Navigation und Service

Logo der Deutschen Rentenversicherung (Link zur Startseite rvRecht)

rvRecht® - Rechtsportal der Deutschen Rentenversicherung

IV ZB 116/78

Gründe I.

Die Ehe der Parteien wurde am ... vom LG aus dem überwiegenden Verschulden des Ehemannes geschieden und dessen Berufung mit Urteil des OLG F. v. 1.6.1977 zurückgewiesen. Die Zustellung des Urteils an die Antragstellerin [ASt] erfolgte nicht vor dem 12.7.1977. Diese stellte am 13.7.1977 beim AmtsG - FamG - den Antrag auf Durchführung des Versorgungsausgleichs [VersAusgl] für die Ehezeit. Das AmtsG wies den Antrag zurück, weil die Ehe der Parteien nach altem Recht geschieden worden sei. Die hiergegen gerichtete Beschwerde wurde vom OLG F. zurückgewiesen. Mit der zugelassenen weiteren Beschwerde verfolgt die ASt. ihr Begehren weiter.

Gründe II.

Die weitere Beschwerde hat keinen Erfolg.

Das OLG hat die Zurückweisung des Antrages auf Durchführung des VersAusgl durch das FamG für gerechtfertigt erachtet, weil das Berufungsurteil in der Ehesache der Parteien im Hinblick darauf, daß die Revision nicht zugelassen worden sei, mit seiner Verkündung und damit vor dem Inkrafttreten des 1. EheRG Rechtskraft erlangt habe.

Dieser Entscheidung ist im Ergebnis zuzustimmen; gegen ihre Begründung bestehen indessen Bedenken. Für die Unstatthaftigkeit des beantragten VersAusgl kommt es nicht auf den Zeitpunkt der Rechtskraft des Scheidungsurteils, sondern allein darauf an, daß die Scheidung auf der Grundlage des früheren Rechts ausgesprochen worden ist. Aus diesem Grunde bedarf es auch keiner Stellungnahme zu der vom OLG aufgeworfenen, in Rechtsprechung und Schrifttum umstrittenen Frage, ob Urteile der OLGe in nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten - abgesehen von den Fällen der Verwerfung der Berufung als unzulässig oder der Zulassung der Revision - bereits mit ihrer Verkündung oder erst dann Rechtskraft erlangen, wenn entweder das Revisionsgericht entschieden hat oder die Rechtsmittelfrist abgelaufen ist, ohne daß Revision eingelegt wurde (zum Meinungsstand vgl. Thomas / Putzo, ZPO, 10. Aufl., Anm. 3; Baumbach / Lauterbach, ZPO, 37. Aufl., Anm. C cc, jeweils zu § 705, und neuestens OLG Celle, NdsRpfl 1979,106).

a) Art. 12 Nr. 3 I des 1. EheRG sieht als Grundsatz die Regelung vor, daß sich die Folgen der Ehescheidung für Altehen unabhängig vom Zeitpunkt der Scheidung nach den Vorschriften des 1. EheRG bestimmen. Diesen Grundsatz schränkt Abs. III S. 1 der Vorschrift dahin ein, daß der Vers-Ausgleich nicht stattfindet bei Ehen, „die nach den bisher geltenden Vorschriften geschieden worden sind“. Ob eine Ehe nach bisherigem Recht geschieden worden ist, hängt davon ab, ob der Scheidung das bis 30. 6. 1977 geltende Recht zugrunde liegt. Geschieden i.S. dieser Regelung ist eine Ehe daher nicht erst mit Eintritt der Rechtskraft des Scheidungsurteils, sondern bereits mit dem Ausspruch der Scheidung, also mit der Verkündung des Urteils, das die Ehescheidung - nach altem Recht - ausspricht oder bestätigt. Ist die Verkündung des Urteils vor dem 1.7.1977 erfolgt, so ist die Ehe auch dann, wenn die Rechtsmittelfrist erst nach dem 1.7.1977 ablief, nach den bisher geltenden Vorschriften geschieden worden mit der Folge, daß §§ 1587 bis 1587p BGB nicht anzuwenden sind und ein VersAusgl nicht stattfindet (vgl. Palandt / Diederichsen, BGB, 38. Aufl., Einf. vor § 1587 Anm. 7 a; Maier in: MünchKomm., BGB, Rz. 76 vor § 1587; ders. in: VersAusgl, S. 458; Bergner in: Deutsche Rentenversicherung 1977, 1, 19; von Maydell, FamRZ 1977, 172, 183; Schmeiduch in: Bastian / Roth-Stielow / Schmeiduch, 1. EheRG, Art 12 Nr. 3 Anm. 4 S. 792; Voskuhl / Pappai / Niemeyer, VersAusgl in der Praxis, S. 93; vgl. auch D. Schwab, Handbuch des Scheidungsrechts, Rz. 467). Das gilt für erstinstanzliche Scheidungen und für solche, die im Berufungsrechtszug ausgesprochen oder bestätigt worden sind, gleichermaßen. Auch im Falle des Berufungsurteils ist die Scheidung nach altem Recht erfolgt, wenn dieses vor dem 1.7.1977 verkündet worden ist. Ob dieses Berufungsurteil mit seiner Verkündung Rechtskraft erlangt hat oder nicht, ist daher für die Anwendbarkeit der §§ 1587 bis 1587p BGB ohne Belang.

b) Dem steht Art. 12 Nr. 7d des 1. EheRG nicht entgegen. Diese Vorschrift enthält keine - die Bestimmung des Art. 12 Nr. 3 III des 1. EheRG ergänzende und modifizierende - Regelung über die Statthaftigkeit des VersAusgl in Fällen der Anhängigkeit einer Scheidungssache in der Berufungsinstanz. Vielmehr betrifft ihr Regelungsinhalt allein die Konsequenzen, die sich daraus ergeben, daß die bereits in der Rechtsmittelinstanz anhängige Scheidungssache von dem bisher zuständigen Gericht fortzuführen und daher ein Verbund mit der Scheidungsfolgenregelung nicht herstellbar ist. Dagegen wird die Frage, ob dieses Verfahren über die Scheidungsfolgen überhaupt zulässig ist, in der Bestimmung nicht geregelt Aus diesem Grunde ist es belanglos, daß auch eine Scheidungssache, die - wie hier - durch ein unmittelbar vor dem 1.7.1977 ergangenes, aber erst nach dem Stichtag zugestelltes Berufungsurteil entschieden worden ist, nach dem Stichtag noch als in der Rechtsmittelinstanz anhängig anzusehen ist (vgl. Stein/Jonas, ZPO, 19. Aufl., § 176 Anm. II 1 und § 706 Anm. II 2) und daher insoweit das in jener Vorschrift vorgesehene Merkmal erfüllt. Hieraus kann - entgegen der Ansicht der Ast - nicht gefolgert werden, daß damit in Abweichung von Art 12 Nr. 3 III des 1. EheRG die Möglichkeit eines VersAusgl eröffnet würde, sofern er nur rechtzeitig, nämlich innerhalb der in Art. 12 Nr. 7d des 1. EheRG normierten Monatsfrist nach Inkrafttreten des Gesetzes, beantragt wurde.

Zusatzinformationen