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XII ZB 636/13

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des 3. Zivilsenats - Senat für Familiensachen - des Kammergerichts in Berlin vom 31. Oktober 2013 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Kammergericht zurückverwiesen.

Beschwerdewert: 1.000 €

Gründe

A.

Der 1953 geborene Antragsteller (im Folgenden: Ehemann) und die 1973 geborene Antragsgegnerin (im Folgenden: Ehefrau) heirateten am 26. Januar 2002. Der Ehemann ist Deutscher, die Ehefrau Ukrainerin. Die Zustellung des Scheidungsantrags erfolgte am 13. August 2007. Durch Urteil des Amtsgerichts vom 28. Oktober 2008 wurde die Ehe - insoweit rechtskräftig - geschieden und die im Scheidungsverbund stehende Folgesache Versorgungsausgleich ausgesetzt und abgetrennt.

Beide Ehegatten haben in der gesetzlichen Ehezeit vom 1. Januar 2002 bis zum 31. Juli 2007 Anrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung bei der DRV Bund erworben. Daneben hat der Ehemann noch zwei ehezeitliche Anrechte der betrieblichen Altersversorgung erlangt. Zum einen besteht ein Anrecht auf Zahlung einer Altersrente bei der G. Pensionskasse AG. Zum anderen hat der Ehemann durch eine von seinem Arbeitgeber abgeschlossene Direktversicherung bei der A. Lebensversicherung AG ein Anrecht aus einer fondsgebundenen Rentenversicherung mit eingeschlossener Berufsunfähigkeitszusatzversicherung (BUZ) erworben. Aufgrund eines am 23. Juni 2002 erlittenen Unfalls erhält der Ehemann aus der BUZ seit dem 1. Februar 2003 eine befristete Berufsunfähigkeitsrente. Die A. Lebensversicherung AG hat den Ehezeitanteil des Anrechts mit 77.680,39 € (rechnerisch richtig: 77.680,49 €) angegeben und zur Erläuterung ihrer Angaben die folgenden Werte mitgeteilt:

EhezeitbeginnEhezeitende
(1. Januar 2002)(31. Juli 2007)
Deckungskapital der Hauptversicherung:2.647,64 €14.032,62 €
Deckungsrückstellung der BUZ:874,34 €66.935,25 €
Schlussgewinnanteile der BUZ:295,20 €529,80 €
Summe:3.817,18 €81.497,67 €

Die A. Lebensversicherung AG hat bei Teilungskosten in Höhe von 250 € einen Ausgleichswert von 38.715,20 € vorgeschlagen. Nach den Bestimmungen ihrer Teilungsordnung wird bei der internen Teilung für den ausgleichsberechtigten Ehegatten eine fondsgebundene Rentenversicherung mit aufgeschobener lebenslanger Rentenzahlung ohne zusätzlichen Schutz gegen das Risiko der Berufsunfähigkeit eingerichtet.

Das Amtsgericht hat den Versorgungsausgleich geregelt. Dabei hat es unter anderem angeordnet, dass im Wege der internen Teilung zu Lasten des Anrechts des Ehemanns bei der A. Lebensversicherung AG zugunsten der Ehefrau ein auf das Ende der Ehezeit am 31. Juli 2007 bezogenes Anrecht in Höhe von 38.715,20 € übertragen wird. Die allein gegen diesen Ausspruch gerichtete Beschwerde des Ehemanns hat das Kammergericht zurückgewiesen.

Hiergegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde des Ehemanns. Er ist der Auffassung, dass das Anrecht aus der BUZ nicht auszugleichen sei.

B.

Die Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht.

I.

Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Entscheidung das Folgende ausgeführt: Nach § 2 VersAusglG seien auf Zahlung einer Rente gerichtete Anrechte auszugleichen, wenn diese durch Arbeit geschaffen worden seien und der Absicherung bei Invalidität dienten. Zwar dürfe der Ausgleich nicht dazu führen, dass die ausgleichsberechtigte Person eine sofort beginnende Zeitrente aus dem hälftigen Deckungskapital beziehen könne, ohne selbst die Voraussetzungen für eine Berufsunfähigkeitsrente zu erfüllen. Dies sei hier aber nicht der Fall, weil die frühere Ehefrau im Rahmen der internen Teilung eine neue, auf ihre Altersvorsorge gerichtete Versicherung und damit ein eigenes bedarfsabhängiges Versorgungsanrecht erhalte.

§ 28 VersAusglG sei im vorliegenden Fall nicht anzuwenden, weil diese Regelung ausschließlich private Invaliditätsversorgungen im Blick habe, nicht aber Anrechte aus betrieblichen Versorgungen. Eine entsprechende Anwendung von § 28 VersAusglG auf Invaliditätsrenten aus betrieblichen Versorgungen komme wegen des Ausnahmecharakters der Vorschrift nicht in Betracht; eine planwidrige Regelungslücke bestehe insoweit nicht. Zudem sei die hier vorliegende Ausgleichssituation mit den Fällen des § 28 VersAusglG nicht vergleichbar. Denn § 28 VersAusglG liege die Annahme zugrunde, dass der Ausgleich der Invaliditätsversorgung bei dem Ausgleichsberechtigten ebenfalls zu einem Invaliditätsschutz führen würde und ihm daher nur dann zugute komme, wenn er selbst erwerbstätig sei und eventuell später noch berufsunfähig werde. Angesichts dieser Ungewissheiten sei es nicht gerechtfertigt, die laufende Versorgung des Ausgleichspflichtigen zu kürzen. Hier aber wandele sich die reine Invaliditätsversorgung in eine ausschließliche Altersversorgung um, so dass der ausgleichsberechtigten Person auf jeden Fall eine bedarfsabhängige Versorgung zur Verfügung stehe.

Eine Teilung des Anrechts unter Berücksichtigung des seit dem Ehezeitende durch die ungekürzte Rentenzahlung eingetretenen Kapitalverzehrs komme nicht in Betracht. Die Teilung des Anrechts auf der Grundlage der Teilungsordnung würde zwar dazu führen, dass der Ehemann nach dem Vollzug der Teilung künftig nur noch etwa ein Viertel seiner bisherigen Berufsunfähigkeitsrente beziehen könnte. Dies liege aber daran, dass der bisherige Zahlbetrag auf der Grundlage des am Ende der Ehezeit vorhandenen Werts des eigentlich zu teilenden Anrechts berechnet worden sei. Zwar sei das Anrecht danach bestimmungsgemäß verzehrt worden, dieser Verzehr sei jedoch nicht als rechtliche oder tatsächliche Veränderung im Sinne von § 5 Abs. 2 Satz 2 VersAusglG mit der Folge zu bewerten, dass man bei der Durchführung des Versorgungsausgleichs ausnahmsweise vom Stichtagsprinzip abweichen dürfe. Müsste die ausgleichsberechtigte Person die teilweise Aufzehrung der Versorgung durch die ausgleichspflichtige Person mittragen, stünde dies in eklatantem Widerspruch zum Halbteilungsgrundsatz des § 1 Abs. 1 VersAusglG. Zudem sei es untragbar, wenn die Höhe des Ausgleichsanspruchs von der Dauer des Versorgungsausgleichsverfahrens abhängen würde.

