Navigation und Service

Logo der Deutschen Rentenversicherung (Link zur Startseite rvRecht)

rvRecht® - Rechtsportal der Deutschen Rentenversicherung

§ 76 SGB X: Einschränkung der Übermittlungsbefugnis bei besonders schutzwürdigen Sozialdaten

Änderungsdienst
veröffentlicht am

02.05.2022

Änderung

In Abschnitt 3.2 wurde eine Ausnahme zum Widerspruchsrecht ergänzt.

Dokumentdaten
Stand21.04.2022
Erstellungsgrundlage in der Fassung des Siebten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 12.06.2020 in Kraft getreten am 01.07.2020
Rechtsgrundlage

§ 76 SGB X

Version005.00
Schlüsselwörter
  • 1939

Inhalt der Regelung

§ 76 SGB X ist immer dann zu beachten, wenn es um die Übermittlung besonders sensibler und damit verstärkt schutzwürdiger Sozialdaten geht, die eine in § 35 SGB I genannte Stelle (Sozialleistungsträger) von einem Arzt oder einer anderen in § 203 Abs. 1 und 4 StGB genannten Person erhalten hat. Er enthält keine eigenständige Übermittlungsbefugnis, sondern schränkt eine nach § 69 SGB X bis § 75 SGB X an sich zulässige Übermittlung von Sozialdaten ein.

§ 76 SGB X verlängert in seinem Absatz 1 die ärztliche Schweigepflicht des § 203 Abs. 1 und 4 StGB auf die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung und lässt eine Übermittlung medizinischer Unterlagen/Daten nur mit vorheriger schriftlicher Einwilligung der Betroffenen zu.

Erleichterungen gelten nach Absatz 2 Nummer 1 für Übermittlungen im Sozialleistungsbereich; hier ist eine Datenübermittlung zunächst auch ohne Einwilligung der Betroffenen gestattet. Die Betroffenen haben jedoch ein Widerspruchsrecht.

Ergänzende/korrespondierende Regelungen

§ 76 SGB X ist eine bereichsspezifische Regelung zur Datenverarbeitung gemäß Art. 6 Abs. 1 Buchst. c und e DSGVO in Verbindung mit Art. 6 Abs. 2 und Abs. 3 S. 1 Buchst. b, S. 2 DSGVO. Die Verarbeitung besonderer Kategorien von Daten ist gemäß Art. 9 Abs. 2 Buchst. b und h DSGVO in Verbindung mit Art. 9 Abs. 4 DSGVO erfasst.

§ 76 Abs. 1 SGB X verweist auf § 203 StGB und schränkt eine nach den §§ 68 bis 75 SGB X zulässige Übermittlung ein, soweit es um besonders sensible, meist medizinische Daten geht.

Diese sensiblen (medizinischen) Daten und Unterlagen dürfen regelmäßig nur mit Einwilligung der Betroffenen übermittelt werden. Die Einwilligung muss sich an Art. 4 Nr. 11 DSGVO, Art. 7 DSGVO und § 67b Abs. 2 SGB X orientieren.

Erleichterte Voraussetzungen gelten nach § 76 Abs. 2 SGB X für Übermittlungen innerhalb des Sozialleistungsbereichs nach § 69 Abs. 1 Nr. 1 und 2 SGB X, im Rahmen des § 69 Abs. 4 und 5 SGB X, des § 71 Abs. 3 SGB X sowie des § 94 Abs. 2 S. 2 SGB XI.

§ 76 Abs. 3 SGB X schließt das Widerspruchsrecht der Betroffenen für die Fälle des § 275 Abs. 1 bis 3 und 3b SGB V, des § 275c Abs. 1 SGB V und des § 275d Abs. 1 SGB V aus.

Schweigepflicht - Übermittlung nur mit Einwilligung - (§ 76 Abs. 1 SGB X)

Aus dem Verbot der Verarbeitung besonderer Kategorien von Daten (Art. 9 Abs. 1 DSGVO) mit Erlaubnisvorbehalt (Art. 9 Abs. 2 DSGVO) folgt, dass die Datenverarbeitung solcher Daten nur unter bestimmten Voraussetzungen zugelassen ist.

In der Praxis der Rentenversicherungsträger kann eine Verarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener Daten aufgrund Art. 9 Abs. 2 Buchst. b oder h DSGVO zulässig sein. „Verarbeitung“ ist gem. Art. 4 Nr. 2 DSGVO jeder ausgeführte Vorgang mit personenbezogenen Daten, auch die Übermittlung.

Die Übermittlung von Sozialdaten ist im Sozialrecht nach §§ 68 bis 75 SGB X zulässig, § 76 Abs. 1 SGB X schränkt eine zulässige Übermittlung sensibler, vor allem medizinischer Daten ein.

§ 76 Abs. 1 SGB X gewährleistet, dass das Arztgeheimnis und die sonstigen Berufsgeheimnisse des § 203 Abs. 1 und 4 StGB (Strafgesetzbuch) auch dann gewahrt werden, wenn der Arzt oder eine andere hiernach zur Geheimhaltung verpflichtete Person Daten an einen Träger der gesetzlichen Krankenversicherung oder eine andere in § 35 SGB I genannte Stelle weiterleitet.

Sozialdaten, die von einer in § 203 Abs. 1 und 4 StGB aufgeführten Person an die Rentenversicherung übermittelt wurden, dürfen von der Rentenversicherung gemäß § 76 Abs. 1 SGB X nur unter denselben Voraussetzungen übermittelt, also an Dritte weitergegeben werden, unter denen diese Person die Daten übermitteln dürfte. Dies ist regelmäßig nur mit Einwilligung der Betroffenen der Fall.

§ 76 Abs. 1 SGB X verlängert also die (ärztliche) Schweigepflicht auf die Rentenversicherungsträger. Er benennt nicht konkret die Daten, für die besondere Übermittlungsvoraussetzungen gelten, sondern stellt darauf ab, von wem die Rentenversicherung die Daten erhalten hat.

Personen im Sinne von § 203 Abs. 1 und 4 StGB sind (soweit regelmäßig für den Aufgabenbereich der gesetzlichen Rentenversicherung von Bedeutung)

  • Ärzte,
  • Zahnärzte,
  • Apotheker,
  • Angehörige eines anderen Heilberufs, für deren Berufsausübung oder Führung der Berufsbezeichnung eine staatlich geregelte Ausbildung erforderlich ist (zum Beispiel Psychotherapeuten),
  • Berufspsychologen mit staatlich anerkannter wissenschaftlicher Abschlussprüfung,
  • Ehe-, Erziehungs- oder Jugendberater sowie Berater für Suchtfragen in einer Beratungsstelle, die von einer Behörde oder Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts anerkannt ist.

