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Art. 2 DPRA: Sachlicher Geltungsbereich

Änderungsdienst
veröffentlicht am

20.08.2019

Änderung

Die GRA wurde mit dem Regionalträger abgestimmt.

Dokumentdaten
Stand08.01.2016
Rechtsgrundlage

Art. 2 DPRA

Version001.00

Inhalt der Regelung

In Absatz 1 ist geregelt, auf welche polnischen und deutschen Systeme das Abkommen Anwendung findet.

Auf deutscher Seite sind die Rechtsvorschriften über

  • die Rentenversicherung der Angestellten,
  • die Rentenversicherung der Arbeiter,
  • die knappschaftliche Rentenversicherung

erfasst.

Die im Saarland bestehende hüttenknappschaftliche Zusatzversicherung nach dem HZvG sowie die Altershilfe für Landwirte nach dem Gesetz über die Altershilfe für Landwirte (GAL) und die berufsständischen Versorgungswerke (wie Sondersysteme für Ärzte, Apotheker, Architekten, Notare, Rechtsanwälte, Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Tierärzte, Wirtschaftsprüfer, Buchprüfer, Zahnärzte, Psychotherapeuten, Ingenieure und andere) werden vom sachlichen Geltungsbereich des DPRA 1975 nicht erfasst.

Auf polnischer Seite sind die Rechtsvorschriften über

  • die Altersversorgung der Arbeitnehmer einschließlich
  • der Versorgungssysteme für Bergleute und Eisenbahner

erfasst (Arbeitnehmersysteme).

Absatz 2 legt fest, dass das Abkommen auf alle Änderungen der Regelungen in den in Absatz 1 genannten Versicherungszweigen anzuwenden ist.

Ergänzende/korrespondierende Regelungen

Bei der Anwendung des DPRA 1975 und des ZustG sind die folgenden, für die Durchführung erlassenen Vorschriften zu berücksichtigen:

  • die Durchführungsvereinbarung (DV) vom 11.01.1977 (BGBl. II 1977 S. 585),
  • die Gemeinsame Erklärung (GE) vom 19.12.1995 und
  • die Verwaltungsvereinbarung (VV) vom 20.09.1977.

Polnische Sicherungssysteme

Nach polnischem Recht können Zeiten aus verschiedenen Sicherungssystemen vom DPRA 1975 erfasst werden.

Stets abkommensrelevant sind die „originären“ Arbeitnehmerzeiten (siehe Abschnitt 2.1) sowie die nach polnischem Recht „gleichgestellten“ Zeiten (siehe Abschnitt 2.2).

Unter bestimmten Voraussetzungen abkommensrelevant sind Dienstzeiten in den Uniformierten-Systemen (siehe Abschnitt 2.3) sowie die in den Nicht-Arbeitnehmersystemen (siehe Abschnitt 2.4) zurückgelegten Zeiten.

Die Entscheidung zur Rechtserheblichkeit polnischer Versicherungszeiten obliegt grundsätzlich dem polnischen Versicherungsträger. Die deutsche Seite kann jedoch in Kenntnis des polnischen Rechts über polnische Versicherungszeiten auch eigene Feststellungen treffen (Art. 5 Abs. 4 DV zum DPRA 1975). Dabei ist grundsätzlich das zum Zeitpunkt des Rentenfalles geltende polnische Recht maßgebend. Ist der deutsche Rentenfall noch nicht eingetreten, kommt es auf das zum Zeitpunkt der Bescheiderteilung geltende polnische Recht an.

In den nachfolgenden Ausführungen wird die bis zum 31.12.1998 geltende Rechtslage dargestellt, die für die Anwendung des Abkommens auch weiterhin maßgebend ist (siehe Abschnitt 3.2).

Originäre Arbeitnehmerzeiten

Nach polnischen Rechtsvorschriften zurückgelegte Versicherungszeiten sind dann ohne besondere Voraussetzungen abkommensrelevant, wenn sie in der

1.