Auch eine Korrektur des Ausgleichs nach § 27 VersAusglG habe nicht zu erfolgen. Es sei nicht ersichtlich, dass der Ehemann nach dem Ende der Ehezeit Unterzahlungszahlungen geleistet und die Ehefrau auf diese Weise an den ungekürzten Rentenzahlungen partizipiert habe. Eine unbillige Härte liege für den Ehemann auch nicht darin, dass es zu einer sofortigen Kürzung der Berufsunfähigkeitsrente komme. Der Ehemann beziehe nach dem Stand vom Oktober 2007 bereits aus einer Unfallrente und einer privaten Berufsunfähigkeitsrente Invaliditätsversorgungen in Gesamthöhe von 1.368 €, die nicht dem Versorgungsausgleich unterfielen. Lediglich seine im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung bestehende Berufsunfähigkeitsrente würde (bei einem unterstellten Teilungstermin am 1. Juli 2013) von monatlich 566,70 € auf monatlich rund 130 € gekürzt werden. Damit habe er aber immer noch ein Renteneinkommen von insgesamt rund 1.500 € zur Verfügung. Die Ehefrau lebe mit einem monatlichen Bruttoeinkommen von 1.850 € nicht in besseren wirtschaftlichen Verhältnissen und sei zudem einem Kind gegenüber unterhaltspflichtig. Durch die Übertragung des hälftigen Deckungskapitals aus der Invaliditätsversorgung werde die eigene Altersversorgung des Ehemanns nicht beeinträchtigt.

II.

Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung nicht in allen Punkten stand.

1. Richtig ist allerdings zunächst die Einschätzung des Beschwerdegerichts, dass die Scheidung der Ehe gemäß Art. 17 Abs. 1 EGBGB aF dem deutschen Scheidungsstatut unterliegt und sich demzufolge der Versorgungsausgleich nach dem auf die Scheidung anzuwendenden deutschen Recht richtet (Art. 17 Abs. 3 Satz 1 EGBGB aF). Auch die Rechtsbeschwerde erinnert dagegen nichts.

2. Ebenfalls zutreffend hat das Beschwerdegericht erkannt, dass § 28 VersAusglG im vorliegenden Fall weder unmittelbar noch entsprechend Anwendung finden kann.

a) Nach § 28 Abs. 1 VersAusglG ist ein "Anrecht der Privatvorsorge wegen Invalidität" nur auszugleichen, wenn der Versicherungsfall in der Ehezeit eingetreten ist und die ausgleichsberechtigte Person am Ende der Ehezeit eine laufende Versorgung wegen Invalidität bezieht oder die gesundheitlichen Voraussetzungen dafür erfüllt. Das Gesetz unterscheidet in § 2 Abs. 1 VersAusglG insbesondere zwischen Anrechten der betrieblichen Altersvorsorge einerseits und Anrechten der "privaten Alters- und Invaliditätsvorsorge" andererseits. Die hier vorliegende Versicherung hat die Arbeitgeberin des Ehemanns - die F. Maschinenbau GmbH - als Versicherungsnehmerin auf das Leben und gegen das Risiko der Berufsunfähigkeit des Ehemanns abgeschlossen und dem Ehemann ein Bezugsrecht für die Leistungen aus dieser Versicherung eingeräumt. Es handelt sich daher um eine Direktversicherung im Sinne des Betriebsrentengesetzes und folglich nicht um ein Anrecht der Privatvorsorge, sondern um ein Anrecht der betrieblichen Altersvorsorge. Eine unmittelbare Anwendung des § 28 VersAusglG auf die im Rahmen einer betrieblichen Direktversicherung erworbenen Anrechte auf Invaliditätsversorgung scheidet aus (klarstellend BeckOGK/Siede VersAusglG [Stand: Mai 2017] § 28 Rn. 49).

b) Umstritten ist, ob § 28 VersAusglG auf Anrechte der betrieblichen Invaliditätsvorsorge entsprechend angewendet werden kann.

