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IVb ZB 169/82

Gründe I.

Die Parteien haben am 9. März 1946 geheiratet. Der Scheidungsantrag der am 2. Juli 1924 geborenen Ehefrau (Antragstellerin) ist dem am 20. Dezember 1919 geborenen Ehemann (Antragsgegner) am 7. April 1981 zugestellt worden.

Beide Ehegatten haben während der Ehezeit (1. März 1946 bis 31. März 1981, § 1587 Abs. 2 BGB) in der gesetzlichen Rentenversicherung Versorgungsanrechte erworben, und zwar der Ehemann bei der BVA (BVA, weitere Beteiligte zu 3) und die Ehefrau bei der Landesversicherungsanstalt S. (LVA, weitere Beteiligte zu 2). Der Ehemann hat außerdem Versorgungsanrechte als Beamter der DB (weitere Beteiligte zu 1), aus denen er nach vorzeitiger Pensionierung seit 1. Mai 1979 Ruhegehalt bezieht (Besoldungsgruppe A 7, Stufe 13). Ebenfalls seit 1. Mai 1979 erhält er aus der gesetzlichen Rentenversicherung eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, die bei Ehezeitende monatlich 665,80 DM betrug. Sein fiktives Altersruhegeld wäre niedriger gewesen. Die von der Ehefrau in der Ehezeit erworbenen Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung belaufen sich auf monatlich 500,50 DM, bezogen auf den 31. März 1981.

Das Amtsgericht - Familiengericht - hat durch Verbundurteil die Ehe geschieden und u.a. den Versorgungsausgleich in der Weise geregelt, daß es zu Lasten der Beamtenversorgung des Ehemannes bei der DB auf dem Versicherungskonto der Ehefrau bei der LVA monatliche Rentenanwartschaften in Höhe von 724,64 DM, bezogen auf den 31. März 1981, begründet hat.

Mit der Beschwerde gegen die Entscheidung zum Versorgungsausgleich hat die DB die Art beanstandet, in der das Amtsgericht gemäß § 1587a Abs. 6 Halbs. 2 BGB die Rentenanrechnung nach § 10 Abs. 2 BeamtVG (a.F.) berücksichtigt hat. Später hat sie die Auffassung vertreten, statt der genannten Anrechnungsregelung sei nunmehr gemäß Art. 2 § 1 Nr. 5 Buchst. a, Nr. 7 des Zweiten Gesetzes zur Verbesserung der Haushaltsstruktur - 2. HStruktG - vom 22. Dezember 1981 (BGBl. I 1523) die Ruhensvorschrift des § 55 BeamtVG maßgebend. Das Oberlandesgericht hat jedoch weiterhin § 10 Abs. 2 BeamtVG a.F. für anwendbar gehalten und zu Lasten der Beamtenversorgung des Ehemannes Rentenanwartschaften für die Ehefrau in Höhe von monatlich 700,03 DM, bezogen auf das Ehezeitende, begründet.

Dagegen richtet sich die - zugelassene - weitere Beschwerde der DB, mit der sie ihren Rechtsstandpunkt zur Anwendung des § 55 BeamtVG weiter verfolgt.

Gründe II.

Das Rechtsmittel hat Erfolg.

1. Bei der Bewertung des ehezeitlich erworbenen Teils der Anwartschaft des Ehemannes in der gesetzlichen Rentenversicherung ist das Oberlandesgericht zutreffend nicht von einem fiktiv errechneten Altersruhegeld ausgegangen, sondern von der höheren, bei Ehezeitende tatsächlich gezahlten Erwerbsunfähigkeitsrente (monatlich 665,80 DM), mit deren Entziehung schon wegen des Alters des Ehemannes nicht mehr zu rechnen war und die im Falle der Umwandlung in das Altersruhegeld gemäß § 1254 Abs. 2 Satz 2 i.V. mit § 1253 Abs. 2 Satz 5 RVO besitzgeschützt ist (vgl. Senatsbeschlüsse vom 14. Oktober 1981 - IVb ZB 504/80 - FamRZ 1982, 33, 35 f. - und vom 11. April 1984 - IVb ZB 876/80 - FamRZ 1984, 673).

