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§ 53 SGB VI: Vorzeitige Wartezeiterfüllung

Änderungsdienst
veröffentlicht am

20.08.2019

Änderung

Die GRA wurde im Rahmen des Abstimmungsprozesses mit dem Regionalträger inhaltlich und redaktionell überarbeitet.

Dokumentdaten
Stand07.12.2015
Erstellungsgrundlage in der Fassung des EM-ReformG vom 20.12.2000 in Kraft getreten am 01.01.2001
Rechtsgrundlage

§ 53 SGB VI

Version002.00
Schlüsselwörter
  • 6010

  • 80006010XX

Inhalt der Regelung

§ 53 SGB VI regelt die vorzeitige Erfüllung der allgemeinen Wartezeit.

  • Nach Absatz 1 ist die allgemeine Wartezeit vorzeitig erfüllt, wenn Versicherte
    • wegen eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit oder
    • wegen einer Wehrdienst- oder Zivildienstbeschädigung oder
    • wegen eines Gewahrsams im Sinne des § 1 HHG

    vermindert erwerbsfähig geworden oder gestorben sind.
    Ist die Erwerbsminderung oder der Tod Folge eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit, ist als zusätzliche versicherungsrechtliche Voraussetzung erforderlich, dass der Versicherte
    • bei Eintritt des Arbeitsunfalls oder der Berufskrankheit versicherungspflichtig war oder
    • in den letzten zwei Jahren davor mindestens ein Jahr Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit hat.

Nach Absatz 1 Satz 3 finden die Regelungen nach Absatz 1 Sätze 1 und 2 für die Rente für Bergleute (§ 45 SGB VI) nur Anwendung, wenn der Versicherte vor Eintritt der im Bergbau verminderten Berufsfähigkeit zuletzt in der knappschaftlichen Rentenversicherung versichert war.

  • Nach Absatz 2 ist die allgemeine Wartezeit darüber hinaus auch dann erfüllt, wenn der Versicherte
    • vor Ablauf von sechs Jahren nach Beendigung einer Ausbildung voll erwerbsgemindert geworden oder gestorben ist und
    • in den letzten zwei Jahren vor Eintritt der vollen Erwerbsminderung beziehungsweise des Todes mindestens ein Jahr Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit hat, wobei sich der Zeitraum von zwei Jahren vor Eintritt der vollen Erwerbsminderung oder des Todes um Zeiten einer schulischen Ausbildung nach Vollendung des 17. Lebensjahres bis zu sieben Jahren verlängert.
  • Absatz 3 SGB VI bestimmt, welche sonstigen Pflichtbeiträge auch als Pflichtbeitragszeiten für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit im Sinne der Absätze 1 und 2 anzusehen sind.

Ergänzende Regelungen

Sonderregelung zu § 53 SGB VI ist § 245 SGB VI. In den einzelnen Absätzen des § 245 SGB VI ist Folgendes geregelt:

  • Nach Absatz 1 findet § 53 SGB VI nur Anwendung, wenn der Versicherte nach dem 31.12.1972 vermindert erwerbsfähig geworden oder gestorben ist.
  • Absatz 2 nennt über § 53 Abs. 1 SGB VI hinausgehend weitere Möglichkeiten der vorzeitigen Wartezeiterfüllung bei Eintritt der verminderten Erwerbsfähigkeit oder des Todes vor dem 01.01.1992.
  • Absatz 3 ergänzt § 53 Abs. 2 SGB VI. Voraussetzung ist aber, dass die Erwerbsunfähigkeit oder der Tod durch einen Unfall verursacht worden sind. Diese Sonderregelung gilt für Versicherte, die in der Zeit vom 01.01.1973 bis 31.12.1991 erwerbsunfähig geworden oder gestorben sind. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten siehe GRA zu § 245 SGB VI. Sind somit die Erwerbsunfähigkeit oder der Tod in der Zeit vom 01.01.1973 bis 31.12.1991 eingetreten und die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen des § 53 Abs. 2 SGB VI nicht erfüllt (siehe hierzu Abschnitt 5), ist stets zu prüfen, ob die Sonderregelung des § 245 Abs. 3 SGB VI Anwendung findet.

