Navigation und Service

Logo der Deutschen Rentenversicherung (Link zur Startseite rvRecht)

rvRecht® - Rechtsportal der Deutschen Rentenversicherung

Übersicht Vertrag DDR-UdSSR

Änderungsdienst
veröffentlicht am

20.08.2019

Änderung

Es erfolgte neben einer redaktionellen auch eine inhaltliche Überarbeitung der GRAen. Gleichzeitig wurden alle GRAen zum DDR-UdSSR Vertrag in dieser GRA zusammengefasst.

Dokumentdaten
Stand03.12.2014
Rechtsgrundlage

Vertrag mit der DDR vom 24.05.1960

Version001.00

Allgemeines

Der Vertrag zwischen der Deutschen Demokratischen Republik und der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken über die Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Sozialwesens vom 24.05.1960 (GBl. I S. 453) - im Folgenden „Vertrag“ - ist nach Verordnung über die vorübergehende weitere Anwendung verschiedener völkerrechtlicher Verträge der Deutschen Demokratischen Republik im Bereich der sozialen Sicherheit vom 03.04.1991 (BGBl. II, S. 614) in der Fassung der Verordnung zur Änderung der Verordnung über die vorübergehende weitere Anwendung verschiedener völkerrechtlicher Verträge der Deutschen Demokratischen Republik im Bereich der sozialen Sicherheit vom 18.12.1992 (BGBl. II S. 1231) - im Folgenden „WeitergeltungsVO“ - über den 02.10.1990 hinaus grundsätzlich noch bis 31.12.1992 weiter anzuwenden. Aus Gründen des Vertrauensschutzes sieht die WeitergeltungsVO umfassende Übergangsregelungen vor, nach denen der Vertrag auch nach dem 31.12.1992 noch anzuwenden ist (siehe Abschnitt 2.4).

Im Prinzip handelt es sich bei dem Vertrag um einen Eingliederungsvertrag. Er sieht vor, dass der Versicherungsträger des Vertragsstaates, in dem die Berechtigten ihren gewöhnlichen Aufenthalt genommen haben, neben den eigenen Zeiten die im anderen Staat zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten nach seinen Vorschriften zu berücksichtigen hat. Gleichzeitig entfallen für die Dauer des Aufenthalts in diesem Staat die Ansprüche gegenüber dem Träger des anderen Staates (Rentenausschluss nach Art. 7 Abs. 7 WeitergeltungsVO). Es gelten jedoch Besonderheiten bei Rentenbeziehern mit gewöhnlichem Aufenthalt in den Nachfolgestaaten der UdSSR, siehe Abschnitt 9.

Nachfolgestaaten der UdSSR sind Russland, Armenien, Aserbaidschan, Estland, Georgien, Kasachstan, Kirgisistan, Lettland, Litauen, Moldau, Tadschikistan, Turkmenistan, Ukraine, Usbekistan und Weißrussland.

Voraussetzung für die Anrechnung der fremden Zeiten ist, dass die Berechtigten deutsche Staatsangehörige oder Staatsangehörige eines Nachfolgestaates der UdSSR (zum Beispiel russische Staatsangehörige) sind. Die persönlichen Voraussetzungen des Fremdrentengesetzes (FRG) brauchen dagegen nicht erfüllt zu sein. Allerdings steht die Berechtigung nach dem FRG der Anwendung des Vertrages nicht entgegen; der Vertrag ist insoweit vorrangig.

Geltungsbereich des Vertrages

In den Abschnitten 2.1 bis 2.4.3 wird der Geltungsbereich der WeitergeltungsVO in Verbindung mit dem Vertrag dargestellt.

Sachlicher Geltungsbereich

Der Vertrag ist nach Art. 1 der WeitergeltungsVO auf deutscher Seite vorübergehend weiter anzuwenden, sofern es sich auf die Bereiche der gesetzlichen Kranken-, Unfall- und Rentenversicherung sowie auf Familienleistungen bezieht.