2. Den auf die Ehezeit entfallenden Anteil dieser Erwerbsunfähigkeitsrente hat das Oberlandesgericht entsprechend einer Auskunft der BVA vom 17. Februar 1982 mit monatlich 367,80 DM angesetzt. Die Bestimmung des Ehezeitanteils beruht auf dem Verhältnis der Werteinheiten aus der Berechnung der gezahlten Erwerbsunfähigkeitsrente (55,23 % von 665,80 DM = 367,72 DM; gerundet: 367,80 DM). Sie entspricht der Rechtslage.

Wenn ein bei Ehezeitende bereits gezahltes Altersruhegeld das fiktiv errechnete übersteigt und deshalb im Rahmen des Versorgungsausgleichs von dem tatsächlichen Rentenzahlbetrag auszugehen ist, so muß auch für die Berechnung des Ehezeitanteils nach § 1304 Abs. 2 RVO das Verhältnis der Werteinheiten aus der Berechnung der gezahlten Rente gebildet werden. Das hat der Senat mit dem bereits genannten Beschluß vom 11. April 1984 entschieden.

Ob Entsprechendes gilt, wenn es sich - wie hier - bei der bereits gezahlten und für den Versorgungsausgleich maßgebenden Rente um eine solche wegen Erwerbsunfähigkeit handelt, ist in dem Beschluß vom 11. April 1984 a.a.O. offengelassen worden. Im Schrifttum wird für solche Fälle teils ebenfalls eine Berechnung nach dem Verhältnis der Werteinheiten aus der tatsächlich gezahlten Rente befürwortet (Soergel / Schmeiduch BGB 11. Aufl. Nachtrag § 1587a Rdn. 41c und 41b), teils jedoch auf das Verhältnis der Werteinheiten des fiktiven Altersruhegeldes abgestellt (MünchKomm. / Maier Ergänzung zu § 1587a Rdn. 127e). Die erstgenannte Auffassung verdient den Vorzug. Der Versicherte hat eine Versorgung in Höhe des tatsächlichen Zahlbetrages erlangt. Diese Versorgung unterliegt dem Ausgleich, soweit der Versicherte sie in der Ehezeit erworben hat. Inwieweit das der Fall ist, läßt sich sachgerecht nur nach den seiner tatsächlichen Gewährung zugrunde liegenden Werteinheiten bestimmen. Das Werteinheitenverhältnis für das - geringere - fiktive Altersruhegeld ergäbe demgegenüber dessen Ehezeitanteil. Er würde sich im vorliegenden Fall, sofern man den Wegfall von Ersatzzeiten (hier: militärischer Dienst vom 1. September 1939 bis 20. Juni 1945) nach § 1260c RVO beachtete, auf 72,44 % von 506,60 DM = (gerundet) 367 DM stellen. Wollte man den Prozentsatz 72,44 auch für die Bestimmung des Ehezeitanteils der besitzgeschützten, tatsächlich gezahlten Erwerbsunfähigkeitsrente verwenden, so ergäbe sich eine Erhöhung des Ehezeitanteils auf (72,44 % von 665,80 DM *=) 482,31 DM (gerundet: 482,40 DM). Dieser entspräche der ehezeitlichen Erlangung der Erwerbsunfähigkeitsrente nicht. Der hohe Prozentsatz korrespondiert sinnvoll nur mit dem fiktiven Altersruhegeld: Weil dieses bei Wegfall der Ersatzzeit (militärischer Dienst) insgesamt geringer ist, der Wegfall aber Zeiten vor der Ehe betrifft, steigt der prozentuale Ehezeitanteil.