Diesen Personen stehen ihre berufsmäßig tätigen Gehilf*innen und die Personen gleich, die bei ihnen zur Vorbereitung auf den Beruf tätig sind.

Werden einem Rentenversicherungsträger von diesen Personen Daten zugänglich gemacht, darf ihre Übermittlung gemäß § 76 Abs. 1 SGB X nur insoweit erfolgen, als diese Personen selbst übermittlungsbefugt wären. Konkret ist danach eine Übermittlung nur

zulässig.

Beachte:

Die Einwilligung ist höchstpersönlich zu erklären. Eine Bevollmächtigung (§ 13 SGB X) ist nicht zulässig. Bei nachgewiesener fehlender Einsichtsfähigkeit, zum Beispiel durch Vorlage eines entsprechenden ärztlichen Attestes/Gutachtens, kann die Einwilligung durch einen eingesetzten Betreuer erklärt werden (AGRTAQ 2/2014, TOP 2).

Hinweis:

In Abschnitt 6 werden die datenschutzrechtlichen Grundlagen und Voraussetzungen der Weitergabe medizinischer Daten/Unterlagen für die häufigsten Konstellationen in der Praxis näher dargestellt. Auf die Besonderheiten, die für den Reha-Entlassungsbericht gelten, wird in Abschnitt 6.3.1 näher eingegangen.

Das Übermittlungsverbot in § 76 Abs. 1 SGB X gilt ausdrücklich (nur) für die medizinischen Sozialdaten, die den Trägern der Deutschen Rentenversicherung durch Ärzte oder andere in § 203 Abs. 1 und 4 StGB genannten Personen zugänglich gemacht worden sind. In der Verwaltungspraxis der Rentenversicherungsträger ist jedoch eine Zuordnung, durch welche Personen oder Stellen Daten zugänglich gemacht worden sind, insbesondere im Verlaufe länger andauernder Verwaltungsverfahren, nicht immer eindeutig möglich. Die Träger der Deutschen Rentenversicherung weiten den Schutz des § 76 Abs. 1 SGB X daher auf alle bei den Trägern vorliegenden besonders schutzwürdigen medizinischen Unterlagen aus. Das heißt, dass auch die von der betroffenen Person selbst oder anderen Sozialleistungsträgern übermittelten medizinischen Unterlagen nur mit Einwilligung der betroffenen Person oder nach den Voraussetzungen der § 76 Abs. 2 SGB X übermittelt werden dürfen.

Übermittlung medizinischer Daten ohne Einwilligung (§ 76 Abs. 2 SGB X)

Nach § 76 Abs. 1 SGB X ist eine Übermittlung von Daten, die von Personen nach § 203 StGB übermittelt wurden (regelmäßig medizinische Daten/Unterlagen), grundsätzlich nur mit Einwilligung der Betroffenen zulässig (Abschnitt 2).

§ 76 Abs. 2 SGB X lässt eine Übermittlung in einigen Fällen (Nummern 1 bis 3) auch ohne Einwilligung der Betroffenen zu. Für die Rentenversicherung ist die Nummer 1 die Bedeutsamste (Abschnitt 3.1).

Datenübermittlungen im Sozialleistungsbereich (§ 76 Abs. 2 Nr. 1 SGB X)

Nach § 76 Abs. 2 Nr. 1 SGB X dürfen bestimmte medizinische Sozialdaten, die im Zusammenhang mit einer Begutachtung wegen der Erbringung von Sozialleistungen oder wegen der Ausstellung einer Bescheinigung übermittelt wurden (Abschnitt 3.1.1), zulässig im Rahmen des § 69 Abs. 1 Nr. 1 und 2 SGB X übermittelt werden.

Dies gilt nur, sofern kein Widerspruch der Betroffenen vorliegt (Abschnitt 3.1.2).

Liegen diese beiden Kriterien vor (Abschnitt 3.1.1 und Abschnitt 3.1.2), dürfen diese medizinischen Daten/Unterlagen zulässig im Rahmen von § 69 Abs. 1 Nr. 1 und 2 SGB X übermittelt werden.

Umfasst werden die Datenübermittlungen

  • zur Aufgabenerfüllung eines anderen Sozialleistungsträgers einschließlich damit zusammenhängender gerichtlicher oder Strafverfahren; zum Beispiel an gesetzliche Krankenkassen zur Prüfung des § 51 Abs. 1 SGB V (AGGDS 4/2013, TOP 10),
  • zur Aufgabenerfüllung der Rentenversicherung selbst; dies schließt insbesondere die Weitergabe von medizinischen Unterlagen an einen externen Gutachter zum Zwecke der Begutachtung ein.

Näheres kann der GRA zu § 69 SGB X entnommen werden.

Dadurch, dass Begutachtungsdaten unter Leistungsträgern grundsätzlich austauschbar bleiben, werden Doppeluntersuchungen vermieden. Dem liegt korrelierend mit § 96 Abs. 2 SGB X der Gedanke zugrunde, dass durch die Nutzung von bereits erstellten ärztlichen Gutachten durch verschiedene Sozialleistungsträger die betroffenen Personen nicht mit weiteren Untersuchungen, die unter Umständen in ihr Persönlichkeitsrecht oder Grundrecht auf Unverletzlichkeit des Körpers eingreifen, belastet und zudem überflüssige Kosten vermieden werden. Gleichzeitig wird für diesen Fall als besondere Garantie ein zusätzliches Widerspruchsrecht für die betroffene Person normiert.

Medizinische Unterlagen

Im Rahmen des § 69 Abs. 1 Nr. 1, 2 SGB X dürfen nur die medizinischen Daten/Unterlagen unter den erleichterten Bedingungen des § 76 Abs. 2 Nr. 1 SGB X an bestimmte andere Stellen übermittelt werden, die

  • im Zusammenhang mit einer Begutachtung wegen der Erbringung von Sozialleistungen oder
  • wegen der Ausstellung einer Bescheinigung

stehen.

Hierunter fallen auch Daten, die nicht unmittelbar mit der Begutachtung angefallen sind, aber im Zusammenhang mit der Begutachtung zugänglich gemacht wurden, zum Beispiel vorhandene hausärztliche Unterlagen oder Befundberichte.

Sämtliche im Zusammenhang mit der Beantragung einer Sozialleistung stehenden medizinischen Unterlagen können daher unter den erleichterten Bedingungen des § 76 Abs. 2 Nr. 1 SGB X übermittelt werden.