§ 43 Abs. 5 SGB VI regelt, dass bei der Prüfung des Erwerbsminderungsrentenanspruchs 3 Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung nicht erforderlich sind, wenn die Erwerbsminderung aufgrund eines Tatbestandes eingetreten ist, durch den die allgemeine Wartezeit vorzeitig erfüllt ist.

Die Vorschriften über die Wartezeiterfüllung bei früherem Anspruch auf Hinterbliebenenrente im Beitrittsgebiet (§ 245a SGB VI sowie die Wartezeiterfüllung bei Rechtsänderungen (§ 305 SGB VI) stellen Sondervorschriften dar.

Allgemeines

§ 53 SGB VI findet Anwendung, wenn Versicherte nach dem 31.12.1972 vermindert erwerbsfähig geworden oder gestorben sind (§ 245 Abs. 1 SGB VI). Ist der Leistungsfall in der Zeit vom 01.01.1973 bis zum 31.12.1991 eingetreten, ist ergänzend § 245 Abs. 2 und 3 SGB VI zu beachten. Hier ist insbesondere zu beachten, dass im Rahmen

  • der verminderten Erwerbsfähigkeit aufgrund eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit keine und
  • bei Eintritt der Erwerbsunfähigkeit innerhalb von sechs Jahren nach dem Ende einer Ausbildung, die aufgrund eines Unfalls eingetreten ist, nur sechs

Pflichtbeiträge zu fordern sind.

§ 53 Abs. 1 SGB VI gilt auch für den Eintritt der Berufsunfähigkeit bei der in Übergangsfällen zustehenden Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach § 240 SGB VI. Bei der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit handelt es sich ihrer Bezeichnung nach um eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung; insoweit finden die Vorschriften für die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung nach § 43 Abs. 1 SGB VI entsprechende Anwendung.

Die Wartezeitfiktion nach § 53 SGB VI gilt grundsätzlich nur für den aktuellen Leistungsfall. Tritt nach Wegfall der verminderten Erwerbsfähigkeit ein neuer Leistungsfall ein, kann bei nicht erfüllter Wartezeit eine Rente nur gewährt werden, wenn ein Ursachenzusammenhang zwischen dem ersten und dem weiteren Leistungsfall besteht.

Ist im nahtlosen Anschluss an eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit beziehungsweise teilweiser Erwerbsminderung eine Rente wegen voller Erwerbsminderung zu leisten, ist eine weitere (Mit-)Ursächlichkeit zu unterstellen, so dass § 53 Abs. 1 SGB VI weiterhin gilt.

Erfolgt hingegen eine „Rückwandlung“ der Rente wegen voller Erwerbsminderung, ist es für die Frage, ob die Wartezeitfiktion weiterhin greift, entscheidend, ob der Anspruch aufgrund des § 53 Abs. 1 oder Abs. 2 SGB VI gegeben war. War für die Wartezeiterfüllung § 53 Abs. 1 SGB VI maßgebend, bleibt die Wartezeitfiktion erhalten. Ergab sich der Anspruch auf die Rente wegen voller Erwerbsminderung über § 53 Abs. 2 SGB VI, greift die Wartezeitfiktion für den Anspruch auf die Rente wegen Berufsunfähigkeit beziehungsweise teilweiser Erwerbsminderung nicht. In diesem Fall könnte nach Wegfall der vollen Erwerbsminderung eine Rente wegen Berufsunfähigkeit beziehungsweise teilweiser Erwerbsminderung nicht gezahlt werden.

Beachte:

Erfolgt die Prüfung des § 53 SGB VI bei bereits vorliegender allgemeiner Wartezeit von fünf Jahren ausschließlich im Rahmen des § 43 Abs. 5 SGB VI zur Erfüllung der besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen, bedarf es der versicherungsrechtlichen Bedingungen in § 53 Abs. 1 S. 2 und Abs. 2 S. 1 letzter Halbs. SGB VI (Versicherungspflicht, 12 Pflichtbeiträge in den letzten 24 Kalendermonaten) nicht. Näheres hierzu kann dem GRA zu § 43 SGB VI, Abschnitt 6.2 entnommen werden.

