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§ 117 SGB X: Schadensersatzansprüche mehrerer Leistungsträger

Änderungsdienst
veröffentlicht am

20.08.2019

Änderung

Neu aufgenommen

Dokumentdaten
Stand04.10.2016
Rechtsgrundlage

§ 117 SGB X

Version001.00

Allgemeines

Die Vorschrift regelt, in welchem Umfang der Sozialleistungsträger in den Fällen des § 116 Abs. 2 und 3 SGB X bei Leistungen anderer Träger legitimiert ist, seine Regressforderung gegenüber dem Ersatzpflichtigen geltend zu machen.

Aufgrund der in Satz 1 angeordneten Gesamtgläubigerschaft ist jeder Leistungsträger zunächst berechtigt, seine Aufwendungen bis zur Höhe des gesamten Schadensersatzanspruchs des Geschädigten auf sich überzuleiten und geltend zu machen. Intern ist er jedoch nach Maßgabe des Satzes 2 zum Ausgleich an die übrigen Gesamtgläubiger entsprechend dem Verhältnis ihrer tatsächlichen Belastungen zueinander verpflichtet (vgl. Kater in Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, 88. EL Dezember 2015, § 117 SGB X, Rn. 2).

§ 117 SGB X setzt einen Forderungsübergang gemäß § 116 SGB X voraus und gilt für die in § 116 SGB X erfassten Leistungsträger. Das sind die Träger der gesetzlichen Renten-, Kranken-, Unfallversicherung, die Sozialhilfeträger, die Bundes-agentur für Arbeit und die Träger der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem SGB II (vgl. § 116 Abs. 10 SGB X).

Die Vorschrift des § 117 SGB X ist am 01.07.1983 in Kraft getreten und gilt nur für Schadensfälle, die sich nach dem 30.06.1983 ereignet haben.

Anwendungsbereich

Nach dem Wortlaut ist § 117 SGB X nur anzuwenden, wenn die Leistungen aller Träger die Haftungshöchstsumme (§ 116 Abs. 2 SGB X) beziehungsweise den aufgrund der Mithaftung quotierten Schaden (§ 116 Abs. 3 SGB X) übersteigen.

Nicht erfasst werden danach die Fälle mit voller Haftung, in denen die von den Sozialleistungsträgern aufgewendeten Leistungen den übergangsfähigen Schaden insgesamt übersteigen. Für diese Fälle ist § 117 SGB X entsprechend anzuwenden, da insoweit von einer gesetzlichen Regelungslücke auszugehen ist. Eine entsprechende Anwendung gilt auch für den Fall, dass die Regressansprüche wegen Zahlungsunfähigkeit/Insolvenz des Ersatzpflichtigen nicht in voller Höhe realisiert werden können (vgl. Kater in Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, 88. EL Dezember 2015, § 117 SGB X, Rn. 15, 16).

Gesamtgläubigerschaft

Wenn mehrere Leistungsträger Sozialleistungen erbracht haben, sind sie nach § 117 S. 1 SGB X Gesamtgläubiger. Die Gesamtgläubigerschaft umfasst alle Ersatzansprüche, die auf die beteiligten Leistungsträger wegen aller infolge eines Schadensfalles erbrachten Sozialleistungen übergegangen sind, gleichgültig, ob die Leistungen der anderen Träger zeitgleich oder nacheinander erfolgt sind. Entscheidend ist, dass der jeweilige Träger die Leistung endgültig zu tragen hat, das heißt kein Fall der §§ 102 - 105 SGB X vorliegt. Jeder Leistungsträger kann als Gesamtgläubiger den gesamten Ersatzanspruch des Geschädigten gegenüber dem Ersatzpflichtigen geltend machen. Er ist nicht beschränkt auf die Höhe der eigenen Leistung (vgl. Kater in Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, 88. EL Dezember 2015, § 117 SGB X, Rn. 4, 7).

Der Ersatzpflichtige hat den gesamten geschuldeten Ersatz jedoch nur einmal zu bezahlen. Dabei kann er sich nur dem Leistungsträger gegenüber auf Einwendungen und Einreden berufen, die diesem gegenüber bestehen (zum Beispiel die Einrede der Verjährung). Ist gegenüber dem anderen Leistungsträger zum Beispiel noch keine Verjährung eingetreten, kann dieser als Gesamtgläubiger die Forderung geltend machen, ohne dass der Ersatzpflichtige dabei den verjährten Anteil der Forderung in Abzug bringen kann (vgl. §§ 428, 429 Abs. 3, 425 BGB).

