XII ZB 325/14
Tenor
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 2. Familiensenats in Kassel des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 27. Mai 2014 wird auf Kosten des Antragstellers zurückgewiesen.
Beschwerdewert: 2.395 €
Gründe
I.
Auf den im August 2007 zugestellten Antrag hat das Familiengericht die am 27. April 1990 geschlossene Ehe des Antragstellers (im Folgenden: Ehemann) und der Antragsgegnerin (im Folgenden: Ehefrau) unter Abtrennung der Folgesache Versorgungsausgleich rechtskräftig geschieden.
Durch Beschluss vom 11. Juni 2012 hat das Familiengericht den Versorgungsausgleich durchgeführt, indem es unter anderem ein vom Ehemann während der gesetzlichen Ehezeit (1. April 1990 bis 31. Juli 2007, § 3 Abs. 1 VersAusglG) bei der Beteiligten zu 2 (Philips Pensionskasse VVaG) nach deren AVB Tarif 1985 erworbenes Anrecht intern geteilt hat. Das Anrecht war durch betriebliche Versorgungszusage vom 1. April 1990 begründet worden. Nachdem das Beschäftigungsverhältnis am 31. Dezember 1992 geendet hatte, machte der Ehemann von der satzungsmäßigen Möglichkeit Gebrauch, die Pensionsversicherung durch freiwillige Weiterversicherung fortzuführen.
Gegen die Entscheidung hat der Ehemann Beschwerde eingelegt, mit der er die Herausnahme des bei der Philips Pensionskasse VVaG erworbenen Anrechts aus dem Versorgungsausgleich verfolgt hat, da dieses mangels Unverfallbarkeit nach den Vorschriften des Betriebsrentengesetzes noch nicht ausgleichsreif sei. Das Oberlandesgericht hat die Beschwerde zurückgewiesen; hiergegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde des Ehemanns.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist nicht begründet.
1. Das Oberlandesgericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet: Das bei der Philips Pensionskasse VVaG erworbene Anrecht unterliege dem Ausgleich bei der Scheidung, weil es ausgleichsreif sei. Unabhängig von den Verfallbarkeitsvorschriften des Betriebsrentengesetzes sei das Anrecht deshalb hinreichend verfestigt, weil der Versorgungsträger es dem Ehemann, nachdem dieser die Versicherung freiwillig weitergeführt habe, aufgrund tarif- und individualvertraglich getroffener Vereinbarungen nicht einseitig wieder entziehen könne.
2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Nachprüfung stand.
a) Gemäß § 2 Abs. 2 VersAusglG ist ein Anrecht auszugleichen, sofern es durch Arbeit oder Vermögen geschaffen oder aufrechterhalten worden ist, der Absicherung im Alter oder bei Invalidität, insbesondere wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, Berufsunfähigkeit oder Dienstunfähigkeit, dient und auf eine Rente gerichtet ist. Diese Voraussetzungen sind für das hier streitige Anrecht erfüllt.
b) Gemäß § 19 Abs. 1 VersAusglG findet allerdings, wenn ein Anrecht nicht ausgleichsreif ist, insoweit ein Wertausgleich bei der Scheidung nicht statt. Nicht ausgleichsreif ist ein Anrecht, wenn es dem Grund oder der Höhe nach nicht hinreichend verfestigt ist, insbesondere als noch verfallbares Anrecht im Sinne des Betriebsrentengesetzes (§ 19 Abs. 2 Nr. 1 VersAusglG). Hinreichend verfestigt ist ein Anrecht insoweit, als der Versorgungswert dem Grund und der Höhe nach durch die künftige, namentlich betriebliche oder berufliche Entwicklung des Berechtigten nicht mehr beeinträchtigt werden kann und somit bereits endgültig gesichert ist (Senatsbeschluss vom 21. November 2013 - XII ZB 403/12 - FamRZ 2014, 282 Rn. 21 mwN).
Bei betrieblichen Anrechten kann eine hinreichende Verfestigung des Anrechts - außer bei Eintritt der Unverfallbarkeitsvoraussetzungen des Betriebsrentengesetzes - auch aufgrund in der Versorgungszusage enthaltener Bestimmungen eintreten (vgl. Senatsbeschluss vom 16. Januar 2013 - XII ZB 455/13 - FamRZ 2014, 731 Rn. 13).
c) Nach diesen Maßstäben liegt hier eine hinreichende Verfestigung des Anrechts vor.
aa) Für den Ehemann war bei der in der Rechtsform eines Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit geführten Pensionskasse eine paritätisch finanzierte Altersversorgung in versicherungsförmiger Lösung (§ 2 Abs. 3 Satz 2 BetrAVG) begründet worden. Bei dem gewählten Durchführungsweg gehört der Arbeitnehmer dem Versicherungsverein als Mitglied i.S.d. § 15 VAG an. Zugleich besteht zwischen ihm und der Pensionskasse ein Versicherungsverhältnis (§ 20 Satz 2 VAG), das ihm die Stellung als Versicherungsnehmer und versicherte Person einräumt, und zwar mit unwiderruflichem Bezugsrecht (vgl. Rolfs in Blomeyer/Rolfs/Otto Betriebsrentengesetz 5. Aufl. § 2 Rn. 339; ErfK/Steinmeyer BetrAVG § 2 Rn. 53; vergleiche auch Kemper/Kister-Kölkes BetrAVG § 2 Rn. 171 f.).
bb) Nach dem Ausscheiden aus dem Unternehmen werden Mitgliedschaft und Versicherung satzungsgemäß entweder beitragspflichtig durch freiwillige Weiterversicherung oder beitragsfrei fortgesetzt (§§ 3, 4 AVB Tarif 1985).
Aufgrund dessen reicht die verfestigte Stellung des Ehemanns nicht nur so weit, wie das vorhandene Deckungskapital und die zur Verbesserung der Leistung zu verwendenden Überschussanteile (§ 1 b Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 BetrAVG) auf seinen eigenen Beitragsanteilen (§ 1 b Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 1 BetrAVG) gründen, sondern auch soweit sie auf früheren Arbeitgeberbeiträgen beruhen, die während der Dauer der Unternehmenszugehörigkeit geleistet wurden.
cc) Daran ändert auch nichts, dass § 18 Nr. 1 c Satz 1 AVB Tarif 1985 eine Regelung enthält, wonach ein aus dem Unternehmen ausgeschiedenes Mitglied eine beitragsfreie Versicherung kündigen und die Zahlung einer Rückvergütung verlangen kann, wenn der Rückvergütung nicht die gesetzlichen Bestimmungen über die Abfindung unverfallbarer Anwartschaften auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung entgegenstehen. Mit dieser Bestimmung wird lediglich die Gesetzesregelung des § 2 Abs. 2 Satz 4 und 5 BetrAVG aufgegriffen, wonach der ausgeschiedene Arbeitnehmer den Rückkaufswert auf Grund einer Kündigung des Versicherungsvertrags in Höhe des durch Beitragszahlungen des Arbeitgebers gebildeten geschäftsplanmäßigen unverfallbaren Deckungskapitals nicht in Anspruch nehmen darf. Die angesprochene Tarifregelung hat somit nur Einfluss auf die Möglichkeit der Inanspruchnahme des Rückkaufswerts, nicht jedoch auf die hinreichende Verfestigung des Anrechts.
Im Gegenteil ergibt sich auch aus dieser Tarifbestimmung, dass die eingezahlten Beiträge dem Arbeitnehmer auch dann - ggf. zur Realisierung der Rückvergütung - zustehen, wenn die gesetzlichen Unverfallbarkeitsvoraussetzungen noch nicht gegeben sind.