Altersversorgung der Arbeitnehmer

(zuletzt Gesetz vom 14.12.1982 - Dziennik Ustaw Nummer 40, Pos. 267 - in Verbindung mit dem Anpassungsgesetz vom 17.10.1991 - Dziennik Ustaw Nummer 104, Pos. 450),

2.

Altersversorgung der Bergleute

(zuletzt Gesetz vom 01.02.1983 - Dziennik Ustaw Nummer 5, Pos. 32 - in Verbindung mit dem Anpassungsgesetz vom 17.10.1991 - Dziennik Ustaw Nummer 104, Pos. 450),

3.

Altersversorgung der Eisenbahner

(zuletzt Gesetz vom 28.04.1983 - Dziennik Ustaw Nummer 23, Pos. 99 - in Verbindung mit dem Anpassungsgesetz vom 17.10.1991 - Dziennik Ustaw Nummer 104, Pos. 450)

originär entstanden sind. Es ist nicht entscheidend, aus welchem der verschiedenen polnischen Sicherungssysteme letztlich eine Leistung gezahlt wird.

„Gleichgestellte“ Zeiten

Nach polnischen Vorschriften werden Zeiten in bestimmten Sicherungssystemen den Arbeitnehmerzeiten uneingeschränkt „gleichgestellt“. Diese weiteren Sicherungssysteme beziehungsweise Regelungen wurden zwar nicht unmittelbar vom DPRA 1975 erfasst, jedoch galten die darin beziehungsweise danach zurückgelegten Zeiten alternativ als „gleichgestellte“ Zeiten im Sinne des Arbeitnehmergesetzes.

Auch ohne besondere Voraussetzungen waren die in folgenden Systemen zurückgelegten Zeiten abkommensrelevant:

1.

Sozialversicherung für Mitglieder der Rechtsanwaltsvereinigungen

(zuletzt Gesetz vom 04.03.1964 - Dziennik Ustaw Nummer 10, Pos. 62),

2.

Rentenversorgung der Mitglieder landwirtschaftlicher Produktionsgenossenschaften

(zuletzt Gesetz vom 04.03.1976 - Dziennik Ustaw Nummer 10, Pos. 54),

3.

Rentenversorgung von Heimarbeitern

(zuletzt Verordnung vom 31.12.1975 - Dziennik Ustaw 1976 Nummer 3, Pos. 19).

Dienstzeiten als „Uniformierter“

Zeiten der Zugehörigkeit in folgenden polnischen Sicherungssystemen wurden ebenfalls nicht unmittelbar vom sachlichen Geltungsbereich des DPRA 1975 erfasst, konnten jedoch unter besonderen Voraussetzungen „gleichgestellt“ sein.

Dabei handelte es sich um Zeiten in der

1.

Rentenversorgung der Berufssoldaten und Längerdienenden

(zurzeit Gesetz vom 10.12.1993 - Dziennik Ustaw 1994, Nummer 10, pos. 36),

2.

Altersversorgung der Angehörigen der Bürgermiliz (Polizei), des Staatsschutzes, der staatlichen Feuerwehr und der Bediensteten im Strafvollzug

(zurzeit Gesetz vom 18.02.1994 - Dziennik Ustaw 1994, Nummer 53, pos. 214).

Das polnische Recht ermöglichte eine „Gleichstellung“ dieser Zeiten als Uniformierter im Arbeitnehmersystem dann, wenn

a)die Berücksichtigung dieser Zeiten in einer Rente aus dem Arbeitnehmersystem günstiger war oder
b)ein Versorgungsanspruch aus den genannten polnischen Sondersystemen nicht bestand.

War eine der beiden Alternativen erfüllt, stellten die in den unter Nummern 1 und 2 dieses Abschnittes genannten Systemen zurückgelegten Zeiten „gleichgestellte“ Zeiten im Sinne des Arbeitnehmersystems dar und waren als DPRA-1975-Zeit abkommensrelevant.

