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§ 3 SGB X: Amtshilfepflicht

Änderungsdienst
veröffentlicht am

12.11.2019

Änderung

Die Abschnitte 2, 7 und 7.1 sind im Rahmen der Abstimmung mit dem Regionalträger überarbeitet worden.

Dokumentdaten
Stand13.07.2015
Erstellungsgrundlage in der Fassung des SGB X vom 18.08.1980 in Kraft getreten am 01.01.1981
Rechtsgrundlage

§ 3 SGB X

Version001.01

Inhalt der Regelung

§ 3 Abs. 1 SGB X verpflichtet Behörden zur gegenseitigen Amtshilfe. Unter Amtshilfe ist die ergänzende Hilfe auf Ersuchen einer anderen Behörde zu verstehen. Mit Amtshilfe ist jede Verwaltungstätigkeit gemeint, die eine Behörde auf Ersuchen einer anderen Behörde ergänzend und im Einzelfall erledigt. § 3 SGB X konkretisiert damit die sich aus Art. 35 GG ergebende generelle Verpflichtung der Behörden des Bundes und der Länder zur gegenseitigen Amtshilfe. Die ersuchende Behörde bleibt trotz der Hilfe der ersuchten Behörde für das Verfahren insgesamt zuständig.

§ 3 Abs. 2 SGB X nennt zwei Tatbestände, die nicht der Amtshilfe zuzuordnen sind. Danach liegt keine Amtshilfe vor, wenn die Behörden innerhalb eines bestehenden Weisungsverhältnisses Hilfe leisten oder die Hilfeleistung in Handlungen besteht, die der ersuchten Behörde als eigene Aufgabe obliegt.

Ergänzende/korrespondierende Regelungen

Folgende Regelungen stehen im Zusammenhang mit der Vorschrift § 3 SGB X:

Amtshilfe

Amtshilfe ist jede ergänzende Hilfe, die eine Behörde auf Ersuchen einer anderen leistet, um dieser die Durchführung ihrer Verwaltungsaufgaben zu ermöglichen und zu erleichtern.

Behörden gewähren untereinander unter den Voraussetzungen der §§ 3 bis 7 SGB X Amtshilfe. Die Verpflichtung zur Amtshilfe nach § 3 SGB X besteht für Behörden, die eine Verwaltungstätigkeit nach dem Sozialgesetzbuch ausüben. Zu den Behörden zählen in erster Linie Sozialleistungsträger im Sinne der §§ 12, § 18 bis 29 SGB I, aber auch die Aufsichtsbehörden sowie die öffentlich-rechtlichen Verbände und Vereinigungen im Geltungsbereich des Sozialgesetzbuches.

Nicht zu den Behörden im Sinne der §§ 3 bis 7 SGB X zählen ausländische Behörden. Ein Ersuchen zur Amtshilfe an ausländische Behörden kann nicht auf § 3 SGB X gestützt werden, ebenso wie umgekehrt ein Verlangen ausländischer Behörden an eine deutsche Behörde (siehe auch Abschnitt 9).

§ 3 SGB X kann für Amtshilfeersuchen nur eine Grundlage bilden, wenn sowohl die ersuchende als auch die ersuchte Behörde dem SGB X unterliegt, es sich in beiden Fällen somit um Sozialleistungsträger handelt. Ist eine der beiden Behörden kein Sozialleistungsträger, bilden die Regelungen der §§ 3 bis 7 SGB X keine Anspruchsgrundlage für beide Behörden.

Bei Amtshilfeersuchen zwischen Sozialleistungsträgern und allgemeinen Verwaltungsbehörden gilt hinsichtlich der Rechtsgrundlagen der Grundsatz, dass die in Anspruch genommene Behörde zur Ausführung der ersuchten Maßnahme auch rechtlich, das heißt nach dem für sie geltenden Verfahrensrecht in der Lage sein muss. Umgekehrt hat die ersuchende Behörde das für sie geltende Recht dahingehend zu beachten, ob sie einen Anspruch auf Amtshilfe hat. Zwar sind Amtshilfepflicht und Amtshilfeanspruch verschiedenen gesetzlichen Grundlagen abzuleiten, bei der Rechtsanwendung ergeben sich aber angesichts der inhaltlichen Übereinstimmung der Amtshilfevorschriften für die Sozialverwaltung im SGB X und der Vorschriften für die allgemeine Verwaltung im Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) keine Unterschiede.