aa) Dies wird teilweise bejaht, weil mit der entsprechenden Anwendung von § 28 VersAusglG ein notwendiges Korrektiv für den Umstand geschaffen werden müsse, dass die mit der Teilung von betrieblichen Invaliditätsversorgungen verbundenen besonderen Härten für die ausgleichspflichtige Person nicht durch die Anpassungsmöglichkeiten nach §§ 33 ff. VersAusglG aufgefangen werden könnten (vgl. FA-FamR/Wagner/Gutdeutsch 10. Aufl. Kap. 7 Rn. 343). Die überwiegende Ansicht lehnt demgegenüber eine entsprechende Anwendung von § 28 VersAusglG auf betriebliche Invaliditätsversorgungen ab, weil es sich um eine nicht analogiefähige Ausnahmevorschrift handele (BeckOGK/Siede VersAusglG [Stand: Mai 2017] § 28 Rn. 50; Erman/Norpoth BGB 14. Aufl. § 28 VersAusglG Rn. 3a; jurisPK-BGB/Breuers [Stand: Oktober 2016] § 28 VersAusglG Rn. 10; Johannsen/Henrich/Holzwarth Familienrecht 6. Aufl. § 28 VersAusglG Rn. 3; MünchKommBGB/Dörr/Ackermann-Sprenger 7. Aufl. § 28 VersAusglG Rn. 3; Götsche in Götsche/Rehbein/Breuers Versorgungsausgleichsrecht 2. Aufl. § 28 VersAusglG Rn. 4; Wick Der Versorgungsausgleich 4. Aufl. Rn. 348).

bb) Die letztgenannte Auffassung trifft zu. Eine richterliche Rechtsfortbildung im Wege der Analogie setzt eine Gesetzeslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes voraus. Hat der Gesetzgeber eine eindeutige Entscheidung getroffen, dürfen die Gerichte diese nicht aufgrund eigener rechtspolitischer Vorstellungen verändern oder durch eine judikative Lösung ersetzen. Ob eine Gesetzeslücke vorliegt, ist danach zu beurteilen, ob die vom Regelungsprogramm des Gesetzgebers erfassten Fälle in den gesetzlichen Vorschriften tatsächlich Berücksichtigung gefunden haben. Sie ist zu bejahen, wenn festzustellen ist, dass der Wortlaut der Vorschrift nicht alle Fälle erfasst, die nach dem Sinn und Zweck der Regelung erfasst sein sollten (vgl. Senatsbeschluss vom 26. April 2017 - XII ZB 3/16 - juris Rn. 15; BVerwG NJW 2013, 2457 Rn. 22 und NJW 2014, 1256 Rn. 27). Diese Feststellung lässt sich hinsichtlich der vorliegenden Rechtsfrage nicht treffen.

(1) Zwar liegt die Vergleichbarkeit der Sachverhalte bei einer privaten Berufsunfähigkeitsversicherung einerseits und einer betrieblichen Direktversicherung zum Schutz gegen das Risiko der Berufsunfähigkeit andererseits auf der Hand. In beiden Fällen handelt es sich um Risikoversicherungen, bei denen aufgrund ihrer besonderen versicherungsmathematischen Kalkulation in der Anwartschaftsphase kein eigentliches Deckungskapital gebildet und erst nach Eintritt des Versicherungsfalls das für die laufende Versorgung benötigte Deckungskapital aufgebaut wird. Weil eine Risikoversicherung stets mit dem letzten Beitrag aufrechterhalten wird und es aus diesem Grunde gleichgültig ist, ob und wie viele Prämien während der Ehe und gegebenenfalls schon davor gezahlt worden sind, gelten bei einem in der Ehezeit eingetretenen Versicherungsfall das gesamte danach gebildete Deckungskapital und die daraus gezahlte Berufsunfähigkeitsrente als ehezeitlich erworben, wenn der letzte Beitrag in der Ehezeit gezahlt wurde (vgl. für eine private BUZ: Senatsbeschluss vom 2. September 2009 - XII ZB 92/07 - FamRZ 2009, 1901 Rn. 17; für eine BUZ im Rahmen der betrieblichen Direktversicherung: OLG Koblenz FamRZ 2001, 995, 996). Diesen strukturellen Besonderheiten einer Risikoversicherung trägt die Wertermittlungsvorschrift des § 28 Abs. 2 VersAusglG Rechnung (vgl. BT-Drucks. 16/10144 S. 69).