Betroffene Rentenansprüche

Nach § 245 Abs. 1 SGB VI findet § 53 SGB VI Anwendung, wenn die verminderte Erwerbsfähigkeit oder der Tod nach dem 31.12.1972 eingetreten sind. Im Übrigen siehe Gemeinsame Rechtliche Anweisung zu § 245 SGB VI.

Die vorzeitige Wartezeiterfüllung gilt für alle Rentenansprüche, für die die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren Voraussetzung ist. Bei der Erziehungsrente nach § 47 SGB VI ist jedoch zu beachten, dass die Voraussetzungen von dem erziehenden geschiedenen bzw. dem gleichgestellten Ehegatten oder dem früheren Lebenspartner (§ 47 Abs. 2 und 4 SGB VI) zu erfüllen sind.

Ein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung nach §§ 43, 240 SGB VI für Anspruchszeiträume nach Erreichen der Regelaltersgrenze kann auch bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen des § 53 SGB VI nicht begründet werden, da ein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung nur bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze besteht.

Es ist dann der Anspruch auf Regelaltersrente gemäß § 35 SGB VI zu prüfen. Voraussetzung ist, dass der Versicherte aber infolge der in § 53 Abs. 1 oder 2 SGB VI genannten Sachverhalte vermindert erwerbsfähig geworden ist und die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen des § 53 SGB VI erfüllt sind (siehe auch GRA zu § 35 SGB VI, Abschnitt 6). Dies gilt selbst dann, wenn eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit bisher nicht geleistet wurde.

Siehe Beispiel 1

Haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder eine Erziehungsrente bezogen haben, vergleiche GRA zu § 50 SGB VI, Abschnitt 2.

Voraussetzungen für die vorzeitige Wartezeiterfüllung nach Absatz 1

§ 53 SGB VI sieht eine vorzeitige Wartezeiterfüllung vor, wenn Versicherte wegen

  • eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit (vergleiche Abschnitt 4.1) oder
  • einer Wehrdienst- oder Zivildienstbeschädigung (vergleiche Abschnitt 4.2) oder
  • eines Gewahrsams im Sinne des § 1 HHG (vergleiche Abschnitt 4.3)

teilweise oder voll erwerbsgemindert geworden oder gestorben ist.

Für die Wartezeiterfüllung nach den Nummern 2, 3 und 4 (wegen einer Wehrdienst- oder Zivildienstbeschädigung oder eines Gewahrsams im Sinne des § 1 HHG) genügt es, wenn die Betreffenden bei Eintritt des schädigenden Ereignisses „Versicherter“ gewesen sind (vergleiche Abschnitt 4.4).

Ist die Erwerbsminderung aufgrund eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit eingetreten, müssen zusätzlich versicherungsrechtliche Voraussetzungen erfüllt sein (vergleiche Abschnitt 4.5).

Grundvoraussetzung für die Wartezeiterfüllung nach Absatz 1 ist, dass zwischen den dort genannten Tatbeständen und der teilweisen beziehungsweise vollen Erwerbsminderung oder dem Tod ein ursächlicher Zusammenhang bestanden hat. Dies ergibt sich aus dem Begriff „wegen“. Damit muss das schädigende Ereignis von wesentlicher Bedeutung für den Eintritt des Leistungsfalles sein. Es kommt folglich darauf an, ob eine Bedingung im Einzelfall - konkret gesehen - wegen ihrer besonderen Bedeutung zum „Erfolg“ zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen hat, nicht darauf, ob eine Bedingung - abstrakt gesehen - im Allgemeinen erfahrungsgemäß unter gleichen Umständen bei anderen Personen den gleichen „Erfolg“ herbeigeführt hätte. Der Unfall, die Krankheit, die Beschädigung oder der Gewahrsam müssen nicht die alleinige, sondern nur die wesentlich mitwirkende Ursache sein. Dabei reicht es aus, wenn der Ursachenzusammenhang wahrscheinlich ist. Eine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit ist nicht erforderlich.

