweit zutreffend - ausführt, wird der Beteiligte zu 1 aus dem beamtenrechtlichen Versorgungsanrecht des Antragstellers nicht mehr Leistungen erbringen müssen als ohne Scheidung und Versorgungsausgleich.

Die wirtschaftliche Mehrbelastung für den Versorgungsträger ergibt sich indessen in der Gesamtbetrachtung aus der Störung des Risikoausgleichs, welches mit der Kumulation ungünstiger Versorgungsrisiken beim Versorgungsträger einhergeht (vgl. dazu etwa BeckOGK/Siede [Stand: Mai 2018] VersAusglG § 31 Rn. 67). Betroffen hiervon sind in den Fällen des § 51 Abs. 1 VersAusglG in erster Linie die gesetzliche Rentenversicherung und die Beamtenversorgung, mithin die großen Regelsicherungssysteme. Die Regelsicherungssysteme sind indessen in einem stärkeren Maße dem Gedanken der wechselseitigen Verantwortung und des sozialen Ausgleichs unterworfen als solche Versorgungssysteme, die sich in ein versicherungsmathematisches Äquivalenzverhältnis aus Beitragszahlung und Leistungserbringung fügen müssen. Wie bereits die Anpassungsregelungen der §§ 32 ff. VersAusglG verdeutlichen, ist es dem Gesetz nicht fremd, den Gedanken des versicherungstechnischen Risikoausgleichs und der Kostenvermeidung bei den Regelsicherungssystemen zurücktreten zu lassen, um die wirtschaftlichen Folgen des Versorgungsausgleichs für den belasteten Ehegatten abzumildern, ohne dass dies verfassungsrechtlich geboten wäre (vgl. dazu BVerfG FamRZ 2014, 1259 Rn. 56 zu § 37 VersAusglG).

(2) In diesem Zusammenhang besteht auch kein Wertungswiderspruch zu §§ 32, 37 VersAusglG, wonach eine Anpassung wegen Todes nur dann möglich ist, wenn der ausgleichsberechtigte verstorbene Ehegatte die betreffende Versorgung nicht länger als 36 Monate bezogen hat (§ 37 Abs. 2 VersAusglG). Dies beruht schon auf der unterschiedlichen Zielrichtung des Abänderungsverfahrens nach § 51 Abs. 1 VersAusglG einerseits und des Anpassungsverfahrens nach § 37 VersAusglG andererseits: Während § 51 VersAusglG einen vollständig neuen Versorgungsausgleich und damit faktisch eine unbeschränkte Erstentscheidung nach neuem Recht anordnet, wollen die §§ 32, 37 VersAusglG lediglich eine rechtskräftig bleibende Versorgungsausgleichsentscheidung anpassen, um eine unbillige Härte im Einzelfall zu vermeiden (vgl. Holzwarth NZFam 2015, 315, 316).

Im Übrigen hat der Senat bereits darauf hingewiesen, dass der Gesetzgeber seine Entscheidung, die bisherige Abänderungsvorschrift des § 10a VAHRG auch für die Abwicklung von Altfällen nicht fortbestehen zu lassen, bewusst deshalb getroffen hat, damit die Teilungsregelungen und Ausgleichsformen des früheren Rechts (Saldierung und Einmalausgleich in die gesetzliche Rentenversicherung) nicht indirekt über Abänderungsvorschriften über mehrere Jahrzehnte hinweg weiter angewendet werden (BT-Drucks. 16/10144, S. 88; vergleiche Senatsbeschluss vom 5. Juni 2013 - XII ZB 635/12 - FamRZ 2013, 1287 Rn. 24). Wenn die zeitlich unbeschränkte Anwendbarkeit des § 31 Abs. 1 Satz 2 VersAusglG im Abänderungsverfahren nach § 51 Abs. 1 VersAusglG hiernach zur Folge hat, dass der insgesamt ausgleichspflichtige Ehegatte seine Anrechte im Einzelfall auch dann ungekürzt zurückerhalten kann, wenn der verstorbene Ehegatte seine Versorgung länger als 36 Monate bezogen hat, hat der Gesetzgeber dies offensichtlich zur Erreichung seines Ziels in Kauf genommen, die als unbefriedigend empfundene Notwendigkeit, Anrechte unterschiedlichster Art zum Zwecke einer saldierenden Gegenüberstellung miteinander vergleichbar machen zu müssen, unter der Geltung des neuen Rechts weitestmöglich zurückzudrängen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass es sich insoweit lediglich um ein Problem des Übergangsrechts handelt (zutreffend KG Beschluss vom 22. Februar 2016 - 13 UF 256/15 - juris Rn. 17).