Die Regeln der Gesamtgläubigerschaft nach § 117 SGB X sind im Fall des § 116 Abs. 2 SGB X auf das Verhältnis der Sozialleistungträger zu anderen Trägern (Versorgungsträger nach dem BVG, beamtenrechtlicher Dienstherr) entsprechend anzuwenden, wenn die Leistungen sachlich und zeitlich kongruent zum Schaden sind, den sie beheben. Keine Gesamtgläubigerschaft mit den Leistungen anderer Träger (Versorgungsträger nach dem BVG, beamtenrechtlicher Dienstherr) besteht dagegen im Fall des § 116 Abs. 3 SGB X, weil dem Geschädigten bei Mitverschulden/Mitverantwortung gegenüber dem Versorgungsträger/Dienstherrn ein Quotenvorrecht zusteht, so dass die in § 116 SGB X erfassten Leistungsträger ihren Ersatzanspruch unabhängig von etwaigen Leistungen des Versorgungsträgers/Dienstherrn nach § 116 Abs. 3 Satz 1 SGB X zu ermitteln haben und im Verhältnis zueinander nur Teilgläubiger sind. Keine Gesamtgläubigerschaft nach § 117 SGB X besteht beim Arbeitgeberregress für einen geschädigten Arbeitnehmer, weil der Forderungsübergang nach § 6 EFZG erst im Zeitpunkt der Arbeitgeberleistung und damit zeitlich später als im Fall des § 116 SGB X (Tag der Schädigung) erfolgt (vgl. Kater in Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, 88. EL Dezember 2015, § 117 SGB X, Rn. 7-10).

Der Erlassvertrag (§ 397 Abs. 1 BGB) eines Gesamtgläubigers wirkt nicht für und gegen die anderen Gesamtgläubiger. Dies gilt auch für den Abfindungsvergleich, bei dem der Gesamtgläubiger nur über den Anteil verfügt, der ihm im Innenverhältnis gegenüber den anderen Gesamtgläubigern zusteht. Die Erfüllung des Anspruchs hat dagegen Gesamtwirkung für alle Gesamtgläubiger (vgl. Kater in Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, 88. EL Dezember 2015, § 117 SGB X, Rn. 5, 22 m. w. N.).

Innenausgleich

§ 117 Satz 2 SGB X regelt den Innenausgleich zwischen den Gesamtgläubigern. Danach sind sie einander zum Ausgleich entsprechend der erbrachten kongruenten Leistungen für denselben Zeitraum verpflichtet.

Die Haftungsquote ist hierbei zu berücksichtigen.

Der Ausgleichsanspruch der Träger, die gleichzeitig kongruente Leistungen erbringen, errechnet sich nach der Formel

Ersatzanspruch x Leistung Träger A
Gesamtleistung aller Sozialleistungsträger

Ist der Schuldner ein Haftpflichtversicherer, so werden die einzelnen Gesamtgläubiger sinnvollerweise nur die ihnen im Innenverhältnis zustehende Quote gegenüber dem Haftpflichtversicherer geltend machen.

Im Falle eines Teilungsabkommens mit dem Haftpflichtversicherer des Ersatzpflichtigen ermittelt der Leistungsträger zunächst den im Innenverhältnis zu den anderen Gesamtgläubigern auf ihn entfallenden Anteil. Davon errechnet sich dann die im Teilungsabkommen vereinbarte Quote (vgl. Kater in Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, 88. EL Dezember 2015, § 117 SGB X, Rn. 23).

Satz 3 modifiziert die Aufteilungsregelung nach § 117 Satz 2 SGB X. Danach steht dem Sozialleistungsträger im Innenverhältnis der Schadensersatzanspruch allein zu, wenn er im Außenverhältnis die Sozialleistung auch allein erbracht hat (zum Beispiel bei den Beiträgen zur KVdR).

Satz 4 gibt dem Sozialleistungsträger die Möglichkeit, im Wege der Vereinbarung intern ein von Satz 2 abweichendes Ausgleichsverhältnis zu vereinbaren.

Verfahren

Rechtsstreitigkeiten über den Innenausgleich sind zivilrechtlicher Natur und somit vor den ordentlichen Gerichten auszutragen.

Zusatzinformationen

Rechtsgrundlage

§ 117 SGB X