Die Befugnis, Amtshilfe in Anspruch zu nehmen, beruht auf dem Recht der ersuchenden Behörde, die Verpflichtung, Amtshilfe zu leisten, auf dem Recht der ersuchten Behörde. Bei einem Amtshilfeersuchen eines Rentenversicherungsträgers gegenüber einer Bundesbehörde, die jedoch nicht ein Sozialleistungsträger im Sinne des SGB X ist, gelten für die Berechtigung des Ersuchens die Amtshilfevorschriften des SGB X, für die Verpflichtung der (anderen) Bundesbehörde die Regelungen des VwVfG. Bei einem Amtshilfeersuchen eines Rentenversicherungsträgers gegenüber einer Landesbehörde gelten für die Berechtigung des Ersuchens die Amtshilfevorschriften des SGB X, für die Verpflichtung der Landesbehörde, die für sie zur Amtshilfe geltenden eigenen (Landes-)Verwaltungsverfahrensgesetze.

Rechtshilfe

Von der Amtshilfe zu unterscheiden ist die Rechtshilfe, die nicht von den §§ 3 bis 7 SGB X erfasst wird. Rechtshilfe liegt vor, wenn ein Gericht um eine richterliche Handlung ersucht wird. Rechtshilfe liegt jedoch nicht vor, wenn ein Gericht die Hilfe von Behörden in Anspruch nimmt. In diesem Fall liegt Amtshilfe vor. Es gelten hier allerdings die prozessrechtlichen Spezialregeln (§ 5 Abs. 1 SGG, § 14 VwGO). Nimmt ein Gericht die Hilfe einer Behörde in Anspruch, so sind die §§ 3 bis 7 SGB X daher nicht anwendbar. Wird den Gerichten aufgrund von Vorschriften außerhalb des SGB X die Befugnis eingeräumt, Unterstützungsleistungen von Behörden zu verlangen, haben die Sozialleistungsträger dabei vor allem § 35 SGB I zu beachten. Danach darf eine Übermittlung personenbezogener Daten nur unter den Voraussetzungen der §§ 67 bis 77 SGB X erfolgen. Gegenüber Gerichten ist eine Übermittlung persönlicher Daten zum Beispiel in folgenden Fällen gestattet:

  • Bei Einwilligung des Betroffenen (§ 67b Abs. 1 und 2 SGB X),
  • im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens im Sinne des § 69 Abs. 1 Nr. 2 SGB X (eigenes Sozialgerichtsverfahren und Strafverfahren gegen den Betroffenen),
  • zur Aufklärung eines Verbrechens oder Vergehens, soweit sie auf richterliche Anordnung erforderlich ist (§ 73 SGB X),
  • für die Durchführung eines Gerichts- oder Vollstreckungsverfahrens bei Verletzung der Unterhaltspflicht und beim Versorgungsausgleich (§ 74 SGB X).

Ersuchen

Voraussetzung für die Gewährung einer Amtshilfe ist ein Ersuchen der hierzu berechtigten Behörde. Ein freiwilliges Tätigwerden einer nicht ersuchten Behörde ist keine Amtshilfe. Das Amtshilfeersuchen ist kein Verwaltungsakt, da es weder die Qualität einer hoheitlichen Maßnahme hat, noch eine verbindliche Entscheidung in einem Einzelfall darstellt. Das Ersuchen ist eine nicht regelnde zwischenbehördliche Willenserklärung. Die ersuchende Behörde kann das Amtshilfeersuchen daher jederzeit durch Erklärung gegenüber der ersuchten Behörde widerrufen.

Das Amtshilfeersuchen kann auch mündlich, also zum Beispiel telefonisch gestellt werden, da es an keine bestimmte Form gebunden ist. Im Hinblick auf die Überprüfbarkeit der Zulässigkeit des Amtshilfeersuchens ist jedoch die Schriftform zu bevorzugen. In dem Ersuchen muss die um Unterstützung bittende Behörde angeben, zu welchem Zweck die Amtshilfe benötigt wird und aus welchen Gründen sie die Amtshandlung nicht oder nur unter wesentlich größerem Aufwand selbst vornehmen kann. Diese Angaben ermöglichen der ersuchten Behörde die Überprüfung der Zulässigkeit des Amtshilfeersuchens.