Der Vertrag ist dagegen bereits seit 03.10.1990 nicht mehr anzuwenden, soweit es Vertragsgegenstände außerhalb des Bereichs der Sozialversicherung und der Familienleistungen regelt (zum Beispiel die Sozialfürsorge).

Persönlicher Geltungsbereich

Bei dem Vertrag handelt es sich um einen geschlossenen Vertrag, der nur auf die Angehörigen der Vertragsstaaten, das heißt auf deutsche Staatsangehörige oder auf Staatsangehörige eines Nachfolgestaates der UdSSR, Anwendung findet (Art. 2 des Vertrages). Dabei kommt es jeweils auf die berechtigte Person an. Für Ansprüche auf Hinterbliebenenrenten reicht es daher aus, wenn die Hinterbliebenen, nicht aber die Versicherten, die Staatsangehörigkeit einer der Vertragsstaaten besitzen. Die Vertragsstaatsangehörigkeit muss für die gesamte Dauer des Leistungsbezuges vorliegen; bei ihrem Verlust entfällt die (weitere) Anwendung des Abkommens.

Drittstaatsangehörige, Flüchtlinge im Sinne der Genfer Konvention vom 28.07.1951 und Staatenlose im Sinne des Abkommens vom 28.09.1954 werden von diesem Vertrag nicht erfasst.

Zu beachten ist, dass der Vertrag auf die ehemals im Beitrittsgebiet stationierten Angehörigen der Sowjetarmee und deren Familienangehörige nicht anzuwenden war (Nr. VII des Protokolls zum Vertrag).

Territorialer Geltungsbereich

Die Verordnung ist grundsätzlich nur für die Dauer des gewöhnlichen Aufenthalts im Gebiet der Vertragsparteien (Beitrittsgebiet beziehungsweise anschließend Alt-Bundesgebiet oder Gebiet der ehemaligen UdSSR) anzuwenden. Verlegen dagegen Berechtigte ihren gewöhnlichen Aufenthalt in einen Drittstaat, entfällt in jedem Falle die weitere Anwendung des Vertrages. Dies gilt auch bei einer Verlegung des gewöhnlichen Aufenthaltes in das Gebiet des anderen Vertragspartners nach dem 31.12.1992.

Auf Personen, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt zunächst nicht im Beitrittsgebiet, sondern sogleich im bisherigen Bundesgebiet genommen haben, findet die WeitergeltungsVO keine Anwendung. Die weitere Anwendung des Vertrages setzt einen konkreten Bezug zur Rechtsordnung des Beitrittsgebiets voraus. Personen, die direkt in die alten Bundesländer eingereist beziehungsweise lediglich durch das Beitrittsgebiet „durchgereist“ sind, werden nicht begünstigt (BSG vom 29.09.1998, AZ: B 4 RA 34/98 R).

Für Personen, die bereits vor dem 02.10.1990 vom Beitrittsgebiet in die alten Bundesländer übergesiedelt sind, ist die WeitergeltungsVO in Verbindung mit dem Vertrag ebenfalls nicht anzuwenden, da der Verlust der Ansprüche und Anwartschaften nach dem Vertrag keine Folge der Vereinigung, sondern der Übersiedlung in die alten Bundesländer ist.

Zeitlicher Geltungsbereich

Die WeitergeltungsVO und damit auch der Vertag treten grundsätzlich mit Ablauf des 31.12.1992 außer Kraft (Art. 7 Abs. 2 der WeitergeltungsVO). In zahlreichen Übergangsfällen findet der Vertrag aber auch nach diesem Zeitpunkt noch Anwendung, und zwar

  • auf deutsche Rentenansprüche am 31.12.1992, siehe Abschnitt 2.4.1,
  • auf deutsche Rentenansprüche vom 01.01.1993 bis 31.12.1995 und gewöhnlichem Aufenthalt im Beitrittsgebiet seit 02.10.1990, siehe Abschnitt 2.4.2, oder
  • bei Nachfolgerenten, siehe Abschnitt 2.4.3.