(2) Indessen bestehen vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten für die Zusage einer betrieblichen Invaliditätsrente, bei denen im Leistungsfall anhand der allgemeinen Vorschriften für die Bewertung laufender Leistungen (§ 41 VersAusglG) auch sachgerecht zwischen einem nichtehezeitlichen und einem ehezeitlichen Erwerb des Anrechts unterschieden werden kann (vgl. dazu etwa MünchKommBGB/Scholer 7. Aufl. § 41 VersAusglG Rn. 11). Es spricht deshalb vieles dafür, dass der Gesetzgeber den Anwendungsbereich des § 28 VersAusglG - entsprechend dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift - bewusst nicht auf Invaliditätsrenten in der betrieblichen Altersversorgung erstrecken wollte. Dann kann eine erweiternde Anwendung des § 28 VersAusglG auch nicht mit der Überlegung gerechtfertigt werden, dass für betriebliche Invaliditätsversorgungen keine Anpassungsmöglichkeit nach den §§ 33 ff. VersAusglG besteht. Denn auch die Entscheidung, die bei privatrechtlich organisierten Versorgungsträgern bestehenden Anrechte der ergänzenden Altersvorsorge nicht in den Kreis der anpassungsfähigen Anrechte (§ 32 VersAusglG) aufzunehmen, hat der Gesetzgeber erkennbar bewusst getroffen (vgl. BT-Drucks. 16/10144 S. 71 f.).

3. Nicht frei von rechtlichen Bedenken sind demgegenüber die Ausführungen des Beschwerdegerichts zu den Auswirkungen des laufenden Bezugs der Berufsunfähigkeitsrente durch den Ehemann auf die Bewertung des Ehezeitanteils an der für die Aufbringung der Leistungen in der BUZ gebildeten Deckungsrückstellung.

Richtig ist dabei im Ausgangspunkt, dass der nachehezeitliche Rentenbezug keine auf die Ehezeit zurückwirkende tatsächliche Änderung im Sinne von § 5 Abs. 2 Satz 2 VersAusglG darstellt (vgl. Senatsbeschlüsse BGHZ 209, 32 = FamRZ 2016, 775 Rn. 28 ff. und vom 24. August 2016 - XII ZB 84/13 - FamRZ 2016, 2000 Rn. 14 ff.). Soweit es das Beschwerdegericht allerdings gebilligt hat, dass sich der zwischenzeitliche Rentenbezug aus dem noch ungekürzten Anrecht nach der Scheidung bei der Umsetzung der Entscheidung über den Versorgungsausgleich auf der Grundlage der Teilungsordnung der A. Lebensversicherung AG (offensichtlich) allein zu Lasten des Ehemanns auswirkt, indem sein Anrecht nicht nur um den ehezeitlichen Ausgleichswert, sondern zusätzlich um den vollen Barwertverlust während des zwischenzeitlichen Rentenbezuges gekürzt würde, steht dies nicht im Einklang mit der - nach Erlass des angefochtenen Beschlusses ergangenen - Rechtsprechung des Senats.

Der Halbteilungsgrundsatz gebietet nicht nur, dass die ausgleichsberechtigte Person die Hälfte des in der Ehezeit erworbenen Anrechts abzüglich der anteiligen Kosten der Teilung erhält, sondern ebenso, dass der ausgleichspflichtigen Person die Hälfte des von ihr erworbenen Anrechts abzüglich der anteiligen Teilungskosten verbleibt (Senatsbeschluss BGHZ 209, 32 = FamRZ 2016, 775 Rn. 51 f.; BT-Drucks. 16/10144 S. 126). Allein der bestimmungsmäßige Bezug der Rentenleistung rechtfertigt es daher nicht, der ausgleichspflichtigen Person einen geringeren Anteil an dem im Zeitpunkt der Rechtskraft der Entscheidung noch vorhandenen restlichen Barwert zuzuweisen, als ihn die ausgleichsberechtigte Person erhielte. Vielmehr ist die zwischen Ehezeitende und Rechtskraft der Entscheidung über den Versorgungsausgleich eingetretene oder noch zu erwartende Minderung des Deckungskapitals des zu teilenden Anrechts grundsätzlich im Wege eines gleichmäßigen Abzugs auf beide Ehegatten zu verteilen. Um dies zu bewirken, hat es der Senat im Ausgangspunkt gebilligt, den Ausgleichswert anhand des noch vorhandenen restlichen Barwerts zeitnah zur Entscheidung über den Versorgungsausgleich oder vorausschauend auf den Zeitpunkt der mutmaßlichen Rechtskraft zu ermitteln (Senatsbeschlüsse BGHZ 209, 32 = FamRZ 2016, 775 Rn. 55 und vom 24. August 2016 - XII ZB 84/13 - FamRZ 2016, 2000 Rn. 22).