Ergänzende Hilfe

Amtshilfe ist nur eine ergänzende Hilfe. Dies bedeutet, dass die Zuständigkeit der ersuchenden Behörde während der Dauer des Verwaltungsverfahrens bestehen bleibt und nur Teile dieses Verfahrens der ersuchten Behörde zur Erledigung übertragen werden dürfen. Amtshilfe liegt nicht vor, wenn die Erledigung eines Verfahrens aufgrund von Zuständigkeitsregelungen (zum Beispiel §§ 126 ff. SGB VI) insgesamt auf eine andere Behörde übertragen wird. Die Amtshilfe beschränkt sich auf Hilfeleistungen im Einzelfall. Das setzt zwar keine Ausnahmesituation voraus, die Amtshilfe darf aber auch nicht zu einer permanenten Inanspruchnahme einer Behörde führen.

Verpflichtung zur Amtshilfe

Ist das Amtshilfeersuchen zulässig, ist die ersuchte Behörde zur Amtshilfe verpflichtet. Dem steht ein Anspruch der ersuchenden Behörde auf Leistung der Amtshilfe gegenüber.

Amtshilfe liegt nicht vor

Im Absatz 2 sind zwei Tatbestände von der Amtshilfe ausgeschlossen. Amtshilfe liegt danach nicht vor, wenn

  • Behörden einander innerhalb eines bestehenden Weisungsverhältnisses Hilfe leisten (siehe Abschnitt 7.1),
  • die Hilfeleistung in Handlungen besteht, die der ersuchten Behörde als eigene Aufgabe obliegen (siehe Abschnitt 7.2).

Eine abschließende Aufzählung enthält die Vorschrift jedoch nicht.

Bedeutung hat die Frage, ob es sich bei der Hilfeleistung um Amtshilfe handelt oder nicht, vor allem bei der Frage der Kosten, da gemäß § 7 SGB X für Amtshilfeleistungen grundsätzlich Kostenfreiheit besteht. Sofern keine Amtshilfe vorliegt, können gegebenenfalls Kosten geltend gemacht werden.

Hilfeleistung im Rahmen eines Weisungsverhältnisses

Eine Amtshilfe liegt nicht vor, wenn Behörden einander innerhalb eines bestehenden Weisungsverhältnisses Hilfe leisten (§ 3 Abs. 2 Nr. 1 SGB X). Amtshilfe ist nur zwischen gleichgeordneten Behörden möglich. Ein Weisungsverhältnis liegt vor, wenn der Weisungsberechtigung einer übergeordneten Behörde die Weisungsgebundenheit einer nachgeordneten Behörde gegenübersteht (zum Beispiel: die Aktenvorlage der Deutschen Rentenversicherung Bund an das Bundesversicherungsamt als Aufsichtsbehörde gemäß § 88 SGB IV).

Innerbehördliche Unterstützungshandlungen zum Beispiel zwischen der Personalabteilung und einer Fachabteilung zählen nicht zur Amtshilfe. Dennoch sind trotz Einheit der Behörde die §§ 35 SGB I, 67 ff. SGB X zu beachten, die Verschwiegenheitspflichten über die bei der Behörde beschäftigten Versicherten beziehungsweise Mitarbeiter beinhalten.

Wahrnehmung eigener Aufgaben

Amtshilfe liegt nicht vor, wenn die Hilfeleistung in Handlungen besteht, die der ersuchten Behörde als eigene Aufgaben obliegen (§ 3 Abs. 2 Nr. 2 SGB X). Von einer Erfüllung eigener Aufgaben ist auszugehen, wenn die ersuchte Behörde gegenüber der ersuchenden die Pflicht hat, die Hilfeleistung im Rahmen ihres eigenen Aufgabenkreises zu erbringen. Eigene Aufgaben liegen vor, wenn der Behörde eine Aufgabe durch gesetzliche Vorschriften, Rechtsverordnung, Satzung oder Verwaltungsvorschrift in eigener sachlicher und örtlicher Zuständigkeit übertragen ist.

Eigene Aufgaben werden beispielsweise erfüllt, wenn

  • von den Versicherungsämtern die durch § 93 SGB IV zugewiesenen Aufgaben von diesen als eigene Aufgaben erfüllt werden (zum Beispiel: Kontenklärung, Wiederherstellung, Entgegennahme der Versicherung an Eides Statt et cetera),
  • der Rentenversicherungsträger dem Familiengericht Auskünfte im Rahmen des Versorgungsausgleichs erteilt,
  • der Rentenversicherungsträger auf Ersuchen des Sozialhilfeträgers prüft, ob die Voraussetzung der vollen Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 2 SGB VI auf Dauer vorliegt (§ 109a Abs. 2 SGB VI).