Die Nachfolgestaaten der UdSSR haben die weitere Anwendung des Vertrages ebenfalls zum 31.12.1992 beendet und ihrerseits dem deutschen Recht vergleichbare („spiegelbildliche“) Übergangsregelungen geschaffen. Soweit danach die ausländischen Vertragspartner auf der Grundlage des Vertrages Zeiten im Beitrittsgebiet zu berücksichtigen haben, ist der Zahlungsausschluss auf deutscher Seite zu beachten (Art. 7 Abs. 7 der WeitergeltungsVO). Es gelten jedoch Besonderheiten, siehe Abschnitt 9.

Deutscher Rentenanspruch am 31.12.1992

Für Personen, die am 31.12.1992 Anspruch auf eine deutsche Rente aufgrund der WeitergeltungsVO in Verbindung mit dem Vertrag hatten, sind diese auch nach diesem Zeitpunkt weiter anzuwenden, solange die Berechtigten die deutsche Staatsangehörigkeit oder die Staatsangehörigkeit eines Nachfolgestaates der UdSSR besitzen und ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet haben (Art. 7 Abs. 3 der WeitergeltungsVO).

Es reicht aus, dass am 31.12.1992 ein Rentenanspruch dem Grunde nach bestanden hat (Stammrecht); es ist nicht erforderlich, dass im Dezember 1992 auch bereits eine Zahlung erfolgt ist. Der Zuzug in das Beitrittsgebiet muss aber bis 31.12.1992 erfolgt sein.

Siehe Beispiel 1

Aufenthalt im Beitrittsgebiet am 02.10.1990 und Rentenbeginn vor dem 01.01.1996

Die WeitergeltungsVO in Verbindung mit dem Vertrag ist nach Art. 7 Abs. 4 der WeitergeltungsVO auf deutscher Seite auch auf Personen anzuwenden,

a)

die

  • sich entweder am Tag vor der Wiedervereinigung, dem 02.10.1990, (bereits länger) im Beitrittsgebiet gewöhnlich aufgehalten haben oder
  • bis zum Ablauf des 02.10.1990 ins Beitrittsgebiet eingereist sind und dort einen gewöhnlichen Aufenthalt genommen haben und
b)deren Anspruch auf deutsche Rente vor dem 01.01.1996 entsteht.

Art. 7 Abs. 4 der WeitergeltungsVO ist auch dann anzuwenden, wenn die Berechtigten ihren gewöhnlichen Aufenthalt am 02.10.1990 im Beitrittsgebiet hatten und der Anspruch auf die Rente erst nach einem Verzug in die alten Bundesländer (spätestens aber bis 31.12.1995) entstanden ist. Es ist nicht erforderlich, dass der gewöhnliche Aufenthalt im Beitrittsgebiet bis zum Leistungsfall beibehalten wurde (BSG vom 29.09.1998, AZ: B 4 RA 34/98 R).

Nachfolgerenten

Die WeitergeltungsVO in Verbindung mit dem Vertrag ist auch für Zeiten eines weiteren Rentenbezugs anzuwenden, wenn sich die Rentenbezugszeiten ununterbrochen aneinander anschließen (Art. 7 Abs. 6 der WeitergeltungsVO). Damit wird sichergestellt, dass für Nachfolgerenten der Vertrag auch dann weiter anzuwenden ist, wenn diese Renten nach dem 31.12.1992 beziehungsweise 31.12.1995 beginnen.

Die Anwendung des Art. 7 Abs. 6 der WeitergeltungsVO bei Nachfolgerenten setzt voraus, dass

  • zuvor bereits eine deutsche Rente nach der WeitergeltungsVO in Verbindung mit dem Vertrag gezahlt wurde,
  • ein neuer Rentenanspruch besteht und
  • beide Rentenzahlungen ununterbrochen aneinander anschließen.