Die erste Alternative („eine Rente aus dem allgemeinen Arbeitnehmersystem ist günstiger“) war in der Praxis ohne nennenswerte Bedeutung, weil ein polnischer Sonderrentenanspruch regelmäßig höher ausgefallen ist.

Die zweite Alternative („ein Rentenanspruch aus dem polnischen Sondersystem besteht nicht“) wirkte sich nach der polnischen Rechtslage bis 1993 regelmäßig dahingehend aus, dass bei Ausreise ins Ausland (so auch nach Deutschland) kein polnischer Sonderrentenanspruch (mehr) bestand. Das hatte zur Folge, dass derartige polnische Sonderversicherungszeiten „automatisch“ im allgemeinen Arbeitnehmersystem gleichgestellt und somit als DPRA-1975-Zeit anrechenbar waren.

Im Jahr 1994 haben sich jedoch die Vorschriften zum Rentenanspruch aus den polnischen Sondersystemen für Uniformierte bei Auslandsaufenthalt geändert. Eine polnische Versorgungszahlung wurde nunmehr auch bei Auslandsaufenthalt (zum Beispiel in Deutschland) möglich, sodass die zweite Alternative im Einzelfall zu prüfen ist.

Da der Personenkreis der im Einzelnen Versorgungsberechtigten nicht bekannt ist, sind Ermittlungen und Prüfungen zu einer eventuellen Versorgungsberechtigung auch dann erforderlich, wenn der/die Berechtigte keine „hoheitlichen“ Aufgaben bei diesen Einrichtungen hatte.

Für die Berücksichtigungsfähigkeit („Gleichstellung“) der genannten polnischen Sonderzeiten als Abkommenszeit in einer deutschen DPRA-1975-Rente ergeben sich nachstehende Rechtsfolgen:

a)Es besteht trotz entsprechender Zeiten der Zugehörigkeit kein polnischer Rentenanspruch aus einem der genannten Versorgungssysteme
Das Nichtbestehen eines polnischen Versorgungsanspruches hat weiterhin die „Gleichstellung“ dieser Zeiten im polnischen Arbeitnehmersystem zur Folge, sodass sie auch als DPRA-1975-Zeit anrechenbar sind.
b)Es besteht aufgrund entsprechender Zeiten der Zugehörigkeit ein polnischer Leistungsanspruch aus einem der genannten Versorgungssysteme

Besteht Anspruch auf Zahlung einer polnischen Versorgungsleistung, entfällt dadurch die „Gleichstellung“ dieser Zeiten im polnischen Arbeitnehmersystem und sie sind als DPRA-1975-Zeit nicht (mehr) anrechenbar.

Die Berücksichtigung als Abkommenszeit kommt somit nicht in Betracht, frühere Herstellungs- und Rentenbescheide nach dem DPRA 1975 müssen wegen des Wegfalls der bisher als abkommensrelevant qualifizierten Zeiten gemäß § 48 SGB X aufgehoben werden.

Zur Prüfung, ob ein polnischer Versorgungsanspruch aus einem der genannten Sondersysteme besteht, müssen die (Renten-)Berechtigten vor einer DPRA-1975-Entscheidung über die fragliche Zeit - abhängig von der Art der polnischen Sonderzeit - an ihre jeweilige polnische Versorgungsdienststelle verwiesen werden, um sich von dort das Bestehen oder Nichtbestehen eines polnischen Versorgungsanspruches bei Aufenthalt in Deutschland dokumentieren zu lassen. Die Anschriften der zuständigen polnischen Versorgungsdienststellen lauten wie folgt:

Für Berufssoldaten und längerdienende Personen:

Ministerstwo Obrony Narodowej

Departament Spraw Socjalnych i Rekonwersji

al. Niepodleglosci 218

00-911 Warszawa 62

Republik Polen

Für Polizei/Bürgermiliz, Grenzschutz und Staatssicherheit:

Ministerstwa Spraw Wewnetrznych i Administracji

Zaklad Emerytalno-Rentowy

ul. Pawinskiego 17/21

02-106 Warszawa

Republik Polen

Für Gefängnisdienst:

Biuro Emerytalne Sluzby Wieziennej

ul. Rakowiecka 37a

02-521 Warszawa

Republik Polen

Hinsichtlich der polnischen Versorgungsleistungen gilt:

  • Für das Bestehen eines polnischen Versorgungsanspruches ist es unerheblich, ob die polnische Leistung innerhalb Polens ausgezahlt oder nach Deutschland überwiesen wird.
  • Hat ein Berechtigter nachweislich Anspruch auf eine polnische Versorgungsleistung (zum Beispiel weil eine solche Versorgung in der Vergangenheit bei Aufenthalt in Polen bereits gewährt wurde), verzichtet aber darauf, seine möglichen aktuellen Ansprüche prüfen zu lassen, ist die Anrechnung als DPRA-1975-Zeit dennoch abzulehnen (mangelnde Mitwirkung). Ebenso ist zu verfahren, wenn ein Berechtigter die erstmalige Prüfung seiner Versorgungsansprüche verweigert.
  • Ein polnischer Versorgungsanspruch besteht jedoch erst dann, wenn er realisiert werden kann. Sind zum Beispiel die Anspruchsvoraussetzungen (noch) nicht erfüllt (fehlende Erwerbsunfähigkeit, Nichterreichen der Altersgrenzen), bleiben polnische Beschäftigungszeiten als „Uniformierter“ solange als DPRA-1975-Zeit anrechenbar, bis die Voraussetzungen für die polnische Versorgungsleistung erfüllt sind und sie gezahlt werden könnte (in derartigen Fällen ist ein entsprechender Bescheidzusatz erforderlich).

Hinweis:

Werden polnische Beschäftigungszeiten als „Uniformierter“ nach der vorstehend beschriebenen Prüfung nicht mehr vom DPRA 1975 erfasst, ist bei FRG-Berechtigten die Anrechenbarkeit als reine (deutsche) FRG-Zeit zu prüfen. Ist dies der Fall, wird die polnische Versorgung auf den deutschen FRG-Rententeil gemäß § 31 FRG angerechnet.

Polnische Nicht-Arbeitnehmerzeiten

Vom sachlichen Geltungsbereich des DPRA 1975 grundsätzlich nicht erfasst sind die zahlreichen polnischen Sondersysteme für besondere Berufsgruppen oder Selbstständige (Nicht-Arbeitnehmer). In diesen Systemen zurückgelegte polnische Zeiten können jedoch im Wege der „Hinzurechnung“ nach polnischem Recht vom sachlichen Geltungsbereich des DPRA 1975 erfasst werden.

Die Entscheidung über eine mögliche „Hinzurechnung“ obliegt grundsätzlich dem polnischen Versicherungsträger. Die deutsche Seite kann jedoch in Kenntnis des polnischen Rechts darüber auch eigene Feststellungen treffen (Art. 5 Abs. 4 DV zum DPRA 1975). Unter welchen besonderen Voraussetzungen dies möglich ist, ergibt sich aus Abschnitt 2.4.1.

Die Beurteilung, ob die Hinzurechnungsvoraussetzungen erfüllt sind, ist zum Zeitpunkt des deutschen Rentenfalles nach den zu diesem Zeitpunkt geltenden polnischen Rechtsvorschriften vorzunehmen. Ist der deutsche Rentenfall noch nicht eingetreten, kommt es auf die rechtlichen polnischen Verhältnisse zum Zeitpunkt der Bescheiderteilung an.

Nicht-Arbeitnehmerzeiten wurden nach polnischen Rechtsvorschriften in folgenden Systemen zurückgelegt:

1.

