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§ 19 SGB IX: Teilhabeplan

Änderungsdienst
veröffentlicht am

26.09.2022

Änderung

Abschnitt 2 - Inkrafttreten der Verfahrensabsprache zum 01.08.2022

Dokumentdaten
Stand15.09.2022
Erstellungsgrundlage in der Fassung des Gesetzes zur Stärkung der Teilhabe von Menschen mit Behinderungen sowie zur landesrechtlichen Bestimmung der Träger von Leistungen für Bildung und Teilhabe in der Sozialhilfe (Teilhabestärkungsgesetz) vom 02.06.2021 in Kraft getreten am 01.01.2022
Rechtsgrundlage

§ 19 SGB IX

Version003.00

Inhalt der Regelung

Diese Regelung konkretisiert in Fällen komplexer Teilhabebedarfe die Koordinierung von Leistungen verschiedener Leistungsgruppen (§ 5 SGB IX) und die Koordinierung bei komplexen Bedarfslagen, in denen Leistungen verschiedener Rehabilitationsträger und des Jobcenters erforderlich sind. Die Koordinierung der Bedarfe soll anhand eines vom leistenden Träger zu erstellenden Teilhabeplanes erfolgen, in dem die vollständigen Feststellungen der Rehabilitationsträger und des Jobcenters zusammengefasst sind und im folgenden Grundlage für eine nahtlos ineinandergreifende Leistungsbewilligung und Leistungserbringung sein sollen. Teilhabepläne sind auch auf Wunsch von Leistungsberechtigten zu erstellen.

Absatz 1 der Vorschrift regelt die Zuständigkeit für die Erstellung des Teilhabeplanes und die Zusammenarbeit mit den beteiligten Trägern sowie dem Berechtigten. Da die Jobcenter die Möglichkeit erhalten, Leistungen nach den §§ 16a, 16b, 16d sowie 16f bis 16i SGB II neben einem Rehabilitationsverfahren zu erbringen und sie dabei auch die Aufhebung des Leistungsverbotes aus § 22 Abs. 2 SGB II für Leistungen nach den §§ 44 und 45 SGB III zu beachten haben, ist das zuständige Jobcenter auch im Teilhabeplanverfahren zu beteiligen. Dadurch soll sichergestellt werden, dass die beteiligten Rehabilitationsträger und das Jobcenter die möglichen Rehabilitationsleistungen und Eingliederungsleistungen aufeinander abstimmen und sinnvoll miteinander verzahnen.

Absatz 2 gibt vor, innerhalb welcher Frist der Teilhabeplan zu erstellen ist und regelt seine Inhalte.

Absatz 3 führt die Ziele der Erstellung des Teilhabeplanes auf und regelt die Pflicht des federführenden Trägers, den Teilhabeplan an den Rehabilitationsverlauf anzupassen. Er führt außerdem das Recht der Einsichtnahme durch die Berechtigten auf.

Absatz 4 regelt, dass der Teilhabeplan der Entscheidung über den Antrag zugrunde zu legen ist.

Absatz 5 gibt die Möglichkeit, dass statt dem leistenden Rehabilitationsträger auch ein beteiligter Rehabilitationsträger in Abstimmung mit dem Leistungsberechtigten die Federführung für den Teilhabeplan übernehmen kann.

Absatz 6 gibt den Hinweis, dass unterhaltssichernde Leistungen keine neue Leistungsgruppe darstellen und keinen Teilhabeplan erforderlich machen.

Ergänzende Regelungen

Ergänzende Regelungen sind § 15 SGB IX (Leistungsverantwortung bei mehreren Trägern), § 20 SGB IX (Teilhabeplankonferenz), § 21 SGB IX (Besondere Anforderungen an das Teilhabeplanverfahren) und § 22 SGB IX (Einbeziehung anderer öffentlicher Stellen).