Arbeitsunfall beziehungsweise Berufskrankheit

Ein Arbeitsunfall im Sinne des § 53 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI liegt vor, wenn es sich um einen Unfall im Sinne der Vorschriften der deutschen gesetzlichen Unfallversicherung handelt. Arbeitsunfälle sind danach Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz begründenden Tätigkeit (§ 8 Abs. 1 S. 1 SGB VII). Unfälle selbst sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 S. 2 SGB VII). Als Arbeitsunfall im Sinne von § 53 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI gilt auch ein sogenannter Wegeunfall (§ 8 Abs. 2 SGB VII).

Eine Berufskrankheit im Sinne des § 53 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI liegt vor, wenn es sich um eine nach den Vorschriften der deutschen Unfallversicherung anerkannte Berufskrankheit handelt (§ 9 SGB VII).

Entscheidend ist, dass die Tätigkeit in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert ist. Ob sie auch in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert ist, ist für die Frage des Vorliegens eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit unbeachtlich (BSG vom 11.02.1960, in BSGE 11, 259).

Der Eintritt eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit im Zusammenhang mit einem Bundesfreiwilligendienst kann zur vorzeitigen Wartezeiterfüllung im Sinne des § 53 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI führen.

Mit dem Gesetz zur Änderung des Transplantationsgesetzes vom 21.07.2012, das zum 01.08.2012 in Kraft getreten ist, wurde der § 12a in das SGB VII eingefügt. Danach gilt ein Gesundheitsschaden, der durch eine Blut-, Organ-, Organteil- oder Gewebeentnahme (Transplantation) entstanden ist oder damit zusammenhängt, als Versicherungsfall (Arbeitsunfall oder Berufskrankheit) im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB VII. Nach § 213 Abs. 4 SGB VII gilt § 12a SGB VII auch für Gesundheitsschäden, die in der Zeit vom 01.12.1997 bis 31.07.2012 eingetreten sind. Dies kann zur vorzeitigen Wartezeiterfüllung führen.

Die Entscheidung über das Vorliegen eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit hat der Rentenversicherungsträger in eigener Zuständigkeit zu treffen. Im Regelfall wird es sich jedoch anbieten, sich der Entscheidung des Unfallversicherungsträgers anzuschließen. Wurde ein Verfahren beim Unfallversicherungsträger bislang nicht eingeleitet, sollte unter Hinweis auf § 19 S. 2 SGB IV unter Beifügung entsprechender Unterlagen um Feststellung gebeten werden, ob ein Arbeitsunfall oder eine Berufskrankheit i. S. der §§ 8, 9 SGB VII vorliegt.

Die in den §§ 8 oder 9 SGB VII genannten Voraussetzungen für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit können bei Anwendung der VO (EG) Nr. 883/2004 oder der VO (EWG) Nr. 1408/71 auch durch vergleichbare Sachverhalte und Ereignisse in einem anderen Mitgliedsstaat der EU beziehungsweise des EWR oder in der Schweiz erfüllt werden, vergleiche GRA zu Art. 5 VO (EG) Nr. 883/2004, Abschnitt 5.3.

Arbeitsunfälle oder Berufskrankheiten, die sich im sonstigen Ausland ereignen, führen nicht zu einer Wartezeiterfüllung nach § 53 SGB VI.

Entsprechendes gilt für Unfälle im Ausland, für die ein Versicherungsschutz lediglich nach § 140 Abs. 2 SGB VII besteht, da die freiwillige Unfallversicherung nach § 140 Abs. 2 SGB VII vom Wortlaut des § 8 SGB VII nicht erfasst wird.

Arbeitsunfälle im Ausland stehen den im Inland erlittenen Arbeitsunfällen jedoch gleich, sofern auf die im Ausland ausgeübte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit die deutschen Rechtsvorschriften über die Versicherungspflicht anzuwenden sind (zum Beispiel wegen § 4 SGB IV, Art. 11 ff VO (EG) Nr. 883/2004).