Beachte:

Der Reha-Entlassungsbericht erfüllt die vorstehend genannten Kriterien nicht, da er eine medizinische Unterlage ist, die nicht die Voraussetzung bzw. Grundlage für eine zu gewährende Sozialleistung darstellt, sondern eine gewährte Sozialleistung dokumentiert. Eine Übermittlung an Dritte kommt daher regelmäßig nur mit Einwilligung der betroffenen Person in Betracht (siehe Abschnitt 6.3.1).

Widerspruchsrecht der Betroffenen

Selbst bei Vorliegen der in Abschnitt 3.1.1 erläuterten Voraussetzungen ist eine Übermittlung nicht zulässig, wenn die Betroffenen dieser Übermittlung widersprochen haben (§ 76 Abs. 2 Nr. 1 SGB X).

Auf dieses Widerspruchsrecht wird zu Beginn des Verwaltungsverfahrens in den Reha- und Rentenantragsformularen hingewiesen. Durch Unterschrift erklären die Betroffenen, davon Kenntnis genommen zu haben. Das Widerspruchsrecht kann zu jedem Zeitpunkt wahrgenommen werden, also auch nach der Antragstellung zum Beispiel in einem formlosen Schreiben. Es reicht aus, wenn die Betroffenen darin zum Ausdruck bringen, dass sie „mit der Weitergabe meiner Daten“, „mit einer Weiterleitung an Dritte“ und so weiter nicht einverstanden sind.

Der Widerspruch gilt so lange, bis er zurückgenommen wird.

Ein Widerspruch nach § 76 Abs. 2 Nr. 1 SGB X umfasst sämtliche medizinische Daten/Unterlagen, die den Trägern der Deutschen Rentenversicherung im Zusammenhang mit der Erbringung von Sozialleistungen (Reha- und Rentenleistungen) vorliegen (Abschnitt 3.1.1). All diese Daten/Unterlagen dürfen ab dem Zeitpunkt, zu dem die Rentenversicherung Kenntnis von dem Widerspruch erhalten hat, nicht mehr übermittelt werden; weder auf Anfrage an andere Sozialleistungsträger noch zur eigenen Aufgabenerfüllung. Letzteres kommt dann vor, wenn eine (fach)ärztliche Begutachtung zum Beispiel im Widerspruchsverfahren erforderlich ist. Hier dürfen bei Vorliegen eines Widerspruchs dem zu beauftragenden Gutachter keine Vorbefunde mit gesandt werden.

Nicht notwendig ist, dass die betroffenen Personen vor einer beabsichtigten Datenübermittlung zunächst angehört werden, ob sie von dem Widerspruchsrecht Gebrauch machen wollen.

Ferner ist nicht erforderlich, dass der anfordernde Sozialleistungsträger die betroffenen Personen vorher auf das Widerspruchsrecht beim übermittelnden Träger hinweist (PGGDS 1/96, TOP 10).

Die Pflicht der betroffenen Person gemäß §§ 60 ff. SGB I an der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken, bleibt unberührt; darüber sind die betroffenen Personen nach § 66 Abs. 3 SGB I schriftlich aufzuklären.

Beachte:

Das Widerspruchsrecht ist höchstpersönlich. Eine Bevollmächtigung (§ 13 SGB X) ist nicht zulässig. Bei nachgewiesener fehlender Einsichtsfähigkeit kann das Widerspruchsrecht auch durch einen eingesetzten Betreuer wahrgenommen werden.

Datenübermittlung im Zusammenhang mit einem Erstattungs-oder Ersatzanspruch (§ 76 Abs. 2 Nr. 1a SGB X)

§ 76 Abs. 2 Nr. 1a SGB X ergänzt den Ausnahmekatalog des § 76 Abs. 2 SGB X und erlaubt eine Übermittlung im Rahmen der Geltendmachung und Durchsetzung sowie Abwehr eines Erstattungs- oder Ersatzanspruches an dritte Stellen oder Personen auch ohne Einwilligung des Betroffenen. Dem Betroffenen steht insoweit auch kein Widerspruchsrecht zu.

Damit wird der Vorschrift des § 76 Abs. 1 SGB IV Rechnung getragen, nach der Sozialleistungsträger verpflichtet sind, Einnahmen, zu denen unter anderem auch Ansprüche aus Erstattung zu Unrecht erbrachter Leistungen und Ersatzansprüche zählen, vollständig und rechtzeitig zu erheben.

Mit der Vorschrift soll insbesondere bei Regressansprüchen der Träger der Rentenversicherung eine doppelte Kompensation vermieden und damit die Solidargemeinschaft geschützt werden.

Die Empfänger der Sozialdaten unterliegen der Verpflichtung zur Geheimhaltung und Zweckbindung nach § 78 SGB X (sogenannter verlängerter Sozialdatenschutz) sowie gegebenenfalls auch den Pflichten zur Wahrung von Geheimnissen, die sich aus anderen Gesetzen (zum Beispiel Deutsches Richtergesetz, Bundesbeamtengesetz) ergeben. Eine unsachgemäße und unangemessene Benachteiligung der betroffenen Personen ist daher nicht anzunehmen.

Weitere Übermittlungsbefugnisse (§ 76 Abs. 2 Nr. 2 SGB X)

  • Übermittlungsbefugnisse der Krankenkasse an den Arbeitgeber
    Durch den Verweis auf § 69 Abs. 4 SGB X ist klargestellt, dass die Krankenkassen auch die besonders zu schützenden Sozialdaten ohne Einwilligung der Betroffenen an den Arbeitgeber übermitteln dürfen; jedoch ohne Übermittlung der Diagnosedaten.
  • Übermittlungsbefugnis an die Rechnungshöfe
    Nach § 69 Abs. 5 SGB X ist eine Datenübermittlung aller Sozialleistungsträger an die Rechnungshöfe und die weiteren in § 67c Abs. 3 S. 1 SGB X genannten Stellen (Aufsichts- und Kontrollbehörden) zulässig. § 76 Abs. 2 Nr. 2 SGB X bezieht auch die besonders schutzwürdigen Daten mit ein.
  • Übermittlungsbefugnis nach den Archivgesetzen
    Nach § 71 Abs. 1 S. 3 SGB X in Verbindung mit § 3 des Bundesarchivgesetzes hat die Rentenversicherung die Unterlagen, die sie zur Aufgabenerfüllung nicht mehr benötigt, dem Bundesarchiv zur Übernahme anzubieten und gegebenenfalls zu übergeben. § 76 Abs. 2 Nr. 2 SGB X lässt dies ausdrücklich auch für medizinische Unterlagen zu. Für Übermittlungen an die Landesarchive gelten die entsprechenden Landesvorschriften.

