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§ 117a SGB VI: Besonderheiten beim Zuschlag an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung

Änderungsdienst
veröffentlicht am

09.11.2020

Änderung

Neu aufgenommen

Dokumentdaten
Stand02.11.2020
Erstellungsgrundlage in der Fassung des Gesetzes zur Einführung der Grundrente für langjährige Versicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung mit unterdurchschnittlichem Einkommen und für weitere Maßnahmen zur Erhöhung der Alterseinkommen (Grundrentengesetz) vom 12.08.2020 in Kraft getreten am 01.01.2021
Rechtsgrundlage

§ 117a SGB VI

Version001.00

Inhalt der Regelung

§ 117a SGB VI ermächtigt die Rentenversicherungsträger, einen Rentenbescheid auch dann zu erlassen, wenn die Höhe der Rente noch nicht abschließend bestimmt werden kann, weil die Ermittlung eines Zuschlags an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung (§ 76g SGB VI) und/oder die Einkommensanrechnung auf den aus einem solchen Zuschlag resultierenden Rentenanteil (§ 97a SGB VI) noch nicht möglich ist. Mit dem Rentenbescheid wird dann über die Höhe der Rente zunächst unter Außerachtlassung eines Zuschlags an EP nach § 76g SGB VI entschieden.

Die Vorschrift soll der Situation Rechnung tragen, dass sich das Verwaltungsverfahren zur Feststellung eines Rentenanspruchs allein wegen der Prüfung eines Anspruchs auf den sogenannten Grundrentenzuschlag verzögert (zum Beispiel durch die Einbeziehung der Finanzbehörden bei der Einkommensprüfung). Mit der Ermächtigung des Rentenversicherungsträgers, zunächst nur über die Höhe des "originären Rentenanspruchs" entscheiden zu dürfen, soll sichergestellt werden, dass der Antragsteller die Rentenleistung zumindest zum Teil zeitnah zu ihrer Fälligkeit erhält (siehe BT-Drucksache 19/18473, S. 44).

Ergänzende/korrespondierende Regelungen

§ 117a SGB VI steht im Zusammenhang mit den Vorschriften zum sogenannten Grundrentenzuschlag, also insbesondere dem § 76g SGB VI (Zuschlag an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung) und dem § 97a SGB VI (Einkommensanrechnung beim Zuschlag an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung).

Vorläufiger Rentenbescheid ohne Grundrentenzuschlag

Die Ermächtigung des § 117a SGB VI, über den Anspruch auf Rente hinsichtlich der Rentenhöhe zunächst unter Außerachtlassung eines Zuschlags an Entgeltpunkten nach § 76g SGB VI entscheiden zu dürfen, steht im Zusammenhang mit dem sogenannten Verbot des vorzeitigen Verfahrensabschlusses.

Das Verbot des vorzeitigen Verfahrensabschlusses ergibt sich aus dem Untersuchungsgrundsatz des § 20 SGB X und besagt, dass endgültige Verwaltungsakte erst nach abschließender Klärung der Sach- und Rechtslage ergehen dürfen (unter anderem BSG vom 28.03.2019, AZ: B 10 LW 1/17 R). Ein Rente endgültig bewilligender Bescheid darf demnach nur ergehen, wenn die Sach- und Rechtslage abschließend geklärt ist und die Rentenhöhe feststeht (unter anderem BSG vom 28.06.1990, AZ: 4 RA 57/89).

Der Rentenanteil, der sich aus einem Zuschlag an Entgeltpunkten nach § 76g SGB VI ergibt (sogenannter Grundrentenzuschlag), ist ein Bestandteil der mit einem Rentenbescheid festzustellenden Rentenhöhe (siehe hierzu auch GRA zu § 31 SGB X, Abschnitt 6.1). Das Verbot des vorzeitigen Verfahrensabschlusses würde somit dem Erlass eines endgültigen Rentenbescheides entgegenstehen, wenn noch nicht abschließend geklärt ist, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe dem Rentenberechtigten ein Grundrentenzuschlag zusteht.

Damit der Rentenantragsteller in dieser Situation zunächst zumindest mit der Rente in Höhe seines "originären Rentenanspruchs" versorgt werden kann, ermächtigt § 117a SGB VI zum Erlass eines Rentenbescheides, in welchem bei der Feststellung der Rentenhöhe ein etwaiger Grundrentenzuschlag noch außer Acht gelassen wird.