 (3) Es ist auch nicht sachwidrig, nur denjenigen Abänderungsinteressierten den Zugang zum Abänderungsverfahren nach § 51 Abs. 1 VersAusglG zu gewähren, die sich bezüglich eines in den Versorgungsausgleich einbezogenen Anrechts auf einen wesentlichen Wertunterschied im Sinne von § 51 Abs. 2 VersAusglG iVm § 225 Abs. 2 und 3 FamFG berufen können, obwohl die im Abänderungsverfahren nach § 31 Abs. 1 Satz 2 VersAusglG zu treffende Entscheidung in materieller Hinsicht nicht (mehr) durch die eingetretene Wertänderung, sondern durch das Vorversterben des insgesamt ausgleichsberechtigten Ehegatten beeinflusst wird. Diese Privilegierung beruht auf einem Sachgrund, denn sie liegt darin begründet, dass dieser Personenkreis einerseits einen verfassungsrechtlich geschützten Anspruch darauf hat, die für ihn günstigen Wertveränderungen der in die Ausgangsentscheidung einbezogenen Anrechte in einem Abänderungsverfahren geltend machen zu können (vgl. dazu BVerfG FamRZ 1993, 161, 162 f.; vergleiche auch BT-Drucks. 16/10144, S. 88), der Gesetzgeber aber andererseits das bisherige Ausgleichssystem einschließlich der darauf beruhenden Abänderungsmöglichkeiten auch mit Wirkung für Übergangsfälle außer Kraft gesetzt und an seiner Stelle eine erneute Entscheidung über den Versorgungsausgleich angeordnet hat, die in ihren Wirkungen einer Erstentscheidung nach neuem Recht entspricht.

dd) Schließlich gebieten auch die Interessen etwaiger Hinterbliebener des insgesamt ausgleichsberechtigten Ehegatten keine andere Beurteilung.

(1) Die mit der Anwendung des § 31 Abs. 1 Satz 2 VersAusglG im Abänderungsverfahren zugunsten des insgesamt ausgleichspflichtigen Ehegatten einhergehenden Friktionen bei der Versorgung der Hinterbliebenen des insgesamt ausgleichsberechtigten Ehegatten sind generell dem Umstand geschuldet, dass es sich bei der möglichen Begünstigung von Hinterbliebenen grundsätzlich nur um eine mittelbare Folge des Versorgungsausgleichs handelt; am Zweck des Versorgungsausgleichs, der auf Versorgungsteilhabe nur unter den Ehegatten zielt, ändert auch die mittelbare Begünstigung von Hinterbliebenen nichts (vgl. Senatsbeschlüsse vom 5. Juni 2013 - XII ZB 635/12 - FamRZ 2013, 1287 Rn. 23 und vom 15. August 2007 - XII ZB 64/06 - FamRZ 2007, 1804 Rn. 8).

(2) In diesem Zusammenhang hat der Senat auch in Erwägung gezogen, dass § 52 Abs. 1 VersAusglG iVm § 226 Abs. 1 FamFG den Hinterbliebenen der Ehegatten ein Antragsrecht für das Abänderungsverfahren nach § 51 Abs. 1 VersAusglG zubilligt. Insoweit hat der Senat ausgeführt, dass diese Vorschrift in Ansehung der Anwendung von § 31 Abs. 1 Satz 2 VersAusglG nicht ins Leere laufe, weil die Hinterbliebenen eines verstorbenen (insgesamt) ausgleichspflichtigen Ehegatten ohne weiteres von einer Abänderung profitieren können (vgl. Senatsbeschlüsse vom 5. Juni 2013 - XII ZB 635/12 - FamRZ 2013, 1287 Rn. 28).