Im Gegensatz zur Datenübermittlung nach § 76 Abs. 2 Nr. 1 SGB X können die Betroffenen den Datenübermittlungen nach § 76 Abs. 2 Nr. 2 SGB X nicht widersprechen.

Übermittlungsbefugnis an das Betreuungsgericht (§ 76 Abs. 2 Nr. 3 SGB X)

§ 76 Abs. 2 Nr. 3 SGB X lässt eine Übermittlung medizinischer Unterlagen zur Feststellung einer Pflegebedürftigkeit durch die Pflegekassen an das Betreuungsgericht zu. Im Gegensatz zur Datenübermittlung nach § 76 Abs. 2 Nr. 1 SGB X können die Betroffenen der Datenübermittlung nach § 76 Abs. 2 Nr. 3 SGB X nicht widersprechen.

Kein Widerspruchsrecht bei Begutachtung und Beratung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung - MDK - (§ 76 Abs. 3 SGB X)

Nach § 76 Abs. 2 Nr. 1 SGB X haben die Betroffenen grundsätzlich das Recht, einer Weitergabe ihrer medizinischen Daten zu widersprechen (vergleiche Abschnitt 3.1.2).

Nach § 76 Abs. 3 SGB X haben die Betroffenen kein Widerspruchsrecht in den Fällen des § 275 Abs. 1 bis 3 und 3b SGB V, des § 275c Abs. 1 SGB V und des § 275d Abs. 1 SGB V. Geregelt ist hier die Einschaltung des MDK durch die gesetzliche Krankenversicherung zum Zweck der Durchführung bestimmter notwendiger Kontrollen durch den MDK. Für die Rentenversicherung hat diese Vorschrift keine Bedeutung.

Rechtfertigungsgründe

Rechtfertigender Notstand

In Einzelfällen stellt sich das Problem, dass konkrete Anhaltspunkte für eine Eigen- oder Fremdgefährdung bestehen.

Um in diesen Fällen Gefahr für Leib und Leben abzuwenden, müssen dritte Personen oder Stellen eingeschaltet und ihnen bestimmte - auch medizinische - Daten übermittelt werden. In Frage kommen hier je nach konkretem Einzelfall die behandelnden Ärzte oder zuständigen Fliegerärzte der betroffenen Personen, die Kraftfahrzeugstellen oder das Bundesluftfahrtamt. Bei akuter Selbstmordgefährdung oder Gefahr im Verzug wie etwa bei drohendem Amoklauf können auch die Polizeidienststellen eingeschaltet werden.

Für diese Datenübermittlung gibt es ohne Einwilligung der Betroffenen keine Rechtsgrundlage. Dennoch besteht hier unstrittig Handlungsbedarf; es handelt sich um einen sogenannten übergesetzlichen Notstand im Sinne von § 34 StGB.

Eine Datenübermittlung, die aufgrund eines übergesetzlichen (oder rechtfertigenden) Notstandes im Sinne des § 34 StGB vorgenommen wird, bleibt zwar für sich betrachtet unzulässig, ist dann aber gerechtfertigt. Die Schweigepflicht wird hier als nachrangig oder eingeschränkt gegenüber höherrangigen Rechtsgütern angesehen.

Schutz lebenswichtiger Interessen bei Einwilligungsunfähigkeit

Eine weitere Ausnahmeregelung vom Verarbeitungsverbot besonderer personenbezogener Daten wie medizinischer Daten besteht, wenn die betroffene Person aus körperlichen oder rechtlichen Gründen außer Stande ist, ihre Einwilligung zu geben, und dies zum Schutz lebenswichtiger Interessen der betroffenen Person oder einer anderen natürlichen Person erforderlich ist (Art. 9 Abs. 2 Buchst. c DSGVO, siehe GRA zu Art. 9 DSGVO).

Rechtliche Bewertung der Weitergabe medizinischer Daten

Nachstehend werden die datenschutzrechtlichen Grundlagen für den Austausch medizinischer Daten/Unterlagen zwischen der Rentenversicherung, den Reha-Kliniken und anderen Stellen oder Personen dargestellt (AGGDS 4/2013, TOP 8, AGGDS 3/2017, TOP 13).

In Abschnitt 6.3.1 wird auf die Besonderheiten der Daten des Reha-Entlassungsberichts eingegangen.

Übersendung medizinischer Daten zwischen der DRV und ihren eigenen Reha-Zentren

Die eigenen Reha-Einrichtungen (Reha-Zentren) sind Teil des Rentenversicherungsträgers (Verantwortlicher im Sinne von Art. 4 Nr. 7 DSGVO) und damit nicht Dritte im Sinne von Art. 4 Nr. 10 DSGVO. Bei der Übersendung von Sozialdaten handelt es sich somit nicht um eine Datenübermittlung an Dritte, sondern um eine Nutzung von Sozialdaten, also eine Verarbeitung (Weitergabe) innerhalb einer verantwortlichen Stelle. Näheres zu den einzelnen Begriffen kann der GRA zu Art. 4 DSGVO entnommen werden.

Eine Einwilligung der Betroffenen ist nicht erforderlich. Auch ein Widerspruchsrecht im Sinne von § 76 Abs. 2 Nr. 1 SGB X steht den Betroffenen nicht zu.

Dies gilt sowohl für die Zusendung medizinischer Daten/Unterlagen an die Reha-Einrichtungen als auch für die Übersendung des Reha-Entlassungsberichts von den eigenen Reha-Zentren an die Hauptverwaltung/Reha-Abteilung.

Übermittlung medizinischer Daten an externe Reha-Einrichtungen

Die Beauftragung sowohl von Vertragseinrichtungen als auch von Reha-Einrichtungen anderer Rentenversicherungsträger erfolgt nicht im Rahmen einer Datenverarbeitung im Auftrag im Sinne von Art. 28 DSGVO und § 80 SGB X (GRA zu Art. 28 DSGVO und GRA zu § 80 SGB X). In den Vertragseinrichtungen und auch den Reha-Einrichtungen anderer Rentenversicherungsträger steht die medizinische Behandlung der Patienten im Vordergrund, die in eigener Regie und Verantwortung erfolgt. Diese Einrichtungen sind daher datenschutzrechtlich als Dritte im Sinne von Art. 4 Nr. 10 DSGVO zu betrachten.