3. Bei der Bewertung der Versorgungsanrechte, die der Ehemann bei der DB erlangt hat, hat das Oberlandesgericht, weil sich der Ehemann bei Ehezeitende bereits im vorzeitigen Ruhestand befand, von der sonst durch § 1587a Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 BGB vorgesehenen fiktiven Hochrechnung auf den Zeitpunkt des Eintritts in den Altersruhestand abgesehen und auf die bei Ehezeitende tatsächlich bezogene Versorgung abgestellt. Das ist richtig. Maßgebend ist in derartigen Fällen das tatsächlich gezahlte Ruhegehalt; es wird nach dem Verhältnis des in der Ehezeit verbrachten Teils der ruhegehaltfähigen Dienstzeit zu der insgesamt zurückgelegten - beide begrenzt durch die vorzeitige Pensionierung - in den Versorgungsausgleich einbezogen (BGHZ 82, 66).

4. Im Rahmen von § 1587a Abs. 6 Halbs. 2 BGB hat das Oberlandesgericht die früher geltende Anrechnungsregelung des § 10 Abs. 2 BeamtVG a.F. angewandt. Das beanstandet die weitere Beschwerde zu Recht. Durch Art. 2 § 1 Nr. 5 Buchst. a, Nr. 7 des 2. HStruktG ist ab 1. Januar 1982 für Fälle des gleichzeitigen Bezuges von Beamtenversorgung und Rente die frühere Anrechnungsregelung durch die Ruhensregelung in § 55 BeamtVG ersetzt worden. Diese Gesetzesänderung ist bei der Durchführung des Versorgungsausgleichs auch dann zu berücksichtigen, wenn sie - wie im vorliegenden Fall - in der Zeit zwischen Ehezeitende und gerichtlicher Entscheidung in Kraft getreten ist. Das gilt auch dann, wenn der Beamte sich bei Ehezeitende bereits im Ruhestand befand. Der Ausgleichsbetrag nach Art. 2 § 2 Abs. 1 des 2. HStruktG ist nicht in den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich einzubeziehen (Senatsbeschluß vom 1. Februar 1984 - IVb ZB 49/83 - BGHZ 90, 52 - FamRZ 1984, 565).

Diesen Rechtsgrundsätzen sowie der ständigen Senatsrechtsprechung zur Art der Ruhensberechnung nach § 1587a Abs. 6 Halbs. 2 BGB i.V. mit § 55 BeamtVG (Beschlüsse vom 1. Dezember 1982 - IVb ZB 532/81 - FamRZ 1983, 358 - und vom 6. Juli 1983 - IVb ZB 794/81 - FamRZ 1983, 1005) entspricht eine neue Auskunft, die die DB am 10. Mai 1983 erteilt hat. Die Auskunft hat im Rahmen der Ruhensberechnung zutreffend die bei Ehezeitende tatsächlich bezogene Erwerbsunfähigkeitsrente der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von monatlich 665,80 DM berücksichtigt. Sie ist rechnerisch unbedenklich und ergibt als Wert des auf die Ehezeit entfallenden Teils der Beamtenversorgung des Ehemannes einen Betrag von monatlich 1.366,52 DM.

5. Die von der Ehefrau in der Ehezeit erworbene Rentenanwartschaft in Höhe von monatlich 500,50 DM, bezogen auf das Ehezeitende, hat durch die Gesetzesänderungen zur Ersetzung gleichheitswidriger Tabellensätze in der Reichsversicherungsordnung eine Änderung nicht erfahren.

6. Danach ergeben sich beiderseits die folgenden ehezeitlich erworbenen und somit auszugleichenden Versorgungsanrechte:

Ehemann:
gesetzliche Rentenversicherung:367,80 DM
Beamtenversorgung:1.366,52 DM
1.734,32 DM
Ehefrau:
gesetzliche Rentenversicherung:500,50 DM
Differenz:1.233,82 DM
Hälfte der Differenz:616,91 DM

In dieser Höhe waren zu Lasten der Beamtenversorgung des Ehemannes Rentenanwartschaften auf dem Versicherungskonto der Ehefrau bei der LVA zu begründen.

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