Sozialversicherung der Handwerker

(Gesetze vom 29.03.1965 - Dziennik Ustaw Nummer 13, Pos. 90 - , vom 08.06.1972 - Dziennik Ustaw Nummer 23, Pos. 165 - und vom 18.12.1976 - Dziennik Ustaw Nummer 40, Pos. 235),

2.

Sozialversicherung von Personen, die eine Wirtschaftstätigkeit ausüben (Nachfolgegesetz zu Nummer 1)

(zuletzt Gesetz vom 24.05.1989 - Dziennik Ustaw Nummer 32. pos. 169),

3.

Sozialversicherung von Personen, die aufgrund eines Agentur- oder Auftragsvertrages für Einrichtungen der vergesellschafteten Wirtschaft tätig sind

(zuletzt Gesetz vom 19.12.1975 - Dziennik Ustaw Nummer 45, Pos. 232),

4.

Sozialversicherung für sonstige selbständige Personen, die Mitglieder von Vereinigungen des privaten Handels und der Dienstleistungen sind

(Gesetz vom 18.12.1976 - Dziennik Ustaw Nummer 40, Pos. 235),

5.

Rentenversorgung der Landwirte aus Anlass der Übergabe der Landwirtschaft in das Staatseigentum

(Gesetz vom 29.05.1974 - Dziennik Ustaw Nummer 21, Pos. 118),

6.

Sozialversicherung der Landwirte

(Gesetz vom 20.12.1990 - Dziennik Ustaw Nummer 7, Pos. 24),

7.

Sozialversicherung für Kunstschaffende

(Gesetz vom 27.09.1973 - Dziennik Ustaw Nummer 38, Pos. 225),

8.

Sozialversicherung der Geistlichen

(Gesetz vom 17.05.1989 - Dziennik Ustaw Nummer 29, Pos. 156).

„Hinzurechnung“ von Nicht-Arbeitnehmerzeiten

Die ausschließlich in den besonderen Nicht-Arbeitnehmersystemen (Abschnitt 2.4) zurückgelegten Zeiten sind grundsätzlich nicht abkommensrelevant. Solche Zeiten konnten jedoch innerhalb der in Polen bestehenden Sicherungssysteme „wandern" und daher unter bestimmten Voraussetzungen zusätzlich zu vorhandenen Arbeitnehmerzeiten (im Sinne von den Abschnitten 2.1 und 2.2) berücksichtigt werden.

Zeiten in polnischen Nicht-Arbeitnehmersystemen (zum Beispiel in der Handwerkerversorgung) können daher auch vom DPRA 1975 erfasst werden, wenn sie auf ein polnisches Arbeitnehmersystem „übergegangen“ sind. Das heißt, wenn sie im (polnischen) Leistungsfall auch in diesem Arbeitnehmersystem „hinzurechenbar“ (anrechenbar) sind oder wären.

Das ist der Fall, wenn

1.

in der Republik Polen bis zur Ausreise eine Rente aus einem Arbeitnehmersystem (Abschnitt 2.1) oder aus einem „gleichgestellten“ System (Abschnitt 2.2) bezogen wurde, in der solche Sonderzeiten angerechnet wurden.

Siehe Beispiel 1

2.

zuletzt vor der Ausreise aus der Republik Polen eine Beschäftigung in den Arbeitnehmersystemen (Abschnitt 2.1) oder in einem „gleichgestellten“ System (Abschnitt 2.2) ausgeübt wurde.