Bei der Weitergabe von medizinischen Daten/Unterlagen (Sozialdaten) an einen Dritten handelt es sich um eine Übermittlung. Eine Übermittlung von Sozialdaten ist nur unter den Voraussetzungen von Art. 6 DSGVO und Art. 9 DSGVO in Verbindung mit § 35 SGB I und §§ 67 ff. SGB X zulässig.

Die Übermittlung von Sozialdaten von den Rentenversicherungsträgern an die verschiedenen externen Reha-Einrichtungen (Vertragseinrichtungen und Reha-Einrichtungen anderer Rentenversicherungsträger) ist zur Erfüllung ihrer eigenen gesetzlichen Aufgabe - der Erbringung von Leistungen zur Teilhabe im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a SGB I in Verbindung mit § 15 Abs. 1 SGB VI - zulässig nach § 69 Abs. 1 Nr. 1 2. Alternative SGB X. Auf die GRA zu § 69 SGB X wird ergänzend hingewiesen.

Da es sich um medizinische Daten handelt, sind die Betroffenen zu Beginn des Verwaltungsverfahrens auf ihr Widerspruchsrecht nach § 76 Abs. 2 Nr. 1 SGB X hinzuweisen (Abschnitt 3.1.2).

Übermittlung des Reha-Entlassungsberichts von den Reha-Einrichtungen an die Rentenversicherung

Nachstehend werden die Rechtsgrundlagen für die Übermittlung des Reha-Entlassungsberichts von den Vertragseinrichtungen und Reha-Einrichtungen anderer RV-Träger an den für die Durchführung der Reha-Leistung zuständigen Rentenversicherungsträger dargestellt. Insbesondere die Frage, ob die Betroffenen in die Übermittlung einwilligen müssen oder ob ihnen ein Widerspruchsrecht zusteht, ist für die Verfahren und die Rechtssicherheit in den Reha-Einrichtungen von Bedeutung.

Bei der Zusendung des Reha-Entlassungsberichts von eigenen Reha-Zentren der RV-Träger an deren Hauptverwaltung/Reha-Abteilung handelt es sich nicht um eine Übermittlung an einen Dritten, sondern um eine Nutzung von Daten. Näheres hierzu in Abschnitt 6.1).

In Abschnitt 6.3.1 wird zunächst Allgemeines zum Reha-Entlassungsbericht vorangestellt.

Allgemeines zum Reha-Entlassungsbericht

Sämtliche medizinischen Sozialdaten, die während einer Leistung zur Teilhabe von einer Reha-Einrichtung erhoben werden, einschließlich der nach Abschluss der Maßnahme daraus erstellten Reha-Entlassungsberichte, sind keine Daten im Sinne des § 76 Abs. 2 Nr. 1 SGB X.

Diese Daten und der Entlassungsbericht sind regelmäßig nicht im Rahmen einer Begutachtung mit der Zweckbestimmung erhoben beziehungsweise erstellt worden, um eine Sozialleistung zu erhalten oder eine Bescheinigung ausgestellt zu bekommen (vergleiche Abschnitt 3.1.1). Die beantragte Sozialleistung ist hier regelmäßig die Leistung zur Teilhabe selbst.

Die Daten des Reha-Entlassungsberichts werden also im Rahmen einer bereits bewilligten Rehabilitationsmaßnahme bei einer Behandlung festgehalten. Die erleichterten Voraussetzungen des § 76 Abs. 2 Nr. 1 SGB X liegen somit nicht vor. Damit dürfen die Daten des Entlassungsberichts nach § 76 Abs. 1 SGB X nur mit Einwilligung der Betroffenen an Dritte übermittelt werden (Abschnitt 2).

Ausnahme:

An die Krankenkasse ist eine Übermittlung auch mit Einwilligung grundsätzlich nicht zulässig, siehe Abschnitt 6.4.1.

Einer Einwilligung bedarf es nicht für die Weiterleitung des Entlassungsberichts vom Reha-Zentrum an den Träger der Rentenversicherung, der für die Leistung zur Teilhabe der Leistungsträger war. Hier liegt keine Übermittlung an einen Dritten vor, vergleiche Abschnitt 6.1.

Umdeutung nach § 116 SGB VI

Auch in Fällen einer Umdeutung des Reha-Antrages in einen Rentenantrag darf der Reha-Entlassungsbericht nur mit Einwilligung der Betroffenen zulässig an Dritte übermittelt werden.

Zwar ist der Reha-Entlassungsbericht in den Fällen einer Umdeutung nach § 116 SGB VI durchaus auch im Zusammenhang mit einer Begutachtung wegen der Erbringung einer Sozialleistung zu sehen, nämlich der Bewilligung einer Rentenleistung. Er ist jedoch regelmäßig nicht originär für diesen Zweck erstellt worden. Es fehlt hier also der erforderliche Kausalzusammenhang.

Reha-Leistungen im Rentenverfahren

Werden im Rahmen eines Rentenverfahrens für die Betroffenen zunächst Leistungen zur Teilhabe (§ 4 SGB IX) durchgeführt, damit dann anhand des Reha-Entlassungsberichts über die beantragte Rentenleistung entschieden werden kann, ist der Reha-Entlassungsbericht sowie sämtliche von der Rehabilitationseinrichtung erhobenen medizinischen Daten zum Zweck der Erbringung einer Sozialleistung (hier: die beantragte Rente) erstellt worden. Sie erfüllen damit die erleichterten Übermittlungsvoraussetzungen des § 76 Abs. 2 Nr. 1 SGB X.

Eine Übermittlung des Reha-Entlassungsberichts ist zur eigenen Aufgabenerfüllung der Rentenversicherung oder für die Erfüllung gesetzlicher Aufgaben anderer Sozialleistungsträger nach dem SGB zulässig, sofern die Betroffenen nicht vom Widerspruchsrecht des § 76 Abs. 2 Nr. 1 SGB X Gebrauch gemacht haben (vergleiche Abschnitt 3.1.2). Auch hier gilt die Ausnahme von Abschnitt 6.4.1, eine Übermittlung an die Krankenkasse ist nicht vorzunehmen.

Zusendung durch Versicherte(n)

Werden Reha-Entlassungsberichte von den Betroffenen selbst in einem weiteren Verwaltungsverfahren (zum Beispiel späterer Rentenantrag) übersandt, so können sie in Anwendung des § 76 Abs. 2 Nr. 1 SGB X anderen Sozialleistungsträgern übermittelt oder zu beauftragenden Gutachtern als Vorbefund übersandt werden. Eine Einwilligung muss in diesem Fall nicht eingeholt werden. Regelmäßig haben die Betroffenen die Erklärung und Information in den Antragsvordrucken ohne Einschränkungen unterschrieben und sind auf ihr Widerspruchsrecht hingewiesen worden (Abschnitt 3.1.2).

