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XII ZB 271/11

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 1. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Hamm vom 17. Mai 2011 wird auf Kosten des Antragstellers zurückgewiesen.

Beschwerdewert: 1.000 €

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten über die Anpassung einer durch den Versorgungsausgleich bedingten Kürzung der Versorgung des Antragstellers (früherer Ehemann) bei der Antragsgegnerin, der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL).

Die Ehe des Antragstellers mit seiner früheren Ehefrau wurde im Juni 1989 geschieden. Während der Ehezeit erwarb der Ehemann neben Anrechten in der gesetzlichen Rentenversicherung Anrechte auf eine Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes. Beide Anrechte glich das Familiengericht aus, indem es vom Versicherungskonto des Ehemanns in der gesetzlichen Rentenversicherung Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 343,20 DM im Wege des Splittings auf das Versicherungskonto der Ehefrau übertrug und zu Lasten der Versorgungsanwartschaft des Ehemanns bei der VBL Anwartschaften in Höhe von monatlich 13,91 DM im Wege des analogen Quasisplittings nach § 1 Abs. 3 VAHRG auf dem Versicherungskonto der Ehefrau begründete, jeweils bezogen auf den 31. Juli 1987 als Ehezeitende. Im damaligen Beschwerdeverfahren erhöhte das Oberlandesgericht die im Wege des analogen Quasisplittings zulasten der VBL zu begründenden Anrechte auf 18,81 DM. Der Antragsteller bezieht seit September 2007 die um den Versorgungsausgleich gekürzte Altersrente und Zusatzversorgung. Seine geschiedene Ehefrau bezog seit Mai 2008 eine Erwerbsunfähigkeitsrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung; sie verstarb am 22. September 2009. Auf Antrag des Ehemanns wurde die Kürzung seiner Versorgung in der gesetzlichen Rentenversicherung gemäß § 37 VersAusglG angepasst. Mit Schreiben vom 25. September 2009 beantragte er auch bei der VBL eine Anpassung der Kürzung seiner Versorgung, was diese ablehnte.

Den nachfolgenden gerichtlichen Antrag des Ehemanns auf Feststellung, dass die Kürzung seiner Betriebsrente ab dem 1. Oktober 2009 nicht mehr erfolge, hat das Familiengericht abgelehnt. Das Oberlandesgericht hat seine Beschwerde zurückgewiesen; hiergegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde des Ehemanns.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet.

1. Das Oberlandesgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Obgleich das Familiengericht für die Entscheidung über den Antrag gemäß § 46 der VBL-Satzung unzuständig gewesen sei, habe das Beschwerdegericht in der Sache zu entscheiden, da ein Rechtsmittel nicht darauf gestützt werden könne, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen habe.

Der vom Ehemann geltend gemachte Anspruch könne sich allenfalls aus § 37 VersAusglG ergeben. Diese Vorschrift sei jedoch auf die Versorgungsanteile des Ehemanns bei der VBL nicht anwendbar, da die Vorschriften der §§ 33 bis 38 VersAusglG nach dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers nur für die in § 32 Nr. 1 bis 5 VersAusglG genannten Regelversorgungssysteme gälten. Hierzu zähle die Zusatzversorgung bei der VBL nicht. Diese Differenzierung sei auch verfassungskonform, weil die auf Tarifvertrag beruhende privatrechtlich organisierte Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes dem Versicherungsprinzip folge. Das Bundesverfassungsgericht habe die Forderung einer ergänzenden Härteregelung für den Fall des Vorversterbens des ausgleichsberechtigten Ehegatten nur für solche Fälle erhoben, in denen vom Ausgleichspflichtigen ein unverhältnismäßiges Opfer verlangt werde. Eine solch existenzielle Bedeutung komme den Zusatzversorgungen nicht zu. Die Grenze der Unzumutbarkeit werde bei Zusatzversorgungen nicht erreicht.

2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Nachprüfung stand.