Als Arbeitsunfall im Sinne des § 8 SGB VII gilt nach § 2 Abs. 1 Nr. 13 Buchst. a SGB VII ein im Ausland im Zusammenhang mit einer Hilfeleistung bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr erlittener Gesundheitsschaden, sofern Versicherte ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben (§ 2 Abs. 3 S. 5 SGB VII).

Ein Wegeunfall kann sich bei den in der Bundesrepublik Deutschland beschäftigten ausländischen Arbeitnehmern, die ihren Lebensmittelpunkt und damit ihre Familienwohnung im Heimatstaat haben, auch außerhalb der Grenzen der Bundesrepublik Deutschland auf der Hin- oder Rückfahrt anlässlich einer Familienheimfahrt ereignen. Ob ein Wegeunfall i. S. von § 8 Abs. 2 SGB VII vorliegt, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab.

Unfälle und Krankheiten, die vor dem 01.01.1992 (auch vor dem 03.10.1990) im Beitrittsgebiet eingetreten sind und nach dem im Beitrittsgebiet geltenden Recht Arbeitsunfälle oder Berufskrankheiten der Sozialversicherung waren, gelten grundsätzlich als Arbeitsunfälle/Berufskrankheiten im Sinne des Dritten Buches der RVO (§ 215 Abs. 1 SGB VII in Verbindung mit § 1150 Abs. 2 S. 1, Abs. 3 RVO in der am 31.12.1996 geltenden Fassung). In diesen Fällen ist bei der zuständigen Berufsgenossenschaft anzufragen, ob eine Gleichstellung vorgenommen wurde.

Mit Wirkung ab 01.04.1995 wurde auch die Pflegetätigkeit nicht erwerbsmäßig tätiger Pflegepersonen im Sinne des § 19 SGB XI in den Unfallversicherungsschutz einbezogen (§ 2 Abs. 1 Nr. 17 SGB VII). Die versicherte Tätigkeit umfasst Pflegetätigkeiten im Bereich der Körperpflege und - soweit diese Tätigkeiten überwiegend dem Pflegebedürftigen zugutekommen - Pflegetätigkeiten in den Bereichen der Ernährung, der Mobilität sowie der hauswirtschaftlichen Versorgung (§ 14 Abs. 4 SGB XI). Unfälle, die ab 01.04.1995 bei Ausübung der oben angeführten Tätigkeiten eintreten, sind damit „Arbeitsunfälle“ im Sinne des § 53 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI.

Der Dienstunfall eines nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII in der Unfallversicherung versicherungsfreien Beamten oder seine Erkrankung an einer Berufskrankheit ist kein „Arbeitsunfall“, sodass die Wartezeit nicht als erfüllt gilt. Das gilt auch dann, wenn der Beamte nachversichert wurde. Die Nachversicherung hat nur Auswirkungen auf die Rentenversicherung; sie macht den Unfall aber nachträglich nicht zu einem Unfall im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung (BSG vom 10.02.1972, AZ: 1 RA 85/71, SozR Nr. 7 zu § 1252 RVO). Bei nachversicherten Beamten kann der Tatbestand des Arbeitsunfalls (§ 53 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI) folglich nur nach Beendigung der versicherungsfreien Beschäftigung eintreten.

Wehrdienst- oder Zivildienstbeschädigung

Nach § 53 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 und 3 SGB VI ist die allgemeine Wartezeit auch dann vorzeitig erfüllt, wenn Versicherte wegen einer Wehr- oder Zivildienstbeschädigung nach dem Soldatenversorgungsgesetz beziehungsweise dem Zivildienstgesetz vermindert erwerbsfähig geworden oder gestorben sind.