Übermittlung des Reha-Entlassungsberichts von Vertragseinrichtungen an die Rentenversicherung

In den Vertragseinrichtungen werden zunächst die von der Rentenversicherung übermittelten medizinischen Daten/Unterlagen für die Durchführung der Reha-Leistung verarbeitet. Hierbei handelt es sich um Sozialdaten im Sinne von § 67 Abs. 2 SGB X.

Zusätzlich werden im Laufe der Behandlung weitere personenbezogene und vor allem medizinische Daten erhoben. Hierbei handelt es sich noch nicht um Sozialdaten, da diese Daten nicht von einem Sozialleistungsträger erhoben wurden. Diese Daten unterliegen den Vorschriften der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) und des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) oder in Ausnahmefällen den entsprechenden Landesdatenschutzgesetzen. Sie werden erst durch den Eingang beim Rentenversicherungsträger zu Sozialdaten.

Mit dem Reha-Entlassungsbericht werden sowohl die Sozialdaten als auch die weiteren erhobenen Daten an die Rentenversicherung übermittelt.

Die Rechtsgrundlagen für diese Übermittlungen werden in Abschnitt 6.3.2.1 für die Sozialdaten und in Abschnitt 6.3.2.2 für die sonstigen personenbezogenen Daten (begrenzt auf die DSGVO) dargestellt.

Sozialdaten

Bei den Vertragseinrichtungen unterliegen die von der Rentenversicherung übermittelten medizinischen Daten/Unterlagen (die Sozialdaten) nach § 78 Abs. 1 SGB X einer strengen Zweckbindung und sind dort genau so geheim zu halten wie bei der Rentenversicherung selbst.

Mit dieser Zweckbindung des § 78 SGB X will der Gesetzgeber sicherstellen, dass die Sozialdaten nach einer Übermittlung an eine private dritte Stelle, für die nicht das SGB gilt, trotzdem weiterhin dem besonderen Schutz des Sozialgeheimnisses unterstehen. Aus der Gesetzesbegründung geht eindeutig hervor, dass § 78 SGB X „die Rechtsstellung des Empfängers von Sozialdaten“ regelt (BT-Drucks. 8/4022 S. 87). Sie werden „fiktiv“ zu Sozialleistungsträgern.

§ 78 Abs. 1 SGB X regelt konkret, was ein Empfänger von Sozialdaten (hier die Vertragseinrichtung) unter welchen Voraussetzungen mit diesen Daten tun darf.

Die Vertragseinrichtungen dürfen die ihnen übermittelten Sozialdaten nur zu dem Zweck verarbeiten, zu dem sie diese Daten erhalten haben. Nach Art. 4 Nr. 2 DSGVO gehört zur Verarbeitung auch das Übermitteln.

Der Zweck der Verarbeitung durch die Vertragseinrichtungen liegt in der vertragsgemäßen Durchführung der medizinischen Leistungen zur Rehabilitation einschließlich der Erstellung des Reha-Entlassungsberichts für die Rentenversicherung als Instrument für die weitere Steuerung des Rehabilitationsprozesses beziehungsweise der Prüfung von Rentenleistungen.

Die Übermittlung von Sozialdaten durch die Vertragseinrichtungen (zurück) an die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung ist damit über § 78 SGB X zulässig, da sie zu dem Zweck erfolgt, zu dem die Vertragseinrichtungen die Daten erhalten haben.

Eine Einwilligung der Betroffenen ist nicht erforderlich.

Weitere personenbezogene Daten

Die Vertragseinrichtungen erheben während der Reha-Maßnahme neben den ihnen von der Rentenversicherung übermittelten Sozialdaten (Abschnitt 6.3.2.1) weitere personenbezogene Daten zur Erbringung dieser Leistung und zur Erfüllung der ärztlichen Dokumentationspflicht. Diese Daten, bei denen es sich überwiegend um medizinische Daten handelt, sind besondere Arten personenbezogener Daten nach Art. 9 DSGVO. Es handelt sich (noch) nicht um Sozialdaten im Sinne von § 67 Abs. 2 SGB X. Diese besonderen Arten von personenbezogenen Daten werden von den Vertragseinrichtungen zulässig nach Art. 9 Abs. 2 Buchst. h DGSVO in Verbindung mit Art. 9 Abs. 3 DSGVO zum Zweck der Gesundheitsversorgung und Behandlung erhoben.

Ein Teil dieser von den Vertragseinrichtungen erhobenen besonderen Arten von personenbezogenen Daten fließt - zusammen mit den Sozialdaten - in den Reha-Entlassungsbericht ein.

Der Reha-Entlassungsbericht wird von den Vertragseinrichtungen für die Rentenversicherungsträger im Rahmen der Beauftragung nach § 97 SGB X erstellt. Er liefert alle notwendigen Informationen über den Verlauf und das Ergebnis der Maßnahme. Der Bericht ist für die Entscheidungsfindung bei der Erbringung weiterer Leistungen zur Teilhabe oder im Rentenverfahren wegen Erwerbsminderung zwingend erforderlich und dient der weiteren Betreuung des Versicherten im Rahmen der Rehabilitation.

Die Übermittlung dieser weiteren personenbezogenen Daten als Bestandteil des Reha-Entlassungsberichts an die Rentenversicherung erfolgt zulässig nach Art. 6 Abs. 1 Buchst. b DSGVO in Verbindung mit Art. 9 Abs. 2 Buchst. h DGSVO in Verbindung mit Art. 9 Abs. 3 DSGVO, da sie für den Zweck verarbeitet (hierzu zählt auch die Übermittlung) werden, zu dem die Vertragseinrichtungen sie erhoben haben.

Eine Einwilligung der Betroffenen ist nicht erforderlich.

Übermittlung des Reha-Entlassungsberichts von Reha-Einrichtungen eines RV-Trägers an den für die medizinische Rehabilitation zuständigen RV-Träger

Die Reha-Einrichtungen anderer Rentenversicherungsträger sind Teil dieses Trägers (eine verantwortliche Stelle im Sinne von Art. 4 Nr. 7 DSGVO) und damit Stellen, die unmittelbar dem Sozialgeheimnis des § 35 SGB I unterliegen. Die Übermittlung von Sozialdaten ist nur zulässig, wenn die Voraussetzungen des § 35 SGB I in Verbindung mit §§ 67ff. SGB X vorliegen.

