§ 87 SGB VI: Knappschaftliche Besonderheiten Zuschlag bei Waisenrenten
veröffentlicht am |
20.08.2019 |
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Änderung | Die GRA der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See ersetzt das bisherige Rechtshandbuch. |
Stand | 16.12.2015 |
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Erstellungsgrundlage | in der Fassung des Gesetzes zur Organisationsreform in der gesetzlichen Rentenversicherung vom 09.12.2004 in Kraft getreten am 01.01.2005 |
Rechtsgrundlage | |
Version | 001.00 |
- Inhalt der Vorschrift
- Allgemeines
- Ermittlung des Zuschlags (Abs. 1)
- Anrechnung von persönlichen Entgeltpunkten auf den Zuschlag bei Vollwaisenrenten (Abs. 2 und 3)
Inhalt der Vorschrift
Die Vorschrift regelt, dass bei der Ermittlung des Zuschlags bei Waisenrenten mit Entgeltpunkten der knappschaftlichen Rentenversicherung für alle Kalendermonate mit Beitragszeiten 75 Prozent des für die allgemeine Rentenversicherung maßgebenden Werts zugrunde zu legen ist. Dadurch wird sichergestellt, dass die Höhe des Zuschlags unabhängig davon ist, ob der Verstorbene der knappschaftlichen Rentenversicherung oder der allgemeinen Rentenversicherung angehörte.
Ergänzende/korrespondierende Regelungen
Die Vorschrift des § 87 SGB VI ergänzt die Regelung des § 78 SGB VI. Zudem ergänzt § 264b Abs. 1 S. 2 SGB VI die Vorschriften der §§ 78, 87 SGB VI für die Fälle, in denen der Rente des verstorbenen Versicherten ausschließlich Entgeltpunkte (Ost) zugrunde liegen.
Allgemeines
§ 87 SGB VI beinhaltet Sonderregelungen für die knappschaftliche Rentenversicherung zu § 78 SGB VI.
Bei der Ermittlung des Zuschlags bei Waisenrenten mit Entgeltpunkten der knappschaftlichen Rentenversicherung sind abweichend von § 78 Abs. 2 und 3 SGB VI die Werte des § 87 Abs. 1 SGB VI zugrunde zu legen. Zudem sind gemäß § 87 Abs. 2 und 3 SGB VI bei der Anrechnung der persönlichen Entgeltpunkte des verstorbenen Versicherten mit der zweithöchsten Rente auf den Zuschlag für eine Vollwaisenrente die Entgeltpunkte der allgemeinen Rentenversicherung mit 0,75 und die Entgeltpunkte der knappschaftlichen Rentenversicherung mit 1,3333 zu vervielfältigen, sofern dem Zuschlag Entgeltpunkte im jeweils anderen Versicherungszweig zugrunde liegen.
Ermittlung des Zuschlags (Abs. 1)
Durch die unterschiedlichen Rentenartfaktoren für Waisenrenten (Allg. RV = 0,1000 bzw. 0,2000, KnRV = 0,1333 bzw. 0,2667) würde sich allein nach § 78 SGB VI je nachdem, ob der Zuschlag der allgemeinen oder der knappschaftlichen Rentenversicherung zuzuordnen ist, ein unterschiedlich hoher Zuschlag ergeben. Daher beträgt der Zuschlag, wenn er der knappschaftlichen Rentenversicherung zuzuordnen ist, für jeden Kalendermonat mit rentenrechtlichen Zeiten bei einer
- Halbwaisenrente 0,0625 Entgeltpunkte bzw.
- Vollwaisenrente 0,0563 Entgeltpunkte.
Damit ist gewährleistet, dass bei gleicher Anzahl der zugrunde liegenden Monate der Zuschlag unabhängig von der Zuordnung (abgesehen von geringfügigen Differenzen, die auf die Rundung der für die KnRV zu berücksichtigenden Entgeltpunkte zurückzuführen sind) gleich hoch ist.
Obwohl der Gesetzestext des § 87 Abs. 1 SGB VI nur von Kalendermonaten mit Beitragszeiten spricht, sind in analoger Anwendung des § 78 SGB VI auch die sonstigen rentenrechtlichen Zeiten – soweit sie sich ihrem Umfang nach aus § 78 Abs. 1 SGB VI ergeben – zu berücksichtigen.
Zuschlag in Wanderversicherungsfällen
Der Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten ist immer nur einem Versicherungszweig (allgemeine Rentenversicherung oder knappschaftliche Rentenversicherung) zuzuordnen. Er wird immer dann der knappschaftlichen Rentenversicherung zugeordnet, wenn in der Waisenrente, aus der der Zuschlag berechnet wird, Entgeltpunkte der knappschaftlichen Rentenversicherung anzurechnen sind. Dabei reicht ein Zeitraum mit knappschaftlichen Entgeltpunkten aus, um den gesamten Zuschlag der knappschaftlichen Rentenversicherung zuzuordnen.