Eine Wehr- oder Zivildienstbeschädigung in diesem Sinne liegt dann vor, wenn eine gesundheitliche Schädigung gegeben ist, die

  • durch eine Dienstverrichtung,
  • durch einen während der Ausübung des Wehr- oder Zivildienstes erlittenen Unfall oder
  • durch die dem Wehr- oder Zivildienst eigentümlichen Verhältnisse

herbeigeführt worden ist (§ 81 Soldatenversorgungsgesetz, § 47 Abs. 2 Zivildienstgesetz).

Bei einer Wehrdienstbeschädigung, die im Zusammenhang mit der Ableistung eines freiwilligen Wehrdienstes eintritt, kann ein Tatbestand vorliegen, der zur vorzeitigen Wartezeiterfüllung im Sinne des § 53 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI führt.

Solch ein schädigendes Ereignis während oder aufgrund eines Wehrdienstes oder Zivildienstes in einem Staat der EU, des EWR oder der Schweiz ist nach Art. 5 Buchst. b VO (EG) Nr. 883/2004 einer Wehr- oder Zivildienstbeschädigung im Sinne von § 53 Abs. 1 Nr. 2 und 3 SGB VI gleichgestellt (vergleiche GRA zu Art. 5 VO (EG) Nr. 883/2004, Abschnitt 5.4).

Ob eine Wehr- oder Zivildienstbeschädigung tatsächlich vorliegt, ist grundsätzlich vom Rentenversicherungsträger selbst zu prüfen.

Regelmäßig wird sich das Vorliegen einer Wehr- oder Zivildienstbeschädigung aus den Feststellungen der zuständigen Versorgungsdienststellen ergeben. Diesen von den Versorgungsdienststellen getroffenen Feststellungen kann ohne weitere Prüfung gefolgt werden.

Gewahrsam im Sinne des § 1 Häftlingshilfegesetz (HHG)

Nach § 53 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 SGB VI ist die allgemeine Wartezeit auch erfüllt, wenn Versicherte wegen eines Gewahrsams im Sinne des § 1 HHG vermindert erwerbsfähig geworden oder gestorben sind.

Gewahrsam im Sinne des § 1 HHG ist ein Festgehaltenwerden auf eng begrenztem Raum unter dauernder Bewachung (§ 1 Abs. 5 S. 1 HHG). Gewahrsam im Sinne des § 1 HHG kann bei deutschen Staats- und Volkszugehörigen vorliegen, wenn sie nach der Besetzung ihres Aufenthaltsortes oder nach dem 08.05.1945 in der sowjetischen Besatzungszone oder im sowjetisch besetzten Sektor von Berlin oder in den in § 1 Abs. 2 Nr. 3 BVG (Bundesvertriebenengesetz) genannten Gebieten aus politischen und nach freiheitlich demokratischer Auffassung von ihnen nicht zu vertretenden Gründen in Gewahrsam genommen wurden.

Der Nachweis der Zugehörigkeit zum Personenkreis des HHG beziehungsweise der Gewahrsamszeit wird durch eine Bescheinigung der zuständigen Bezirksregierung geführt (§ 10 Abs. 4 und 7 HHG in Verbindung mit § 15 Abs. 1 Sätze 2 bis 4 BVFG, vergleiche auch GRA zu § 250 SGB VI, Abschnitt 7.1). Ob Versicherte wegen eines Gewahrsams vermindert erwerbsfähig geworden oder gestorben sind, hat der Rentenversicherungsträger in eigener Zuständigkeit zu prüfen.

„Versicherter“

Die Versicherteneigenschaft ist gegeben, wenn im Zeitpunkt des Eintritts der Erwerbsminderung oder des Todes mindestens ein rechtswirksamer, auf die Wartezeit des zu beurteilenden Rentenanspruchs anrechenbarer Beitrag vorliegt oder Pflichtbeiträge nach besonderen Vorschriften als gezahlt gelten (§ 55 SGB VI). Dabei kommt es nicht darauf an, wann bei abhängig Beschäftigten der zu entrichtende Pflichtbeitrag tatsächlich an die Krankenkasse abzuführen ist - wer ein rentenversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis aufnimmt, ist bereits vom Beginn des ersten Arbeitstages an versichert. Bei freiwilligen Beiträgen muss die Beitragsentrichtung hingegen vor dem Eintritt der Erwerbsminderung oder des Todes erfolgt sein.