Siehe Beispiel 2

Zu den Beschäftigungen gehört auch der gesetzliche Wehrdienst (siehe TOP 6 (D) der Verbindungsstellenbesprechung 05/2008). Eine im Arbeitnehmersystem rechtserhebliche Zeit der Kindererziehung erfüllt diese Voraussetzung nicht, weil es sich dabei nicht um eine „Beschäftigung als Arbeitnehmer“ handelt.
3.zuletzt eine Dienstzeit als Uniformierter zurückgelegt wurde, aber kein Anspruch aus dem Uniformiertensystem besteht.
4.In Sonderfällen können auch Zeiten, die zuletzt in Polen (vor der Ausreise) in einem der Nicht-Arbeitnehmersysteme (Abschnitt 2.4) zurückgelegt wurden, als hinzurechenbare Zeiten zu vorhergehenden Arbeitnehmerzeiten angerechnet werden. Dies ist dann möglich, wenn noch kein Leistungsanspruch aus dem Nicht-Arbeitnehmersystem, wohl aber aus dem Arbeitnehmersystem bestand oder besteht.
Die Beurteilung, ob in solchen Fällen polnische Nicht-Arbeitnehmerzeiten hinzurechenbar und damit abkommensrelevant sind, obliegt jedoch allein der polnischen Sozialversicherungsanstalt (ZUS). Dazu muss ihr das komplette polnische Berufsleben des Betroffenen bekannt gegeben werden.

Änderung der Rechtsvorschriften

Art. 2 Abs. 2 DPRA 1975 befasst sich mit den Auswirkungen von Änderungen im innerstaatlichen Recht auf die Abkommensanwendung. Mit dieser Regelung wird sichergestellt, dass Änderungen in den Rechtsvorschriften beider Vertragsstaaten berücksichtigt werden können, ohne dass deswegen Neuverhandlungen des Abkommens erforderlich sind.

Rückwirkende Änderung polnischer Rechtsvorschriften

Bei der Feststellung einer deutschen DPRA-1975-Rente bestimmen sich die abkommensrelevanten Zeiten grundsätzlich nach den zum Zeitpunkt des Rentenbeginns aktuellen polnischen Rechtsvorschriften.

Frühere Änderungen der polnischen Rechtsvorschriften waren unproblematisch, weil sie immer nur für zukünftige Leistungsfälle anzuwenden waren und sich daher bei einer deutschen Abkommensrente auch erst auf zukünftige Versicherungsfälle (ab Inkrafttreten der Änderung) auswirkten.

Mit dem polnischen Anpassungsgesetz vom 17.10.1991 (in Kraft ab 15.11.1991) haben polnische Rechtsänderungen erstmalig auch auf in der Vergangenheit liegende (polnische) Leistungsfälle Einfluss genommen, weil dieses Gesetz die Neufeststellung von (polnischen) Bestandsrenten ermöglicht. Die mit dem Anpassungsgesetz vom 17.10.1991 zusätzlich anrechenbaren Zeiten werden somit durch das polnische Recht grundsätzlich auch im Rahmen des DPRA 1975 (rückwirkend) als abkommensrelevante Zeiten zur Verfügung gestellt.

Derartige rückwirkende Rechtsänderungen haben jedoch keine Auswirkung auf die nach dem DPRA 1975 bereits zuerkannten deutschen Abkommens-Bestandsrenten. Da die Gewährung von DPRA-1975-Renten nach innerstaatlichen Grundsätzen erfolgt (Art. 4 Abs. 1 DPRA 1975) und polnische Zeiten so zu berücksichtigen sind, als wären sie in Deutschland zurückgelegt (Eingliederungsprinzip; Art. 4 Abs. 2 DPRA 1975), ist auch eine eventuelle Neufeststellung von Bestandsrenten nicht nach polnischen, sondern nach innerstaatlichen Grundsätzen zu beurteilen.

Ein mit den polnischen Rechtsänderungen vergleichbarer innerstaatlicher Tatbestand ist im Übergang vom AVG, RVO, RKG zum SGB VI zu sehen. § 306 Abs. 1 SGB VI bestimmt in diesem Zusammenhang, dass die Entgeltpunkte aufgrund des Hinzutritts beziehungsweise der Herausnahme von Zeiten durch geänderte Rechtsvorschriften nicht neu zu bestimmen sind. Diese innerstaatliche Regelung ist insoweit auch auf deutsche Abkommens-Bestandsrenten bei rückwirkenden Veränderungen im polnischen Recht zu übertragen. Es ist damit eine Korrektur von DPRA-1975-Bestandsrenten nach § 48 SGB X in analoger Anwendung der Grundsätze des § 306 SGB VI nicht erforderlich (bestätigt durch LSG Berlin vom 27.03.2000, AZ: L 16 RA 259/95).