Bei Hinterbliebenenrenten, die in unmittelbarem Anschluss an Versichertenrenten gezahlt werden, reicht es für die Anwendung der WeitergeltungsVO aus, wenn die unter den Abschnitten 2.4.1 und 2.4.2 genannten Voraussetzungen von den verstorbenen Versicherten erfüllt wurden.

Wurde danach eine Versichertenrente auf der Grundlage der WeitergeltungsVO gezahlt, ist der Vertrag auch dann weiter anzuwenden, wenn die Hinterbliebenen keinen gewöhnlichen Aufenthalt im Beitrittsgebiet hatten (zum Beispiel weil sie immer in den alten Bundesländern gelebt und die zugezogenen Versicherten erst dort geheiratet haben).

Ungeachtet dessen müssen die Berechtigten weiterhin die deutsche Staatsangehörigkeit oder die Staatsangehörigkeit eines Nachfolgestaates der UdSSR besitzen.

Gewährung von Rentenleistungen

Der Vertrag stellt nur die im anderen Staat zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten den eigenen Zeiten gleich (siehe Abschnitt 6). Anspruch und Höhe der Rente richten sich dagegen allein nach den Vorschriften des Vertragsstaates, in dessen Gebiet die Berechtigten ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben (Art. 5 Abs. 1 des Vertrages). Eine deutsche Vertragsrente (unter Einbeziehung der Zeiten in der ehemaligen UdSSR) kann daher nur gewährt werden, wenn alle innerstaatlichen deutschen Anspruchsvoraussetzungen für die betreffende Leistung (zum Beispiel Erwerbsminderung, Altersgrenze, Wartezeit) erfüllt sind.

Rentenabfindungen

Zu den Leistungen nach der WeitergeltungsVO in Verbindung mit dem Vertrag gehören auch Rentenabfindungen bei Wiederheirat oder Wiederbegründung einer Eingetragenen Lebenspartnerschaft von Witwen und Witwern und überlebenden Lebenspartnern nach § 107 SGB VI.

Leistungen für Kindererziehung

Für die im Gebiet der ehemaligen UdSSR geborenen Kinder kann grundsätzlich auch an vertragsberechtigte Mütter keine Leistung für Kindererziehung nach § 294 ff. SGB VI gewährt werden. Die Geburt in diesem Gebiet steht insoweit einer Geburt in Deutschland nicht gleich. Etwas anderes gilt für Berechtigte nach dem FRG.

Eingliederung der ausländischen Zeiten

Bei dem Vertrag handelt es sich nach seinen Artikeln 4 und 5 um einen Eingliederungsvertrag. Das bedeutet, dass der zuständige Versicherungsträger des Vertragsstaates, in dem die Berechtigten ihren gewöhnlichen Aufenthalt genommen haben, die im anderen Staat zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten nach seinen Vorschriften einzugliedern hat.

Auf deutscher Seite erfolgt die Eingliederung der Zeiten im Gebiet der ehemaligen UdSSR grundsätzlich in Anwendung des FRG und des FANG (Art. 1 Abs. 2 der WeitergeltungsVO).

Abgrenzung Vertrag - FRG

Für Personen, die sowohl zum berechtigten Personenkreis nach dem Vertrag als auch nach dem FRG gehören, kann das FRG nur subsidiär angewandt werden; der Vertrag ist vorrangig. Wäre danach dieselbe Zeit sowohl nach dem Vertrag als auch nach dem FRG zu berücksichtigen, ist sie vorrangig nach dem Vertrag anzurechnen (§ 2 Buchst. b FRG). Lediglich Zeiten, die dem Grunde nach nicht vom Vertrag erfasst werden (weil zum Beispiel das russische Recht eine Anrechnung nicht vorsieht), können im Rahmen des FRG angerechnet werden, wenn die persönlichen Voraussetzungen nach diesem Gesetz erfüllt sind.