Gemäß § 37 Abs. 1, 2 VersAusglG wird ein Anrecht der ausgleichspflichtigen Person auf Antrag nicht länger auf Grund des Versorgungsausgleichs gekürzt, wenn die ausgleichsberechtigte Person gestorben ist, wobei die Anpassung nur stattfindet, wenn die ausgleichsberechtigte Person die Versorgung aus dem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht nicht länger als 36 Monate bezogen hat.

a) Über einen Anpassungsantrag des Ausgleichspflichtigen nach dieser Vorschrift hat gemäß § 38 Abs. 1 Satz 1 VersAusglG der Versorgungsträger zu entscheiden, bei dem das aufgrund des Versorgungsausgleichs gekürzte Anrecht besteht. Insoweit besteht - wie schon nach früherem Recht - keine Zuständigkeit des Familiengerichts; ein dort gestellter Antrag ist unzulässig. Hat der Ausgleichspflichtige mehrere Versorgungen, die aufgrund des Versorgungsausgleichs gekürzt werden, muss er gegebenenfalls mehrere Anträge bei den jeweils zuständigen Versorgungsträgern stellen. Die Versorgungsträger entscheiden im Verwaltungswege. Gegen ihre Entscheidung ist der Rechtsweg zum Gericht der jeweils zuständigen Fachgerichtsbarkeit gegeben (FAKomm-FamR/Wick 5. Aufl. § 38 VersAusglG Rn. 2).

Für die Entscheidung über den Antrag des Ehemanns war daher die alleinige Zuständigkeit der allgemeinen Zivilgerichte und nicht die der Familiengerichte begründet. Allerdings kann die Rechtsbeschwerde nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszugs seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat (§ 72 Abs. 2 FamFG; vergleiche Keidel/Meyer-Holz FamFG 17. Aufl. § 72 Rn. 47).

b) Nach § 32 VersAusglG ist die Anpassung der Rentenkürzung wegen Tod der ausgleichsberechtigten Person allerdings nur für Regelsicherungssysteme vorgesehen. Im Bereich der ergänzenden Altersvorsorge sollen die Anpassungsvorschriften hingegen nicht zur Anwendung kommen (BT-Drucks. 16/10144 S. 71 f.).

Jedenfalls die Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes gehört nicht zu den von der Vorschrift erfassten Regelsicherungssystemen. Sie ist - auf tarifvertraglicher Grundlage - privatrechtlich organisiert, auch wenn der Versorgungsträger Anstalt des öffentlichen Rechts ist (FAKomm-FamR/Wick 5. Aufl. § 32 VersAusglG Rn. 11).

c) Die damit vorgenommene Differenzierung zwischen Regelsicherungssystemen und Systemen der ergänzenden Altersvorsorge ist mit dem Grundgesetz vereinbar.

Der Senat hat bereits zum sogenannten Unterhaltsprivileg (§§ 33 f. VersAusglG) entschieden, dass der Gesetzgeber nicht von Verfassungs wegen verpflichtet war, gleiche Regelungen für Regelsicherungssysteme und für Systeme der ergänzenden Altersvorsorge zu treffen (Senatsbeschluss vom 7. November 2012 - XII ZB 271/12 - FamRZ 2013, 189). Dies gilt im Ergebnis auch für die Anpassung wegen Tod der ausgleichsberechtigten Person (§ 37 f. VersAusglG), obgleich in solchen Fällen bereits feststeht, dass die ausgleichsberechtigte Person über die längstens 36 Monate bezogenen Leistungen hinaus keine weiteren Leistungen mehr beziehen wird.

Denn bei den in §§ 32 ff. VersAusglG normierten "Privilegien", welche eine Leistungspflicht des Versicherers über die schlichte Teilung der ehezeitlich erworbenen Anrechte hinaus begründen, handelt es sich regelmäßig um versicherungsmathematische Besserstellungen geschiedener Ehegatten gegenüber anderen Angehörigen der Versichertengemeinschaft, die - wovon auch das Bundesverfassungsgericht ausgegangen ist (BVerfGE 53, 257, 303 = FamRZ 1980, 326, 335) - nicht kostenneutral bewirkt werden können. Denn während der ausgleichsberechtigte Ehegatte den hälftigen versicherungsmathematischen Wertanteil des ehezeitlich erworbenen Anrechts bereits mit der Durchführung des Versorgungsausgleichs als eine eigenständige, vom Versicherungsschicksal des ausgleichspflichtigen Ehegatten losgelöste Versorgung erwirbt, welche anders als das zu Ehezeiten bestehende Recht auch eine eigene Invaliditätsversorgung umfasst, einer Wiederverheiratung standhält und sogar spätere Ansprüche auf Witwer- oder Witwenrente eines neuen Ehegatten begründen kann, nimmt der ausgleichspflichtige Ehegatte über das Privileg der Anpassung der Rentenkürzung wegen Tod der ausgleichsberechtigten Person an zusätzlichen Rentenleistungen teil, die ihm aufgrund eines bei ihm eingetretenen Versicherungsfalls so gewährt werden, als verfüge er noch über sein ungeteiltes Anrecht. Hierin liegt eine Vermehrung der möglichen Versicherungsfälle und Leistungspflichten des Versicherers, die nicht durch rentenrechtliche Zeiten (§ 54 SGB VI) erdient ist und deshalb der Sache nach eine versicherungsfremde Sozialleistung des Trägers der Rentenversicherung an geschiedene Ehegatten darstellt. Eine weitere Mehrung der Leistungspflichten tritt ein, wenn der Ausgleichsberechtigte die Leistung bereits für längstens 36 Monate bezogen hatte und dennoch die Kürzung beim Ausgleichspflichtigen vollständig entfällt.