Polnische Rechtsänderungen entfalten ihre Wirkung somit erst bei Nachfolgerenten aufgrund eines neu zu bestimmenden Rentenbeginns.

Frühere DPRA-1975-Herstellungsbescheide sind gemäß § 48 SGB X spätestens im deutschen Leistungsfall der vom polnischen Recht bestimmten aktuellen Abkommensrechtslage anzupassen.

Reform des polnischen Sozialversicherungssystems 1999

Die in Art. 2 Abs. 1 DPRA 1975 genannten und damit bisher vom sachlichen Geltungsbereich des Abkommens erfassten polnischen Systeme wurden mit Wirkung ab 01.01.1999 reformiert. Es wurde eine weitgehend einheitliche Rentenversicherung für alle Berufstätigen nach dem Gesetz vom 13.10.1998 über das System der Sozialversicherungen (Dziennik Ustaw Nummer 137, pos. 887) geschaffen. Im Zuge dieser Reform traten auch die gesetzlichen Bestimmungen zu den in den Abschnitten 2.2 und 2.4 genannten Systemen (mit Ausnahme der Sozialversicherung der Landwirte) außer Kraft. Besondere Sicherungssysteme bestehen nur noch für Richter/Staatsanwälte, für „Uniformierte“ sowie für selbständige Landwirte.

Unter Berücksichtigung der bei den deutsch-polnischen Regierungsverhandlungen 06/2000 getroffenen Absprachen zum sachlichen Geltungsbereich ist für die Beurteilung der Abkommensrelevanz polnischer Versicherungszeiten die am 31.12.1998 gültige polnische Rechtslage auch auf DPRA-1975-Leistungsfälle ab 01.01.1999 anzuwenden.

Damit werden polnische Arbeitnehmerzeiten weiterhin regelmäßig vom sachlichen Geltungsbereich des DPRA 1975 erfasst; für „gleichgestellte“ Zeiten gelten die Besonderheiten gemäß den Abschnitten 2.2 und 2.3 fort. Polnische Nicht-Arbeitnehmerzeiten werden weiterhin grundsätzlich nicht erfasst. Für einen ausnahmsweisen Übergang polnischer Nicht-Arbeitnehmerzeiten in den sachlichen Geltungsbereich des DPRA 1975 gelten die in Abschnitt 2.4.1 dargestellten Möglichkeiten fort.

Für die Eingliederung der polnischen Versicherungszeiten in eine ab 01.01.1999 beginnende deutsche Rente müssen aber die Regelungen des aktuellen polnischen Leistungsgesetzes beachtet werden. Dabei handelt es sich um das Gesetz vom 17.12.1998 über Altersrenten und Renten aus dem Sozialversicherungsfonds (Dziennik Ustaw Nummer 162, pos. 1118).

Weitere Behandlung der polnischen Zeiten

Die Prüfung nach den Abschnitten 2 und 3, welche polnischen Zeiten vom Abkommen erfasst werden, bildet nur den 1. Schritt der Abkommensanwendung.

Ob und inwieweit abkommensrelevante polnische Zeiten in einem 2. Schritt in die deutsche Rentenversicherung eingliederungsfähig sind, bestimmt Art. 4 Abs. 2 DPRA 1975 in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 ZustG zum DPRA 1975 (siehe GRA zu Art. 2 ZustG-DPRA-1975).

Nicht abkommensrelevante Zeiten können auch nicht eingegliedert werden.

Für alle FRG-Berechtigten ist aber stets die Berücksichtigung nach dem FRG zu prüfen.

Ab 01.05.2004 werden nicht abkommensrelevante Zeiten außerdem vom sachlichen Geltungsbereich des Europarechts erfasst und stehen somit für die Anspruchsprüfung und die Rentenberechnung zur Verfügung.