Der Teilhabeplan

In Fällen komplexer Teilhabebedarfe, die sich durch die Beantragung oder das Erfordernis verschiedener Leistungsgruppen (§ 5 SGB IX) oder von Leistungen unterschiedlicher Rehabilitationsträger oder des Jobcenters ergeben, ist regelmäßig ein Teilhabeplan zu erstellen. Die jeweiligen Leistungsbedarfe sind so zu koordinieren und zusammenzufassen, dass sie möglichst nahtlos ineinandergreifen.

Unterhaltssichernde und andere ergänzende Leistungen setzen stets den Erhalt von Hauptleistungen voraus und lösen selbst kein Teilhabeplanverfahren aus. Dasselbe gilt für die Rehabilitationsnachsorge nach § 17 SGB VI, da sie systematisch der vorangegangenen Leistung zur Teilhabe zuzuordnen ist. Werden von einem Rehabilitationsträger mehrere Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nacheinander erbracht oder Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben aus einer med. Rehabilitation heraus angeregt, kann auf die Erstellung eines Teilhabeplanes ebenso verzichtet werden.

Ist der Rentenversicherungsträger für Leistungen im Eingangsverfahren und Berufsbildungsbereich einer Werkstatt für behinderte Menschen zuständig, ist immer ein Teilhabeplan zu erstellen.

Soweit zum Zeitpunkt der Antragstellung nach § 14 SGB IX Leistungen nach dem SGB II beantragt sind oder erbracht werden, ist das zuständige Jobcenter zu beteiligen, obwohl es kein Rehabilitationsträger ist. Dies dient der engen Abstimmung von möglichen Eingliederungsleistungen mit den Rehabilitationsleistungen, um eine effiziente, dauerhafte (Wieder-) Eingliederung in das Erwerbsleben zu erreichen.

Näheres zur Zusammenarbeit ist in der Verfahrensabsprache der Deutschen Rentenversicherung und der Bundesagentur für Arbeit, des Deutschen Landkreistages und des Deutschen Städtetages geregelt. Die aktualisierte Fassung ist zum 01.08.2022 in Kraft getreten.

Teilhabepläne können auch ohne die Notwendigkeit eines Beteiligungsverfahrens (siehe GRA zu § 15 SGB IX) allein auf Wunsch der Leistungsberechtigten zu erstellen sein.

Form und Zustandekommen des Teilhabeplanes

Teilhabepläne sind elektronisch oder schriftlich zusammenzustellen, im Übrigen jedoch an keine besondere Form gebunden. Sie können auch im Umlaufverfahren erstellt werden. Zuständig für die Koordinierung und damit für die Erstellung des Teilhabeplans ist der nach § 14 SGB IX leistende Rehabilitationsträger. Die Federführung für die Durchführung des Teilhabeplanverfahrens kann nach Absatz 5 auch bei einem der beteiligten Rehabilitationsträger liegen, wenn die Leistungsberechtigten dieser Verfahrensweise zustimmen. Hiermit wird insbesondere in allen Fallkonstellationen, in denen die Bedarfsfeststellung lückenlos und im Einvernehmen mit den Leistungsberechtigten stattfindet, die Möglichkeit eröffnet, von der Federführung durch den nach § 14 SGB IX leistenden Rehabilitationsträger abzusehen und eine den Umständen des Einzelfalls entsprechende Verfahrensleitung zu vereinbaren.

Alle Leistungen in einem Beteiligungsverfahren werden Bestandteil des zu erstellenden Teilhabeplans, unabhängig davon, ob die beteiligten Rehabilitationsträger beziehungsweise das Jobcenter die Feststellungen/Informationen zu ihren Teilleistungen nur zuliefern oder ob sie ihre Teilleistungen selbst verbescheiden und erbringen.

Neben den beteiligten Rehabilitationsträgern nach § 15 SGB IX und dem Jobcenter nach Absatz 1 Satz 2 sind gemäß § 22 Abs. 1 SGB IX auch andere öffentliche Stellen in das Teilhabeplanverfahren einzubeziehen, wenn dies für die Feststellung des Rehabilitationsbedarfs erforderlich ist.