Ein nach § 117a SGB VI erlassener Rentenbescheid ist seiner Rechtsnatur nach ein vorläufiger Bescheid, weil ihm in jedem Fall noch eine abschließende Entscheidung über die Höhe der Rente unter Berücksichtigung des Umstandes folgen muss, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe dem Rentenberechtigten ein Grundrentenzuschlag zusteht (AGVR 1/2020, TOP 10; siehe auch GRA zu § 31 SGB X, Abschnitt 4.6).

Anwendungsbereich der Vorschrift

§ 117a SGB VI ist anwendbar, wenn einer abschließenden Entscheidung über die Rentenhöhe allein entgegensteht, dass die Ermittlung eines Zuschlags an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung und/oder die Einkommensanrechnung auf den aus einem solchen Zuschlag resultierenden Rentenanteil noch nicht möglich ist (AGVR 1/2020, TOP 10). Dies kann beispielsweise dann der Fall sein, wenn eine Antwort der Finanzverwaltung im Datenabrufverfahren nach § 151b SGB VI noch aussteht.

Ob die Entscheidung über die Anwendung des § 117a SGB VI im Hinblick auf das im Wortlaut der Vorschrift verwendete Wort "kann" in das Ermessen des Rentenversicherungsträgers gestellt ist, ist den Gesetzesmaterialien zum Grundrentengesetz nicht zu entnehmen. Sollte dem Rentenversicherungsträger ein Ermessen eingeräumt sein, wäre dieses jedenfalls regelmäßig auf Null reduziert, wenn über die Höhe des sogenannten originären Rentenanspruchs, also des Rentenanspruchs, der sich ohne einen etwaigen Grundrentenzuschlag ergibt, entschieden werden kann und lediglich noch keine Entscheidung zum Grundrentenzuschlag möglich ist (AGVR 1/2020, TOP 10).

Nicht anwendbar ist § 117a SGB VI dagegen, wenn die Höhe des "originären Rentenanspruchs" noch nicht abschließend geklärt ist (zum Beispiel wegen noch laufender Sachverhaltsermittlungen).

Umfang der Vorläufigkeit

Ein nach § 117a SGB VI erlassener Rentenbescheid ist ausschließlich in Bezug auf die noch ausstehende Entscheidung über einen Grundrentenzuschlag vorläufig. Im Übrigen ist der Rentenbescheid endgültig.

Sollte sich nach Erlass des Rentenbescheides ergeben, dass die Höhe des "originären Rentenanspruchs" zu Gunsten des Rentenberechtigten fehlerhaft bestimmt wurde, richtet sich die Korrektur des Bescheids daher nach den allgemeingültigen Regelungen des § 45 SGB X, ohne dass sich der Rentenversicherungsträger auf die Vorläufigkeit des Bescheids berufen kann. Gleiches gilt, wenn sich ergibt, dass ein Rentenanspruch tatsächlich überhaupt nicht besteht.

Wirkung der Entscheidung zum Grundrentenzuschlag

Mit dem Erlass eines Rentenbescheids, durch den die Höhe der Rente unter Berücksichtigung der Sach- und Rechtslage zum Grundrentenzuschlag bestimmt wird, erledigt sich der auf der Grundlage des § 117a SGB VI erlassene Rentenbescheid "auf andere Weise" im Sinne des § 39 Abs. 2 SGB X. Dies gilt unabhängig davon, ob mit dem abschließenden Rentenbescheid

  • eine höhere Rente festgestellt wird, weil sich ein Rentenanteil aus einem Zuschlag an Entgeltpunkten nach § 76g SGB VI ergeben hat, oder
  • eine unveränderte Rentenhöhe festgestellt wird, weil sich ein Rentenanteil aus einem Zuschlag an Entgeltpunkten nach § 76g SGB VI wegen der Nichterfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen oder infolge der Einkommensanrechnung nach § 97a SGB VI nicht ergeben hat.
Gesetz zur Einführung der Grundrente für langjährige Versicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung mit unterdurchschnittlichem Einkommen und für weitere Maßnahmen zur Erhöhung der Alterseinkommen (Grundrentengesetz) vom 12.08.2020 (BGBl. I S. 1879)

Inkrafttreten: 01.01.2021

Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 19/18473

§ 117a SGB VI ist durch Artikel 1 Nummer 9 des Grundrentengesetzes mit Wirkung ab 01.01.2021 (Artikel 8 Absatz 1 des Grundrentengesetzes) eingefügt worden.

Zusatzinformationen

Rechtsgrundlage

§ 117a SGB VI