Anrechnung von persönlichen Entgeltpunkten auf den Zuschlag bei Vollwaisenrenten (Abs. 2 und 3)
Nach § 66 Abs. 2 Nr. 3 SGB VI ist die Vollwaisenrente aus den beiden Versicherungen mit den höchsten Renten zu ermitteln. Die Vorschrift des § 78 Abs. 3 S. 1 SGB VI regelt, dass der Zuschlag nur aus der Versicherung mit der höchsten Rente gewährt wird. Nach § 78 Abs. 3 S. 2 SGB VI werden auf diesen Zuschlag die Entgeltpunkte aus der zweithöchsten Rente angerechnet.
§ 87 Abs. 2 und 3 SGB VI regeln die Höhe der anzurechnenden persönlichen Entgeltpunkte des verstorbenen Versicherten mit der zweithöchsten Rente auf den Zuschlag für eine Vollwaisenrente in Wanderversicherungsfällen. Zu den persönlichen Entgeltpunkten der knappschaftlichen Rentenversicherung gehören in diesem Zusammenhang auch Entgeltpunkte aus dem Leistungszuschlag (§ 81 Abs. 1 SGB VI).
Bei der Anrechnung sind folgende Fallgestaltungen möglich:
Persönliche Entgeltpunkte | des Zuschlags | der zweithöchsten Rente |
1. anrechenbar in der | KnRV | Allg. RV |
2. anrechenbar in der | KnRV | Allg. RV und KnRV (Wanderrente) |
3. anrechenbar in der | Allg. RV | KnRV |
4. anrechenbar in der | Allg. RV | Allg. RV und KnRV (Wanderrente) |
In diesen Fällen sind die Entgeltpunkte der zweithöchsten Rente für die Anrechnung auf den Zuschlag zuvor wie folgt umzurechnen:
Zuschlag wird zugeordnet der | Persönliche Entgeltpunkte der zweithöchsten Rente aus der | Vervielfältigung der persönlichen Entgeltpunkte der zweithöchsten Rente mit Faktor |
KnRV | Allg. RV | 0,7500 |
Allg. RV | KnRV | 1,3333 |
Handelt es sich bei der zweithöchsten Rente um eine Wanderrente, so sind nur die persönlichen Entgeltpunkte der allgemeinen Rentenversicherung umzurechnen, wenn der Zuschlag der knappschaftlichen Rentenversicherung zugeordnet wird. Umgekehrt sind nur die persönlichen Entgeltpunkte der knappschaftlichen Rentenversicherung umzurechnen, wenn der Zuschlag der allgemeinen Rentenversicherung zugeordnet wird.
Siehe Beispiel 3
Beispiel 1:
(Beispiel zu Abschnitt 3) Eine Halbwaisenrente beginnt am 01.03.2010. Der Berechnung der Waisenrente liegen 230 Monate mit rentenrechtlichen Zeiten a) der knappschaftlichen Rentenversicherung b) der allgemeinen Rentenversicherung zugrunde. Der Zugangsfaktor beträgt 1,000. | ||||||
Lösung: | ||||||
a) | ||||||
Kalendermonate | Zugangsfaktor | Entgeltpunkte | persönliche Entgeltpunkte | |||
230 | x | 1,000 | x | 0,0625 | = | 14,3750 |
persönliche Entgeltpunkte | Rentenartfaktor | aktueller Rentenwert | Betrag Zuschlag | |||
14,3750 | x | 0,1333 | x | 27,20 EUR | = | 52,12 EUR |
b) | ||||||
Kalendermonate | Zugangsfaktor | Entgeltpunkte | persönliche Entgeltpunkte | |||
230 | x | 1,000 | x | 0,0833 | = | 19,1590 |
persönliche Entgeltpunkte | Rentenartfaktor | aktueller Rentenwert | Betrag Zuschlag | |||
19,1590 | x | 0,1 | x | 27,20 EUR | = | 52,11 EUR |
Die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung mit dem Rentenartfaktor 0,9 ist ab 01.12.2015 zu zahlen. |
Beispiel 2:
(Beispiel zu Abschnitt 3) Eine Vollwaisenrente beginnt am 01.03.2010. Der Berechnung der Waisenrente liegen 340 Monate mit rentenrechtlichen Zeiten a) der knappschaftlichen Rentenversicherung b) der allgemeinen Rentenversicherung zugrunde. Der Zugangsfaktor beträgt 1,000. | |||||||
Lösung: | |||||||
a) | |||||||
Kalendermonate | Zugangsfaktor | Entgeltpunkte | persönliche Entgeltpunkte | ||||
340 | x | 1,000 | x | 0,0563 | = | 19,1420 | |