4. Ob es darauf freilich noch ankommen wird, erscheint zweifelhaft. Denn auch die Erwägungen des Beschwerdegerichts zur (Nicht-)Anwendung der Härteklausel des § 27 VersAusglG zugunsten des Ehemanns sind aus Rechtsgründen zu beanstanden.

Nach § 27 VersAusglG findet ein Versorgungsausgleich ausnahmsweise nicht statt, soweit er grob unbillig wäre. Dies ist nur der Fall, wenn die gesamten Umstände des Einzelfalls es rechtfertigen, von der Halbteilung abzuweichen. Ob und in welchem Umfang die Durchführung des Versorgungsausgleichs grob unbillig erscheint, unterliegt der tatrichterlichen Beurteilung. Diese ist im Verfahren der Rechtsbeschwerde allerdings daraufhin zu überprüfen, ob alle wesentlichen Umstände berücksichtigt wurden und das Ermessen in einer dem Gesetzeszweck entsprechenden Weise ausgeübt worden ist (Senatsbeschluss vom 21. September 2016 - XII ZB 264/13 - FamRZ 2017, 26 Rn. 18 mwN). Das ist unter den hier obwaltenden Umständen nicht der Fall.

a) Der Senat billigt in seiner ständigen Rechtsprechung zum Ausgleich von Beamtenversorgungen eine Herabsetzung des Versorgungsausgleichs auf den ohne Eintritt der vorzeitigen Invalidität geschuldeten Betrag, wenn ein ausgleichspflichtiger Beamter wegen Dienstunfähigkeit eine durch beamtenrechtliche Zurechnungszeiten (vgl. § 13 Abs. 1 BeamtVG) erhöhte Versorgung bezieht und der Ausgleichsberechtigte durch die ungekürzte Teilhabe an diesem Anrecht eine - im Verhältnis zum Ausgleichspflichtigen - unverhältnismäßig hohe Altersversorgung erlangen würde (vgl. Senatsbeschlüsse vom 15. April 2015 - XII ZB 252/14 - FamRZ 2015, 1004 Rn. 7 und vom 8. April 2015 - XII ZB 428/12 - FamRZ 2015, 1001 Rn. 27; grundlegend Senatsbeschluss BGHZ 82, 66, 80 = FamRZ 1982, 36, 41). Der Grundgedanke dieser Rechtsprechung ist auch auf betriebliche Versorgungen zu übertragen, deren Kapitalwert infolge des ehezeitlichen Eintritts der Invalidität des Versorgungsempfängers signifikant gestiegen ist. Würde der ungekürzte Ausgleich dem ausgleichsberechtigten (nicht invaliden) Ehegatten eine unverhältnismäßig hohe Altersversorgung aus dem Anrecht verschaffen, kann es auch in diesen Fällen geboten sein, den Ausgleich gemäß § 27 VersAusglG zu beschränken und statt auf den Kapitalwert der laufenden Invaliditätsrente auf fiktive Anwartschaftswerte abzustellen, die sich ergeben hätten, wenn kein Versorgungsfall eingetreten wäre (vgl. OLG Zweibrücken FamRZ 2014, 768, 769; MünchKommBGB/Scholer 7. Aufl. § 41 VersAusglG Rn. 12; Erman/Norpoth BGB 14. Aufl. § 28 VersAusglG Rn. 3a).