Fallen allerdings der Eintritt der Erwerbsminderung oder der Tod (Leistungsfall) und das schädigende Ereignis zeitlich auseinander, so muss der zum Erwerb der Versicherteneigenschaft mindestens erforderliche eine Beitrag vor Eintritt der Schädigung, die den Leistungsfall zur Folge hat, entrichtet sein. Versicherte könnten sich anderenfalls durch Entrichtung nur eines Beitrags nach dem schädigenden Ereignis, das nicht unmittelbar zu einer Erwerbsminderung oder dem Tod führte, einen Rentenanspruch für den Fall der Verschlimmerung der Schädigungsfolgen erkaufen. Ein solches Ergebnis ist nicht beabsichtigt (so auch BSG vom 05.11.1965, AZ: 5 RKn 32/62, BSGE 24, 85, 87).

Zur Frage der Versicherteneigenschaft im Falle einer Beitragserstattung vergleiche GRA zu § 210 SGB VI, Abschnitt 10.

"Versicherte" sind auch Personen, die nachversichert worden sind oder für die aufgrund eines Versorgungsausgleichs oder eines Rentensplittings Anwartschaften übertragen oder begründet worden sind. Dies gilt sogar, wenn die Nachversicherung oder der Versorgungsausgleich beziehungsweise das Rentensplitting erst nach Eintritt des Leistungsfalles durchgeführt wird. Erforderlich ist dann jedoch, dass sich durch die Nachversicherung Beitragszeiten vor dem Eintritt des Leistungsfalls (bei einem Auseinanderfallen des Leistungsfalls und dem schädigenden Ereignis: vor dem Eintritt des schädigenden Ereignisses) ergeben. Im Rahmen des Versorgungsausgleichs oder des Rentensplittings muss die Ehe-/Lebenspartnerschaftszeit vor dem Leistungsfall (bei einem Auseinanderfallen des Leistungsfalls und dem schädigenden Ereignis: vor dem Eintritt des schädigenden Ereignisses) geendet haben.

Zum Dienstunfall eines nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII in der Unfallversicherung versicherungsfreien Beamten vergleiche aber Abschnitt 4.1.

Versicherungsrechtliche Voraussetzungen im Falle eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit

Die allgemeine Wartezeit ist im Zusammenhang mit einem Arbeitsunfall beziehungsweise einer Berufskrankheit im Sinne des § 53 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI nur dann als vorzeitig erfüllt anzusehen, wenn Betreffende

  • bei Eintritt des Arbeitsunfalls oder der Berufskrankheit versicherungspflichtig waren (vergleiche Abschnitt 4.5.1) oder
  • in den letzten zwei Jahren davor mindestens ein Jahr Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit hatten (vergleiche Abschnitt 4.5.2).

Mit diesen zusätzlichen Voraussetzungen soll verhindert werden, dass Beschäftigte oder selbständig Tätige, die nicht versicherungspflichtig sind, sich unter Umständen durch einen einzigen Beitrag die Möglichkeit einer zusätzlichen Absicherung bei einem Arbeitsunfall eröffnen können.

Ist die verminderte Erwerbsfähigkeit oder der Tod vor dem 01.01.1992 aufgrund eines Arbeitsunfalls oder Berufskrankheit eingetreten, bietet es sich an, vorrangig die Wartezeiterfüllung nach § 245 Abs. 2 SGB VI zu prüfen, da diese Regelung die zusätzlichen Voraussetzungen nicht vorsieht (vergleiche GRA zu § 245 SGB VI).

Versicherungspflicht bei Eintritt des Arbeitsunfalls oder der Berufskrankheit

Die Voraussetzung „bei Eintritt des Arbeitsunfalls oder der Berufskrankheit versicherungspflichtig“ setzt eine Versicherungspflicht am Tag des Arbeitsunfalls oder des Eintritts der Berufskrankheit voraus.