Die Übermittlungsbefugnis ergibt sich aus § 69 Abs. 1 Nr. 1 3. Alternative SGB X zur Erfüllung einer gesetzlichen Aufgabe der empfangenden Stelle, hier zur Erbringung von Leistungen zur Teilhabe im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a SGB I in Verbindung mit § 15 Abs. 1 SGB VI durch den für die medizinische Rehabilitation zuständigen Rentenversicherungsträger.

§ 67b Abs. 1 S. 3 SGB X in Verbindung mit § 69 Abs. 1 Nr. 1 3. Alternative SGB X und Art 9 Abs. 2 Buchst. b DSGVO lässt die Übermittlung medizinischer Sozialdaten ohne Einwilligung der Betroffenen zu, sofern es sich um eine Übermittlung zwischen den Trägern der gesetzlichen Rentenversicherung handelt und zu deren gesetzlicher Aufgabenerfüllung erforderlich ist. Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Auf die GRA zu § 67b SGB X und die GRA zu § 69 SGB X wird ergänzend hingewiesen.

Eine Einwilligung der Betroffenen ist nicht erforderlich.

Übermittlung des Reha-Entlassungsberichts an Dritte

Unter Abschnitt 6.1 wird ausgeführt, dass der ärztliche Entlassungsbericht (oder einzelne Daten daraus) grundsätzlich nur mit Einwilligung der betroffenen Person an dritte Personen oder Stellen übermittelt werden darf. Obwohl mit einer Einwilligung stets dem informationellen Selbstbestimmungsrecht umfassend Rechnung getragen wird, reicht die Einwilligung allein nicht aus, um zulässig Daten an Dritte zu übermitteln. Zusätzlich müssen die Daten auch tatsächlich für die gesetzliche Aufgabenerfüllung des Dritten, an den sie übermittelt werden sollen, erforderlich sein. Dies ist insbesondere bei gesetzlichen Krankenkassen nicht der Fall (Abschnitt 6.4.1).

Ob und unter welchen Voraussetzungen der Reha-Entlassungsbericht (oder einzelne Daten daraus) an dritte Stellen/Personen übermittelt werden darf, kann den Abschnitten 6.4.1 bis 6.4.5 entnommen werden.

Übermittlung an Krankenkassen

Auf Anfrage im Einzelfall dürfen mit Einwilligung der Betroffenen die Daten von Blatt 1 des Vordruckes zum ärztlichen Entlassungsbericht übermittelt werden. Es handelt sich um die Daten, die von den Krankenkassen unstrittig zu ihrer Aufgabenerfüllung benötigt werden; der Umfang dieser zulässig zu übermittelnden Daten ergibt sich aus § 301 SGB V.

Eine Übermittlung des vollständigen Reha-Entlassungsberichts an gesetzliche Krankenkassen ist grundsätzlich nicht vorzunehmen. Dies gilt auch, wenn sich die Krankenkasse auf eine Einwilligung der Betroffenen beruft oder eine solche vorlegt.

Ob die Kenntnis vollständiger Entlassungsberichte zur gesetzlichen Aufgabenerfüllung der Krankenkassen erforderlich ist, ist umstritten.

Nach Auffassung des Bundes- und der Landesbeauftragten für den Datenschutz ist die Kenntnis des Reha-Entlassungsberichts für die gesetzliche Aufgabenerfüllung der Krankenkassen nicht erforderlich; es besteht somit keine Rechtsgrundlage für die Krankenkassen diese Daten/Unterlagen zu erheben. Diese Rechtsgrundlage wird auch nicht durch eine Einwilligung der Betroffenen geschaffen. Die Voraussetzungen für eine zulässige Datenerhebung nach § 67a SGB X liegen somit - nach Auffassung des Bundes- und der Landesbeauftragten für den Datenschutz - nicht vor.

Die Träger der Rentenversicherung haben sich der Rechtsauffassung des Bundes- und der Landesbeauftragten für den Datenschutz angeschlossen (AGGDS 5/2007, TOP 4).

Ausnahme:

Mit der Schaffung des § 44 Abs. 4 SGB V zum 23.07.2015 ist jedoch nach Ansicht der Krankenkassen eine Erhebungsbefugnis für den vollständigen Reha-Entlassungsbericht geschaffen worden. Dieser Ansicht haben sich die Träger der Rentenversicherung vorerst angeschlossen (AGGDS 3/2017, TOP 13). Danach ist in den Ausnahmefällen des Krankengeldfallmanagements für die Einzelfallberatung mit Einwilligung des Betroffenen die Übersendung des vollständigen Reha-Entlassungsberichts zulässig. Ob diese Rechtsauffassung aufrechterhalten werden kann, wird derzeit mit dem BfDI und den Krankenkassen erörtert.

Übermittlung an MDK

Mit Einwilligung der Betroffenen darf auf Anforderung Blatt 1 des Reha-Entlassungsberichts oder der vollständige Reha-Entlassungsbericht an den MDK übermittelt werden.

Es ist ausreichend, wenn der MDK bestätigt, dass ihm eine entsprechende Einwilligung vorliegt, die Vorlage der Einwilligungserklärung ist nicht erforderlich (GRA zu § 67b SGB X).

Blatt 1 des Reha-Entlassungsberichts ist Bestandteil des Vordrucks G0810 (Ärztlicher Entlassungsbericht, Ausfertigung für die Krankenkasse).

Beachte:

Die gesetzlichen Krankenkassen haben zum 1.1.2017 mit dem MDK das Verfahren MiMa konzipiert. Dabei fordern die Krankenkassen mittels eines „Weiterleitungsbogens, in dem neben den Daten der Betroffenen bereits im Adressfeld die Adresse des zuständigen MDK vorgegeben ist, von der Rentenversicherung oder den Rehabilitationseinrichtungen für den MDK Reha-Entlassungsberichte an. Von der Rentenversicherung sind nur noch die erbetenen Unterlagen (E-Bericht) beizufügen und zusammen mit diesem Weiterleitungsbogen an den dort angegebenen MDK zu senden. Dieses Verfahren ist datenschutzrechtlich zulässig (AGGDS 03/2017, TOP 13).

Übermittlung an andere Sozialleistungsträger

Mit Einwilligung der Betroffenen darf auf Anforderung der vollständige Reha-Entlassungsbericht an andere Sozialleistungsträger (Ausnahme: gesetzliche Krankenkassen Abschnitt 6.4.1) übermittelt werden; eine Auflistung von Sozialleistungsträgern und ihnen gleichgestellten Stellen kann der GRA zu § 69 SGB X entnommen werden. Der Anfrage des Sozialleistungsträgers, zum Beispiel der Agentur für Arbeit, muss deutlich und nachvollziehbar entnommen werden können, für welche gesetzliche Aufgabenerfüllung der Entlassungsbericht benötigt wird.