Allerdings entsprach es der Rechtsprechung des Senats zu § 10a Abs. 4 VAHRG, dass die dem Hinterbliebenen eines Ausgleichsberechtigten eingeräumte Möglichkeit zur Antragstellung im Abänderungsverfahren nicht nur eine Verfahrensbefugnis beinhaltete, sondern die dem verstorbenen Ausgleichsberechtigten zustehende materiell-rechtliche Befugnis zur Geltendmachung des Ausgleichsanspruchs im Abänderungsverfahren auf die Hinterbliebenen ausgedehnt wurde, so dass der nach früherem Recht aus § 1587 e Abs. 2 BGB hergeleitete Grundsatz, wonach zugunsten eines Verstorbenen keine Versorgungsanrechte begründet werden können, eine vom Gesetz gewollte Einschränkung erfuhr (vgl. Senatsbeschluss vom 15. August 2007 - XII ZB 64/06 - FamRZ 2007, 1804 Rn. 12). Der Senat teilt indessen nicht die darauf gegründete Schlussfolgerung, wonach in der (undifferenzierten) Zuerkennung eines Antragsrechts für die Hinterbliebenen der Ehegatten in § 52 Abs. 1 VersAusglG iVm § 226 Abs. 1 FamFG ein eindeutiges Indiz dafür zu sehen sei, dass der Gesetzgeber den Hinterbliebenen des insgesamt ausgleichsberechtigten Ehegatten auch im Abänderungsverfahren nach § 51 Abs. 1 VersAusglG eine materiell-rechtliche Position einräumen wollte (so aber MünchKommBGB/Dörr 7. Aufl. § 51 VersAusglG Rn. 16; Borth Versorgungsausgleich 8. Aufl. Kap. 3 Rn. 200).

Denn das Abänderungsverfahren nach § 51 Abs. 1 VersAusglG unterscheidet sich - indem es eine zum früheren Recht getroffene Entscheidung zum Einmalausgleich in einen Hin-und-Her-Ausgleich nach neuem Recht transformiert - in seinen Wirkungen deutlich vom Abänderungsverfahren nach § 10a VAHRG, weil dem Gericht im Verfahren nach § 51 Abs. 1 VersAusglG erstmals ein unmittelbarer rechtsgestaltender Eingriff in solche Versorgungsverhältnisse eröffnet wird, deren Anrechte in die Ausgangsentscheidung lediglich als Rechenposten einbezogen worden sind. Es ist durchaus zweifelhaft, ob der Gesetzgeber den Hinterbliebenen des insgesamt ausgleichsberechtigten Ehegatten - als lediglich mittelbar Begünstigte des Versorgungsausgleichs - tatsächlich derart weitreichende und über die bloße Korrektur eines Ausgleichssaldos hinausgehende Befugnisse zum Eingriff in die Versorgungslage des überlebenden Ehegatten zuerkennen wollte. Dazu kommt, dass ein zugunsten der Hinterbliebenen eines insgesamt ausgleichsberechtigten Ehegatten durchgeführter Hin-und-Her-Ausgleich bei einigen Versorgungsträgern zur Begründung von Versorgungsanrechten führen könnte, aus denen - wie es bei der internen Teilung von betrieblichen Versorgungsanrechten häufig der Fall sein dürfte (arg. § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 VersAusglG) - keine Hinterbliebenenversorgung gewährt wird.

 (3) Letztlich bedarf dies unter den hier obwaltenden Umständen auch keiner weiteren Erörterung mehr, weil versorgungsberechtigte Hinterbliebene der verstorbenen Ehefrau offensichtlich nicht vorhanden sind. Es kommt deshalb auch nicht darauf an, ob und gegebenenfalls inwieweit dem Vertrauen der Hinterbliebenen des insgesamt ausgleichsberechtigten Ehegatten auf den Fortbestand ihrer Versorgung durch Besitzschutzvorschriften des Sozialversicherungsrechts Rechnung getragen werden kann (vgl. dazu BeckOGK/Siede [Stand: Mai 2018] VersAusglG § 31 Rn. 68).

3. Die angefochtene Entscheidung kann deshalb keinen Bestand haben. Nach den getroffenen Feststellungen ist die Sache im Sinne der Zurückweisung der Erstbeschwerde gegen die zutreffende Entscheidung des Amtsgerichts zur Endentscheidung reif (§ 74 Abs. 6 Satz 1 FamFG).

Zusatzinformationen