Obwohl in der hiermit einhergehenden Vermehrung der möglichen Versicherungsfälle und Leistungsansprüche geschiedener Ehegatten zugleich eine Benachteiligung der in fortbestehender Ehe lebenden Versicherten gesehen werden könnte, hat das Bundesverfassungsgericht den Eigentumsschutz nach Art. 14 Abs. 1 GG dahin verstanden, dass es im Zusammenhang mit dem Vorversterben des ausgleichsberechtigten vor dem ausgleichsverpflichteten Ehegatten zu einem verfassungswidrigen Zustand kommen könne, wenn die abgesplitteten Werteinheiten beim Berechtigten keine Rentenleistung ausgelöst haben, den Verpflichteten hingegen wegen ihres Umfangs spürbar belasten. Ferner sei es auch möglich, dass der Versorgungsausgleich wegen der Kürze der Rentenleistungen an den ausgleichsberechtigten Ehegatten im Verhältnis zur Höhe der übertragenen Werteinheiten und unter Würdigung der Lage des überlebenden Ausgleichsverpflichteten verfassungswidrige Auswirkungen haben könne (BVerfGE 53, 257, 303 = FamRZ 1980, 326, 335).

Die nach dieser Verfassungsrechtsprechung notwendigen, für den Versicherer aufwandserhöhenden Leistungen hat der Gesetzgeber den Trägern der staatlichen Regelsicherungssysteme auferlegt, nicht jedoch den privaten Rentenversicherungsträgern und beitragsfinanzierten Zusatzversorgungskassen. Zu dieser Differenzierung war der Gesetzgeber berechtigt, da zwischen den Regelsicherungssystemen und den Systemen der ergänzenden Altersvorsorge Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie eine ungleiche Behandlung rechtfertigen. Denn anders als bei den Regelsicherungssystemen muss sich die Rentenleistungspflicht der Träger der ergänzenden Altersvorsorge in ein versicherungsmathematisches Äquivalenzverhältnis zur vorherigen Beitragsleistung fügen, im Falle der Zusatzversorgungskassen durch ein Umlagesystem. Dies hindert es, Trägern der ergänzenden Altersvorsorge über die durch den Versorgungsausgleich angeordnete, wertneutrale Halbteilung bestehender Anrechte hinaus zusätzliche Leistungspflichten und Risiken durch die in den §§ 32 ff. VersAusglG normierten Privilegien aufzubürden, welche das versicherungsmathematische Gleichgewicht von Beitragszahlung und Leistungsanspruch einseitig zulasten des Versicherers oder der Versichertengemeinschaft verschöben. Aus diesem Grund hält der Senat an seiner Rechtsprechung fest, wonach eine Kürzung der Aussetzung der Versorgung außerhalb der Regelsicherungssysteme nicht in Betracht kommt (vgl. bereits Senatsbeschluss vom 7. November 2012 - XII ZB 271/12 - FamRZ 2013, 189 Rn. 14 ff.).

d) Davon abgesehen hat das Oberlandesgericht zutreffend hervorgehoben, dass der Grundrechtsschutz einen Härteausgleich allenfalls dann fordert, wenn die abgesplitteten Werteinheiten den Verpflichteten wegen ihres Umfangs spürbar belasten. Das ist hier jedenfalls nicht gegeben, da im vorliegenden Fall nur ein Anteil von rund fünf Prozent der durch den Versorgungsausgleich bedingten Kürzungen auf die Zusatzversorgung entfällt.

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