Das FRG findet dagegen keine Anwendung auf solche Zeiten, die dem Grunde nach Vertragszeiten sind, aber vom ausländischen Vertragspartner nicht bestätigt werden, weil keine Unterlagen vorhanden sind.

Gleichstellung der Antragstellung

Anträge und Rechtsbehelfe können - soweit der Vertrag noch anwendbar ist - fristwahrend bei einer zugelassenen Stelle des anderen Vertragsstaates eingereicht werden. In diesen Fällen hat die unverzügliche Übersendung an die zuständige Stelle zu erfolgen (Art. 11 des Vertrages).

Besonderheiten bei Rentenbeziehern in der ehemaligen UdSSR

Nach Art. 7 Abs. 7 der WeitergeltungsVO besteht ein Anspruch auf Zahlung einer deutschen Rente aus rentenrechtlichen Zeiten im Beitrittsgebiet nicht, sofern diese Zeiten nach dem Vertrag bereits von einem Versicherungsträger der Nachfolgestaaten der UdSSR zu berücksichtigen sind, ohne Rücksicht darauf, ob dieser hieraus eine Leistung erbringt.

Das BSG hat entschieden, dass Art. 7 Abs. 7 der WeitergeltungsVO keine wirksame Rechtsgrundlage darstellt und deshalb nach innerstaatlichem deutschen Recht bestehende Leistungsansprüche nicht ausschließen kann (BSG vom 22.09.1999, AZ: B 5 RJ 36/98 R, SozR3-8100 Art. 12 Nr. 4, und vom 01.02.2000, AZ: B 8 KN 8/97 R, SozR3-8100 Art. 12 Nr. 5). Die deutschen Rentenversicherungsträger folgen der BSG-Rechtsprechung (Beschluss AGFAVR 5/2002, TOP 11), da eine rückwirkende andere gesetzliche Regelung durch den deutschen Gesetzgeber nicht existiert und auch nicht zu erwarten ist.

Dies bedeutet, dass deutsche Rentenansprüche auch dann entstehen können, wenn die Berechtigten ihren gewöhnlichen Aufenthalt in einem Nachfolgestaat der UdSSR haben und von dem dortigen Versicherungsträger bereits eine Rente beziehen, in der die rentenrechtlichen Zeiten im Beitrittsgebiet im Rahmen des Vertrages berücksichtigt worden sind.

Bindende Bescheide, in denen entsprechende Rentenansprüche aufgrund der früheren Rechtsauffassung zu Art. 7 Abs. 7 der WeitergeltungsVO abgelehnt wurden, sind mit Wirkung für die Vergangenheit nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X zurückzunehmen. Die Rücknahme kann sowohl auf Antrag als auch von Amts wegen erfolgen. Dabei sind Leistungen längstens im Rahmen der vierjährigen Ausschlussfrist des § 44 Abs. 4 SGB X rückwirkend zu erbringen.

Siehe Beispiel 2

Erhalten Berechtigte aus den Beitrittsgebietszeiten eine Rentenleistung sowohl aus der deutschen als auch aus der ausländischen Rentenversicherung, besteht keine Rechtsgrundlage, die ausländische Rente, die auf die Beitrittsgebietszeiten entfällt, auf die deutsche Rente anzurechnen. § 31 FRG ist weder unmittelbar noch im Wege der Auslegung anwendbar.

Kranken- und Pflegeversicherung

Berechtigte nach dem Vertrag mit gewöhnlichem Aufenthalt in Deutschland können sowohl in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) als auch in der sozialen Pflegeversicherung versicherungspflichtig sein (siehe Abschnitt 10.1). Sie können jedoch unter Umständen auch einen Zuschuss zur Krankenversicherung erhalten (siehe Abschnitt 10.2).