Bezieht ein Rentner eine Rente, in der die polnischen Zeiten im Rahmen des DPRA 1975 eingegliedert sind, ist auf Antrag zu prüfen, ob die Rente nach Europarecht neu festzustellen ist.

Eine Neufeststellung kommt in Betracht, wenn Versicherungszeiten in polnischen Systemen zurückgelegt worden sind, die nicht vom sachlichen Geltungsbereich des DPRA 1975 erfasst werden.

Sind ausschließlich polnische Zeiten zurücklegt worden, die vom DPRA 1975 erfasst werden, kommt eine Neufeststellung nicht in Betracht; dies selbst dann nicht, wenn wegen des „FRG-Filters“ (Art. 2 Abs. 1 ZustG zum DPRA 1975) nicht alle polnischen Zeiten eingegliedert werden konnten.

Beispiel 1: Rente mit Nicht-Arbeitnehmerzeiten

(Beispiel zu Abschnitt 2.4.1)
Versicherung im Arbeitnehmersystem01/1960 bis 12/1964
Tätigkeit als Handwerker (ohne Versicherung)01/1965 bis 06/1965
Versicherung im Handwerkersystem07/1965 bis 12/1970
Versicherung im Arbeitnehmersystem01/1971 bis 12/1988
Rente aus dem Arbeitnehmersystem01/1989 bis 11/1990
Lösung:

Nach polnischem Recht gehen die Zeiten im Nicht-Arbeitnehmersystem von 1965 bis 1970 auf das Arbeitnehmersystem über, weil zuletzt eine Versicherung in diesem System bestand. Folglich waren alle polnischen Zeiten im Leistungsfall im polnischen Arbeitnehmersystem anrechenbar und es wurde daraus eine Rente gezahlt. Für den deutschen Träger sind alle Zeiten abkommensrelevant im Sinne von Art. 4 Abs. 2 DPRA 1975.

Inwieweit diese Zeiten auch eingliederungsfähig sind, ist dann in einem zweiten Schritt nach Art. 4 Abs. 2 DPRA 1975 in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 ZustG zum DPRA 1975 zu beurteilen.

Beispiel 2: Letzte Versicherung im Arbeitnehmersystem

(Beispiel zu Abschnitt 2.4.1)
Versicherung im Arbeitnehmersystem01/1960 bis 12/1964
Tätigkeit als Handwerker (ohne Versicherung)01/1965 bis 06/1965
Versicherung im Handwerkersystem07/1965 bis 06/1990
Versicherung im Arbeitnehmersystem07/1990 bis 09/1990
Ausreise nach Deutschland10/1990
Lösung:

Nach polnischem Recht gehen die Zeiten im Nicht-Arbeitnehmersystem von 1965 bis 06/1990 auf das Arbeitnehmersystem über, weil zuletzt eine Versicherung in diesem System bestand. Folglich wären alle polnischen Zeiten im Leistungsfall im polnischen Arbeitnehmersystem anrechenbar und sind daher für den deutschen Träger abkommensrelevant im Sinne von Art. 4 Abs. 2 DPRA 1975.

Inwieweit diese Zeiten auch eingliederungsfähig sind, ist dann in einem zweiten Schritt nach Art. 4 Abs. 2 DPRA 1975 in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 ZustG zum DPRA 1975 zu beurteilen.

Gesetz zu dem Abkommen vom 09.10.1975

Inkrafttreten: 01.05.1976 (Abkommen)

Quelle: BGBl. II 1976 S. 393 ff.

Mit dem vorgenannten Gesetz wurde das Abkommen Bestandteil der deutschen Rechtsordnung. Das Abkommen und damit auch Art. 2 DPRA 1975 sind zum 01.05.1976 in Kraft getreten.

Zusatzinformationen

Rechtsgrundlage

Art. 2 DPRA