persönliche Entgeltpunkte | Rentenartfaktor | aktueller Rentenwert | Betrag Zuschlag | ||||
19,1420 | x | 0,2667 | x | 27,20 EUR | = | 138,86 EUR | |
b) | |||||||
Kalendermonate | Zugangsfaktor | Entgeltpunkte | persönliche Entgeltpunkte | ||||
340 | x | 1,000 | x | 0,0750 | = | 25,5000 | |
persönliche Entgeltpunkte | Rentenartfaktor | aktueller Rentenwert | Betrag Zuschlag | ||||
25,5000 | x | 0,2 | x | 27,20 EUR | = | 138,72 EUR | |
Beispiel 3:
(Beispiel zu Abschnitt 4) Werte aus der Berechnung der Vollwaisenrente: | |||||||||
höchste Rente | zweithöchste Rente | ||||||||
Anteil allg. RV: | Anteil allg. RV: | ||||||||
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4,1650 persönliche Entgeltpunkte | 8,0000 persönliche Entgeltpunkte | ||||||||
Anteil KnRV: | Anteil KnRV: | ||||||||
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36,3188 persönliche Entgeltpunkte | 3,0000 persönliche Entgeltpunkte | ||||||||
(davon entfallen 0,5000 persönliche Entgeltpunkte auf den Leistungszuschlag) | |||||||||
102 belegungsfähige Monate | |||||||||
Lösung: | |||||||||
Berechnung des Zuschlags aus der höchsten Rente: | |||||||||
Für jeden Kalendermonat mit Beitragszeiten wird der Zuschlag in vollem Umfang berücksichtigt. | |||||||||
Beitragszeiten (38 Monate + 62 Monate): | 100 Monate | ||||||||
Die sonstigen rentenrechtlichen Zeiten von 386 Monaten (374 Monate + 12 Monate) sind in dem Verhältnis zu berücksichtigen, in dem die Anzahl der Kalendermonate mit Beitrags- und Berücksichtigungszeiten von 100 Monaten zur Anzahl der für die Grundbewertung belegungsfähigen 102 Monate steht. | |||||||||
386 Monate x 100 Monate : 102 Monate = | 379 Monate | ||||||||
Zuschlagsmonate insgesamt: | 479 Monate | ||||||||
Zuschlag: | |||||||||
479 Monate x 0,0563 Entgeltpunkte = | 26,9677 Entgeltpunkte | ||||||||
26,9677 Entgeltpunkte x 1,000 (Zugangsfaktor) = | 26,9677 persönliche Entgeltpunkte | ||||||||
Auf diesen Zuschlag sind die persönlichen Entgeltpunkte der zweithöchsten Rente anzurechnen. Dabei sind die persönlichen Entgeltpunkte der allgemeinen Rentenversicherung zuvor mit 0,75 zu vervielfältigen: | |||||||||
Pers. Entgeltpunkte der allg. RV = 8,0000 x 0,75 = | 6,0000 persönliche Entgeltpunkte | ||||||||
Pers. Entgeltpunkte der KnRV = | 3,0000 persönliche Entgeltpunkte | ||||||||
verbleiben als Zuschlag: | 17,9677 persönliche Entgeltpunkte | ||||||||
Persönliche Entgeltpunkte der Vollwaisenrente: | |||||||||
Persönliche Entgeltpunkte der | Allg. RV | KnRV | |||||||
aus der höchsten Rente | 4,1650 | 36,3188 | |||||||
aus dem Zuschlag | – | 17,9677 | |||||||
aus der zweithöchsten Rente | 8,0000 | 3,0000 | |||||||
Gesamt | 12,1650 | 57,2865 | |||||||
Berechnung der monatlichen Vollwaisenrente: | |||||||||
persönliche Entgeltpunkte | Rentenartfaktor | aktueller Rentenwert | |||||||
Allg. RV | 12,1650 | x | 0,2 | x | 27,20 EUR | = | 66,18 EUR | ||
KnRV | 57,2865 | x | 0,2667 | x | 27,20 EUR | = | 415,57 EUR | ||
Gesamt: | 481,75 EUR | ||||||||
Durch Art. 1 Nr. 11 des Gesetzes zur Organisationsreform in der gesetzlichen Rentenversicherung (RVOrgG) vom 09.12.2004 (BGBl. I S. 3242, 3245) sind in § 87 Abs. 2 und 3 SGB VI jeweils die Wörter „Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten“ durch die Wörter „allgemeinen Rentenversicherung“ ersetzt worden. Die Änderung ist nach Art. 86 Abs. 1 RVOrgG am 01.01.2005 in Kraft getreten.
§ 87 SGB VI ist durch Art. 1 RRG 1992 vom 18.12.1989 (BGBl. I S. 2261) eingeführt worden und trat am 01.01.1992 in Kraft (Art. 85 Abs. 1 RRG 1992).