Haben die nach dem Vertrag Berechtigten ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der ehemaligen UdSSR, kommt weder eine Pflichtversicherung in der KVdR und Pflegeversicherung noch die Zahlung eines Zuschusses nach § 106 SGB VI in Betracht.

Pflichtversicherung in der KVdR und Pflegeversicherung

Berechtigte, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet haben und eine deutsche Rente nach der WeitergeltungsVO in Verbindung mit dem Vertrag beziehen, sind unabhängig von ihren Vorversicherungszeiten (§ 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V) Mitglied der deutschen Pflicht-KVdR (Art. 7 des Vertrages) und damit (ab 01.01.1995) auch in der sozialen Pflegeversicherung versicherungspflichtig (§ 20 Abs. 1 SGB XI).

Für Berechtigte, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der ehemaligen UdSSR haben und dort eine ausländische Rente nach dem Vertrag beziehen, kommt eine deutsche Pflichtversicherung - unabhängig von einem möglichen zusätzlichen deutschen Rentenbezug (siehe Abschnitt 9) - nicht in Betracht. Die Vorschriften über die KVdR sowie der sozialen Pflegeversicherung gelten grundsätzlich nur bei gewöhnlichem Aufenthalt der Berechtigten im Inland (§ 3 Nr. 2 SGB IV); der Vertrag enthält keine von diesem Grundsatz abweichende Regelung.

Zuschuss zur Kranken- und Pflegversicherung

Berechtigte nach dem Vertrag mit gewöhnlichem Aufenthalt in Deutschland sind aufgrund des Rentenbezuges regelmäßig bereits Mitglied der deutschen Pflicht-KVdR und damit nach § 20 Abs. 1 SGB XI auch in der sozialen Pflegeversicherung versicherungspflichtig (siehe Abschnitt 10.1). Die Zahlung eines Zuschusses zur Krankenversicherung nach § 106 SGB VI beziehungsweise in der Zeit vom 01.01.1995 bis 31.03.2004 zur Pflegeversicherung nach § 106a SGB VI ist daher regelmäßig ausgeschlossen.

Sind die Rentenbezieher kraft Gesetzes versicherungsfrei (§ 6 SGB V) oder von der Versicherungspflicht befreit (§ 8 Abs. 1 Nr. 4 SGB V), kann auf Antrag auch zu einer Vertragsrente ein Zuschuss zu einer freiwilligen oder privaten Krankenversicherung nach § 106 SGB VI gezahlt werden.

Für Berechtigte, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der ehemaligen UdSSR haben und dort eine ausländische Rente nach dem Vertrag beziehen, kommt die Gewährung eines Zuschusses zur Krankenversicherung nach § 106 SGB VI beziehungsweise in der Zeit vom 01.01.1995 bis 31.03.2004 zur Pflegeversicherung nach § 106a SGB VI nicht in Betracht, weil in der Regel keine deutsche Rente bezogen wird.

Verbindungsstellen

Als deutsche Verbindungsstellen für die Durchführung des Abkommens sind nach Art. 6 Abs. 1 der WeitergeltungsVO im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung bestimmt worden:

  • die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (heute: Deutsche Rentenversicherung Bund),
  • die Landesversicherungsanstalt Sachsen, Leipzig (heute: Deutsche Rentenversicherung Mitteldeutschland) im Verhältnis zu Russland, Armenien, Aserbaidschan, Georgien, Kasachstan, Kirgisistan, Moldau, Tadschikistan, Turkmenistan, Ukraine, Usbekistan und Weißrussland,
  • die Landesversicherungsanstalt Mecklenburg-Vorpommern (heute: Deutsche Rentenversicherung Nord) im Verhältnis zu Estland, Lettland und Litauen,
  • die Bundesknappschaft, (heute: Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See).