Des Weiteren werden nicht im Rahmen der Amtshilfe tätig die Amtsgerichte bei Erteilung von Handelsregisterauszügen (§ 9 HGB), die zum Beispiel zur Feststellung der Voraussetzungen nach § 4 Abs. 2 SGB VI (Versicherungspflicht eines Selbständigen auf Antrag) angefordert werden. Die Amtsgerichte erfüllen eine eigene Aufgabe auf dem Gebiet der freiwilligen Gerichtsbarkeit (§§ 13, 374 , 376 FamFG (Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit). Die Rentenversicherungsträger haben daher für die Übersendung von Handelsregisterauszügen auf Anforderung Gebühren zu zahlen (AGFAVR 3/2000 TOP 24).

Die Frage, ob die Erteilung von Melderegisterauskünften durch die Meldeämter der Gemeinden als eigene Aufgaben vorgenommen wird oder im Wege der Amtshilfe durchzuführen ist, ist im Wesentlichen ohne Bedeutung, da das Bundesverwaltungsgericht (BVerWG) Kostenfreiheit der Auskünfte gemäß § 64 Abs. 2 Satz 1 SGB X an Sozialleistungsträger bejaht hat (BVerWG, Urteil vom 26.06.1987, AZ: 8 C 70/85).

Sozialdatenschutz und Amtshilfe

Die Sozialleistungsträger haben neben den Amtshilfevorschriften sowohl als ersuchende als auch als ersuchte Behörde die Vorschriften zum Schutz von personenbezogenen Daten nach § 35 SGB I und §§ 67 ff. SGB X von Amts wegen zu beachten. In den §§ 67 ff. SGB X sind abschließend die Fälle geregelt, in denen die Weitergabe personenbezogener oder ihnen gleichgestellter Daten zulässig ist.

Wird Amtshilfe in Form einer Auskunft geleistet, können personenbezogene Daten nur offenbart werden, soweit deren Kenntnis für die ersuchende Behörde zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist. Damit scheidet im Allgemeinen eine vollständige Aktenübersendung aus. Fiktive oder anonymisierte Daten werden vom Sozialgeheimnis nicht erfasst und können daher uneingeschränkt mitgeteilt werden.

Soweit die ersuchende Behörde (Sozialleistungsträger) zur Leistungsfeststellung nach ihren Vorschriften oder zur Prüfung der Zwangsvollstreckungsmöglichkeiten um Vornahme von fiktiven Rentenberechnungen ersucht, sind die Ausführungen in der GRA zu § 69 SGB X, Abschnitt 10.3 zu beachten.

Internationale Amtshilfe

Falls eine ausländische Behörde an einen Rentenversicherungsträger herantritt und um ergänzende Hilfe ersucht, unterfällt dies nicht der Amtshilfe im Sinne dieser Vorschrift, denn nur deutsche Behörden sind Behörden im Sinne der §§ 3 ff. SGB X.

Gleichwohl kann eine Hilfeleistung aufgrund über- und zwischenstaatlicher Rechtsgrundlagen in Betracht kommen. Zur Durchführung der VO (EG) Nr. 883/2004 ist dies unter den Voraussetzungen des Art. 76 Abs. 2 VO (EG) Nr. 883/2004 möglich. Dabei ist zu beachten, dass gemäß Art. 77 Abs. 1 VO (EG) Nr. 883/2004 für eine Staatsgrenzen überschreitende Übermittlung personenbezogener Daten das Datenschutzrecht des übermittelnden Staates gilt. Eine Sozialdatenübermittlung in einen anderen Anwenderstaat der VO (EG) Nr. 883/2004 muss daher den Voraussetzungen des § 77 SGB X genügen.

Mit dem Europarecht inhaltlich vergleichbare Regelungen zur Amtshilfe enthalten auch die von der Bundesrepublik Deutschland abgeschlossenen Sozialversicherungsabkommen.

SGB X vom 18.08.1980 (BGBl. I S. 1469, 2218)

Inkrafttreten: 01.01.1981

Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 8/2034

Der § 3 SGB X wurde mit dem SGB X vom 18.08.1980 (BGBl. I S. 1469) eingeführt und ist ab dem 01.01.1981 in Kraft (Art. 2 § 40 Abs. 1 SGB X). Seither ist er nicht mehr verändert worden.

Nach dem Einigungsvertragsgesetz vom 23.09.1990 (BGBl. II S. 885) ist § 3 SGB X in den neuen Bundesländern für den Bereich der Rentenversicherung ab dem 01.01.1991 anzuwenden.

Zusatzinformationen

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