Es ist ausreichend, wenn der anfragende Sozialleistungsträger in dem Ersuchen bestätigt, dass ihm eine entsprechende Einwilligung vorliegt, die Vorlage der Einwilligungserklärung ist nicht erforderlich (GRA zu § 67b SGB X).

Übermittlung an den behandelnden Arzt

Mit Einwilligung der Betroffenen darf der vollständige Reha-Entlassungsbericht an den behandelnden Arzt der Betroffenen übermittelt werden.

Die Einwilligungserklärung der Betroffenen ist vom behandelnden Arzt vorzulegen (GRA zu § 67b SGB X).

Übermittlung an private Versicherungen oder Personen

Mit Einwilligung der Betroffenen darf auf Anforderung der vollständige Reha-Entlassungsbericht an eine private Versicherung oder eine Privatperson übermittelt werden.

Die Einwilligungserklärung der Betroffenen ist von der Versicherung beziehungsweise der Privatperson vorzulegen (GRA zu § 67b SGB X).

Weitergabe medizinischer Daten an die Betroffenen

§ 76 SGB X ist bei einer Weitergabe medizinischer Daten/Unterlagen gegenüber den Betroffenen nicht einschlägig, da es sich in diesen Fällen nicht um eine Datenübermittlung an Dritte handelt. Die Betroffenen sind gemäß Art. 4 Nr. 10 DSGVO nicht Dritte.

Nach § 630g BGB haben Patienten ein Recht auf Einsicht in die sie betreffenden Krankenunterlagen. Ihnen steht außerdem eine Einsicht in medizinische Daten/Unterlagen im Rahmen des § 25 SGB X oder eine Auskunft über die über sie gespeicherten Daten nach Art. 15 DSGVO in Verbindung mit § 83 SGB X zu. Auf die GRA zu Art. 15 DSGVO, die GRA zu § 25 SGB X und die GRA zu § 83 SGB X wird ergänzend hingewiesen.

Der Reha-Entlassungsbericht ist im Hinblick auf die informationelle Selbstbestimmung durch die Reha-Einrichtungen an die betroffenen Personen auszuhändigen beziehungsweise zu übersenden.

Siebtes Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 12.06.2020 (BGBl. I S. 1248)

Inkrafttreten: 01.07.2020

Quellen zum Entwurf: BT-Drucksache 19/17586

In Abs. 2 wurde die Ziffer 1a eingefügt.

Gesetz für bessere und unabhängige Prüfungen (MDK-Reformgesetz) vom 14.12.2019 (BGBl. I S. 2789)

Inkrafttreten: 01.01.2020

Quellen zum Entwurf: BT-Drucksache 19/13397 und 19/14871

Durch Artikel 9 wurde Absatz 3 neu gefasst.

Gesetz zur Verlängerung befristeter Regelungen im Arbeitsförderungsrecht und zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/2102 über den barrierefreien Zugang zu den Websites und mobilen Anwendungen öffentlicher Stellen vom 10.07.2018 (BGBl. I S. 1117)

Inkrafttreten: 14.07.2018

Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 19/2072

Die Worte „§ 203 Absatz 1 und 3“ wurden durch die Worte „§ 203 Absatz 1 und 4“ ersetzt

Gesetz zur Änderung des Bundesversorgungsgesetzes und anderer Vorschriften vom 17.07.2017 (BGBl. I S. 2541)

Inkrafttreten: 25.05.2018

Quelle zum Entwurf: BT-Drucksachen 18/12611

Durch Artikel 24 wurde das Recht des § 76 SGB X beibehalten und lediglich redaktionell, insbesondere an die Begriffsbestimmungen aus Art. 4 der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) in Verbindung mit § 67 SGB X angepasst.

Die Worte „§ 203 Absatz 1 und 4“ wurden durch die Worte „§ 203 Absatz 1 und 3“ ersetzt.

Gesetz zur Neuregelung des Schutzes von Geheimnissen bei der Mitwirkung Dritter an der Berufsausübung schweigepflichtiger Personen vom 30.10.2017 (BGBl. I S. 3618)

Inkrafttreten: 09.11.2017

Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache: 18/11936

Die Worte „§ 203 Absatz 1 und 3“ wurden durch die Worte „§ 203 Absatz 1 und 4“ ersetzt

Gesetz zum Abbau verzichtbarer Anordnungen der Schriftform im Verwaltungsrecht des Bundes vom 29.03.2017 (BGBl. I S. 626)

Inkrafttreten: 05.04.2017

Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache: 18/10183

Die betroffene Person kann nunmehr auch elektronisch auf ihr Widerspruchsrecht hingewiesen werden.

2. Betreuungsrechtsänderungsgesetz (2. BtÄndG) vom 21.04.2005 (BGBl. I S. 1073)

Inkrafttreten: 01.07.2005

Quellen zum Entwurf: BT-Drucksachen 15/2494, 15/4874

Absatz 2 wurde um eine Nummer 3 ergänzt.

Gesetz zur Änderung des BDSG und anderer Gesetze vom 18.05.2001 (BGBl. I S. 904)

Inkrafttreten: 23.05.2001

Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 14/5822 vom 04.04.2001

Durch das Gesetz zur Änderung des BDSG und anderer Gesetze wurde Absatz 2 dahingehend geändert, dass der Begriff „speichernde Stelle“ durch „verantwortliche Stelle“ ersetzt wird. Die Anpassung wurde auf Grund der Anpassung des BDSG an die Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr erforderlich, um das gesetzlich Gewollte herauszustellen.

SGB VI-ÄndG vom 15.12.1995 (BGBl. I S. 1824)

Inkrafttreten: 01.01.1996

Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 13/2590

Es erfolgten nur redaktionelle Änderungen.

2. SGBÄndG vom 13.06.1994 (BGBl. I S. 1229)

Inkrafttreten: 01.07.1994

Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 12/6324

§ 76 SGB X wurde novelliert. In Absatz 2 Nummer 1 wurde der letzte Halbsatz eingefügt, um klarzustellen, dass der Betroffene nur in allgemeiner Form auf sein Widerspruchsrecht hinzuweisen ist.

SGB X vom 18.08.1980 (BGBl. I S. 1469, 2218)

Inkrafttreten: 01.01.1981

Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 8/4022

Zum 01.01.1981 wurde das Zweite Kapitel des SGB X (§§ 67 bis 85a) mit den Vorschriften zum Sozialdatenschutz eingeführt.

Zusatzinformationen

Rechtsgrundlage

§ 76 SGB X