Im Bereich der Regionalträger sind damit die Deutsche Rentenversicherung Mitteldeutschland beziehungsweise die Deutsche Rentenversicherung Nord - abweichend von § 128 SGB VI - in allen Abkommensfällen für die Feststellung der Rente zuständig. Das gilt auch, wenn es sich gleichzeitig um FRG-Berechtigte handelt, weil der Vertrag vorrangig anzuwenden ist. Zu beachten ist, dass die Sonderzuständigkeit im Bereich der Regionalträger nur gilt, wenn die WeitergeltungsVO in Verbindung mit dem Vertrag tatsächlich noch anwendbar ist.

Haben Berechtigte ihren gewöhnlichen Aufenthalt in den Nachfolgestaaten der UdSSR und sind die rentenrechtlichen Zeiten im Beitrittsgebiet im Rahmen des Vertrages vom ausländischen Vertragspartner zu berücksichtigen, ist ebenfalls die Zuständigkeit der jeweiligen Verbindungsstelle für die Bearbeitung eventuell anfallender Vorgänge gegeben (zum Beispiel für die Übermittlung des deutschen Versicherungsverlaufs oder die Erteilung eines Rentenbescheides bei Beantragung einer deutschen Rente aus den Zeiten im Beitrittsgebiet).

Beispiel 1: Rentenanspruch am 31.12.1992

(Beispiel zu Abschnitt 2.4.1)
Gewöhnlicher Aufenthalt im Beitrittsgebiet bis spätestens31.12.1992
Vollendung des 65. Lebensjahres am18.12.1992
Die allgemeine Wartezeit ist erfüllt, der Antrag wird verspätet gestellt am15.05.1993
Lösung:
Der Vertrag ist aufgrund der WeitergeltungsVO weiterhin anzuwenden.
Es besteht ein Rentenanspruch ab01.05.1993

Beispiel 2: Aufhebung bindender Ablehnungsbescheide

(Beispiel zu Abschnitt 9)

Die Versicherte war von 1970 bis 1980 im Beitrittsgebiet beschäftigt. Seit 1980 hat sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der früheren UdSSR beziehungsweise in Russland. Sie hat am 25.07.1994 das 65. Lebensjahr vollendet und zu diesem Zeitpunkt die erforderliche Wartezeit von 5 Jahren aus Beitrittsgebietszeiten erfüllt. Aus der gesetzlichen russischen Rentenversicherung erhält sie bereits seit dem 60. Lebensjahr eine russische Altersrente, in der die im Beitrittsgebiet zurückgelegten Zeiten aufgrund des Vertrages angerechnet worden sind.

Sie hat am 08.03.1995 beim deutschen Rentenversicherungsträger eine Altersrente beantragt. Dieser Antrag ist mit Bescheid vom 22.06.1995 unter Hinweis auf Art. 7 Abs. 7 der WeitergeltungsVO bindend abgelehnt worden.

Sie stellt am 18.10.2012 einen Überprüfungsantrag.

Lösung:

Der Ablehnungsbescheid vom 22.06.1995 ist im Rahmen des § 44 SGB X aufzuheben.

Bei zutreffender rechtlicher Würdigung hätte der abgelehnte Antrag, weil ein Anspruch auf deutsche Altersrente nach § 35 SGB VI seit dem 01.08.1994 (Ablauf des Monats des 65. Lebensjahres und erfüllter Wartezeit) gegeben war, aufgrund des § 99 SGB VI zu einem Rentenbeginn am 01.03.1995 geführt.

Aufgrund des § 44 Abs. 4 SGB X kann die beantragte Aufhebung des Bescheides vom 22.06.1995 jedoch nur zu einer rückwirkenden Zahlung der Rente ab 01.01.2008 führen.

Da für die Zeit vom 01.08.1994 bis zum 31.12.2007 ein innerstaatlicher deutscher Altersrentenanspruch bestanden hat, der nicht in Anspruch genommen worden ist, erhöht sich aufgrund dessen der Zugangsfaktor nach § 77 SGB VI entsprechend.

Zusatzinformationen

Rechtsgrundlage

Vertrag mit der DDR vom 24.05.1960