b) Dies gilt auch - und erst recht - für den Ausgleich einer als betriebliche Direktversicherung eingerichteten Berufsunfähigkeitsversicherung.

aa) Unter der Geltung des früheren Versorgungsausgleichsrechts wurde die am Ende der Ehezeit von einem privatrechtlich organisierten Versicherer gezahlte Invaliditätsrente aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung bzw. Berufsunfähigkeitszusatzversicherung - unabhängig davon, ob sie als Anrecht der betrieblichen Altersvorsorge (§ 1587 a Abs. 2 Nr. 3 BGB) oder als Anrecht der Privatvorsorge (§ 1587 a Abs. 2 Nr. 5 BGB) zu qualifizieren war - grundsätzlich im Wege des erweiterten Splittings (§ 3 b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG) und/oder der Beitragszahlung (§ 3 b Abs. 1 Nr. 2 VAHRG) in den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich einbezogen. Durch den damit verbundenen Erwerb von Anrechten in der gesetzlichen Rentenversicherung wurde gleichzeitig sichergestellt, dass für einen nicht invaliden - und auch nicht invalide werdenden - ausgleichsberechtigten Ehegatten ein an den Zielen des Versorgungsausgleichs ausgerichtetes "bedarfsabhängiges" Versorgungsanrecht für das Alter begründet wurde (vgl. dazu Senatsbeschluss vom 2. September 2009 - XII ZB 92/07 - FamRZ 2009, 1901 Rn. 24).

bb) In Abkehr von der früheren Rechtslage hat der Gesetzgeber bei der Reform des Versorgungsausgleichs für den Bereich der Privatvorsorge bewusst davon Abstand genommen, die bei Ehezeitende laufende Invaliditätsrente des Ausgleichspflichtigen zugunsten einer Altersversorgung des nicht invaliden Ausgleichsberechtigten auszugleichen. Seiner Entscheidung, die Invaliditätsrente aus einer privaten Berufsunfähigkeitsversicherung vom Versorgungsausgleich auszunehmen, wenn der ausgleichsberechtigte Ehegatte selbst keine Invaliditätsrente bezieht und auch die gesundheitlichen Voraussetzungen dafür nicht erfüllt, liegt ausweislich der Begründung des Gesetzentwurfs folgende Überlegung zugrunde: Weil wegen der besonderen Struktur einer Risikoversicherung erst der ehezeitliche Eintritt des Versicherungsfalls (Invalidität) die Entstehung der Ausgleichspflicht auslöse, sei es in Abwägung mit den unmittelbar spürbaren Folgen der Versorgungskürzung für die ausgleichspflichtige Person gerechtfertigt, spiegelbildlich die eigene Invalidität der ausgleichsberechtigten Person am Ende der Ehezeit als Voraussetzung für die Teilhabe zu verlangen (BT-Drucks. 16/10144 S. 69).

cc) Diese Erwägungen des Gesetzgebers treffen im Prinzip in gleichem Maße für solche Berufsunfähigkeitsversicherungen zu, die durch den Arbeitgeber als Versicherungsnehmer im Rahmen einer Direktversicherung zugunsten der ausgleichspflichtigen Person eingerichtet worden sind. Für eine unterschiedliche Behandlung von privaten Berufsunfähigkeitsversicherungen und den im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses bestehenden Direktversicherungen, die das Risiko der Berufsunfähigkeit abdecken, ist kein Grund ersichtlich; er lässt sich insbesondere nicht in der Art der Aufbringung der Versicherungsprämien finden. Werden die Beiträge für eine Direktversicherung im Wege einer Entgeltumwandlung (§ 1 Abs. 2 Nr. 4 BetrAVG) geleistet, handelt es sich um eine Versicherung, die der Arbeitnehmer wirtschaftlich - ebenso wie bei der privaten Versicherung - aus eigenen Mitteln finanziert. Umgekehrt kann sich der Arbeitgeber bereit erklären, die Beiträge für eine von dem Arbeitnehmer selbst abgeschlossene Versicherung zu übernehmen. Beschränkt sich die Zusage des Arbeitgebers auf die Erstattung der an den Versicherer zu zahlenden Prämien, liegt auch dann keine betriebliche Altersversorgung im Sinne des Betriebsrentengesetzes vor, wenn der Arbeitgeber die Rahmenbedingungen des Versicherungsschutzes durch einen Gruppenversicherungsvertrag festgelegt hat (vgl. BAG NZA 1993, 25, 26; Rolfs in Blomeyer/Rolfs/Otto Betriebsrentengesetz 6. Aufl. § 1 Rn. 215).