Der Teilhabeplan ist im weiteren Verlauf des Rehabilitationsprozesses den Bedürfnissen des Leistungsberechtigten anzupassen. Dem nach § 14 SGB IX leistenden Rehabilitationsträger kommt im Rahmen der Fortschreibung des Teilhabebedarfs die Koordinierungsverantwortung zu.

Der Teilhabeplan ist innerhalb der für die Entscheidung über den Antrag maßgeblichen Fristen zu fertigen (vergleiche § 19 Abs. 2 S. 1 SGB IX).

Inhalte des Teilhabeplanes

Im Teilhabeplan ist nach § 19 Abs. 2 S. 2 SGB IX folgendes zu dokumentieren:

  1. der Tag des Antragseingangs beim leistenden Rehabilitationsträger und das Ergebnis der Zuständigkeitsklärung und Beteiligung nach den §§ 14 und 15 SGB IX,
  2. die Feststellungen über den individuellen Rehabilitationsbedarf auf Grundlage der Bedarfsermittlung nach § 13 SGB IX,
  3. die zur individuellen Bedarfsermittlung nach § 13 SGB IX eingesetzten Instrumente,
  4. die gutachterliche Stellungnahme der Bundesagentur für Arbeit nach § 54 SGB IX,
  5. die Einbeziehung von Diensten und Einrichtungen bei der Leistungserbringung,
  6. erreichbare und überprüfbare Teilhabeziele und deren Fortschreibung,
  7. die Berücksichtigung des Wunsch- und Wahlrechts nach § 8 SGB IX, insbesondere im Hinblick auf die Ausführung von Leistungen durch ein persönliches Budget,
  8. die Dokumentation der einvernehmlichen, umfassenden und trägerübergreifen-den Feststellung des Rehabilitationsbedarfs in den Fällen nach § 15 Abs. 3 S. 1 SGB IX,
  9. die Ergebnisse der Teilhabeplankonferenz nach § 20 SGB IX,
  10. die Erkenntnisse aus den Mitteilungen der nach § 22 SGB IX einbezogenen anderen öffentlichen Stellen,
  11. die besonderen Belange pflegender Angehöriger bei der Erbringung von Leistungen der medizinischen Rehabilitation und
  12. die Leistungen zur Eingliederung in Arbeit nach dem SGB II, soweit das Jobcenter nach Absatz 1 Satz 2 zu beteiligen ist.

Sonstiges

Der Teilhabeplan ist kein Verwaltungsakt und ersetzt nach § 19 Abs. 4 SGB IX weder die Entscheidung über den Antrag auf Leistungen zur Teilhabe noch deren Begründung. Er dient der Vorbereitung der Entscheidung der Rehabilitationsträger unter Mitwirkung der Leistungsberechtigten. Entsprechend soll anhand der Entscheidung über die beantragten Leistungen erkennbar sein, inwieweit die zuvor im Teilhabeplan getroffenen Feststellungen bei der Entscheidung berücksichtigt wurden.

Gesetz zur Stärkung der Teilhabe von Menschen mit Behinderungen sowie zur landesrechtlichen Bestimmung der Träger von Leistungen für Bildung und Teilhabe in der Sozialhilfe (Teilhabestärkungsgesetz) vom 02.06.2021 BGBl. Jahrgang 2021Teil I, Seite 1387

Inkrafttreten: 01.01.2022

Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 19/27400

Durch die den Jobcentern eröffnete Möglichkeit, Leistungen nach den §§ 16a ff. SGB II neben einem Rehabilitationsverfahren zu erbringen, ist das zuständige Jobcenter auch im Teilhabeplanverfahren zu beteiligen.

Gesetz zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen (Bundesteilhabegesetz - BTHG) vom 23. Dezember 2016
Inkrafttreten: 01.01.2018
Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 18/9522

Zusatzinformationen

Rechtsgrundlage

§ 19 SGB IX