c) Gemessen daran lässt sich § 28 VersAusglG ein allgemeiner und über den Bereich der Privatvorsorge hinausgreifender Rechtsgedanke dahingehend entnehmen, dass die Einbeziehung einer laufenden Invaliditätsrente in den Versorgungsausgleich grundsätzlich unbillig erscheint, wenn und soweit der Ausgleich dazu führt, dass dem ausgleichsberechtigten Ehegatten bei eigener fortbestehender Erwerbsfähigkeit der gesamte Ausgleichswert vollständig für die Altersversorgung zur Verfügung steht, während das bei der ausgleichspflichtigen Person verbleibende Anrecht (auch) die Zeit seiner Invalidität bis zum Erreichen der Altersgrenze mit abdecken muss. Auch wenn die Anwendung der Härteklausel gemäß § 27 VersAusglG - wie das Beschwerdegericht zutreffend erkannt hat - eine umfassende Gesamtabwägung der wirtschaftlichen, sozialen und persönlichen Verhältnisse beider Ehegatten verlangt, muss der in § 28 VersAusglG zum Ausdruck kommenden gesetzgeberischen Wertentscheidung im Rahmen der Billigkeitsabwägung nach § 27 VersAusglG ein erhebliches Gewicht beigemessen werden. In den Fällen, in denen eine laufende (hier: betriebliche) Invaliditätsrente zugunsten eines erwerbsfähigen Ehegatten ausgeglichen werden soll, ist die Durchführung des ungekürzten Versorgungsausgleichs nicht schon deshalb ohne weiteres gerechtfertigt, weil der ausgleichspflichtige Ehegatte - wie das Beschwerdegericht im vorliegenden Fall meint - auf das Behaltendürfen seiner ungekürzten Invaliditätsrente nicht dringend angewiesen ist und/oder die Altersversorgung des ausgleichsberechtigten Ehegatten noch nicht gesichert erscheint (zutreffend Norpoth FamRB 2016, 260).

Unabhängig davon erscheint es zweifelhaft, ob die Annahme, der Ehemann sei auf die ungekürzten Einkünfte aus seiner betrieblichen Berufsunfähigkeitsrente nicht angewiesen, auf tragfähigen Feststellungen beruht. Denn soweit das Beschwerdegericht davon ausgeht, dass dem Ehemann "nach dem Stand vom 19. Oktober 2007" schon aus der privaten Unfallversicherung und der privaten Berufsunfähigkeitsversicherung - unbeschadet der Auswirkungen eines möglichen Versorgungsausgleichs - mindestens Renteneinkünfte in monatlicher Höhe von 1.368 € zur Verfügung stünden, berücksichtigt dies nicht, dass die Rente aus der privaten Berufsunfähigkeitsversicherung (monatlich 754,40 €) jedenfalls ausweislich der vorliegenden Versicherungsunterlagen bis zum 31. Dezember 2011 befristet gewesen ist.

5. Die angefochtene Entscheidung kann daher keinen Bestand haben. Die Zurückverweisung gibt dem Beschwerdegericht auch Gelegenheit, die Beschlussformel um die für das zu teilende Anrecht maßgeblichen Rechtsgrundlagen zu ergänzen (vgl. Senatsbeschluss vom 26. Januar 2011 - XII ZB 504/10 - FamRZ 2011, 547 Rn. 22 ff.).

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