Es ist nicht erforderlich, dass die Beschäftigung oder Tätigkeit, in der der Arbeitsunfall oder die Berufskrankheit eingetreten ist, selbst rentenversicherungspflichtig ist. Die oben angeführte Voraussetzung ist zum Beispiel auch erfüllt, wenn der Arbeitsunfall oder die Berufskrankheit in einer nicht versicherungspflichtigen Nebenbeschäftigung eingetreten ist und der Betreffende gleichzeitig eine versicherungspflichtige Hauptbeschäftigung ausgeübt hat.

Weiterhin erfüllt auch eine Versicherungspflicht nach den §§ 3 und 4 SGB VI die Voraussetzung „bei Eintritt des Arbeitsunfalls oder der Berufskrankheit versicherungspflichtig“. Entsprechendes gilt, wenn der Arbeitsunfall oder die Berufskrankheit in einer Zeit eintritt, in der die Beschäftigung nach § 7 Abs. 3 SGB IV als fortbestehend gilt.

Auch eine Versicherungspflicht in einem Mitgliedsstaat der EU beziehungsweise des EWR oder in der Schweiz reicht im Rahmen des § 53 Abs. 1 SGB VI aus (siehe Verbindliche Entscheidung in RVaktuell 4/2007, 120). Näheres hierzu kann der GRA zu Art. 51 VO (EG) Nr. 883/2004, Abschnitt 4, entnommen werden.

Auf die Versicherungspflicht bei Eintritt des Arbeitsunfalls oder der Berufskrankheit kommt es auch dann an, wenn die Erwerbsminderung oder der Tod erst zu einem späteren Zeitpunkt eintritt. Es genügt dann nicht, wenn lediglich bei Eintritt der Erwerbsminderung oder des Todes Versicherungspflicht bestanden hat.

Ein Jahr Pflichtbeiträge in den letzten zwei Jahren

War der Versicherte bei Eintritt des Arbeitsunfalls oder der Berufskrankheit nicht versicherungspflichtig (siehe Abschnitt 4.5.1), ist die allgemeine Wartezeit auch dann als erfüllt anzusehen, wenn der Versicherte in den letzten zwei Jahren davor mindestens ein Jahr Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit hat.

Für die Berechnung der „letzten zwei Jahre gilt § 26 SGB X i. V. m. §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB. Die letzten zwei Jahre enden am Tag vor dem Arbeitsunfall oder dem Versicherungsfall der Berufskrankheit und beginnen an dem Tag vor zwei Jahren, der dem Tag des Arbeitsunfalls oder dem Leistungsfall der Berufskrankheit entspricht.

Siehe Beispiel 2

Die „letzten zwei Jahre“ enden auch dann am Tag vor dem Arbeitsunfall oder der Berufskrankheit, wenn der Arbeitsunfall beziehungsweise die Berufskrankheit und der Zeitpunkt des Eintritts der Erwerbsminderung oder des Todes auseinander fallen.

Maßgeblicher Zeitpunkt für den Eintritt der Berufskrankheit ist entweder der Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder der Behandlungsbedürftigkeit oder - wenn dies günstiger ist - der Beginn der nach dem Unfallrecht rentenberechtigten Minderung der Erwerbsfähigkeit (§ 9 Abs. 5 SGB VII). Dieser maßgebliche Zeitpunkt kann regelmäßig dem Bescheid der Berufsgenossenschaft über die Gewährung der Unfallrente entnommen werden. Im Zweifelsfall ist der Zeitpunkt des Eintritts der Berufskrankheit bei der zuständigen Berufsgenossenschaft zu erfragen.

Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit sind nicht nur die Beiträge, die aufgrund einer versicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit entrichtet worden sind, sondern auch die in § 53 Abs. 3 SGB VI genannten Beiträge. Näheres hierzu vergleiche Abschnitt 6.

Die Voraussetzung „mindestens ein Jahr Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit“ ist erfüllt, wenn für 12 Monate Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit nachgewiesen sind. Ein Kalendermonat, der nur zum Teil mit einem Pflichtbeitrag belegt ist, zählt hierbei als voller Monat (§ 122 Abs. 1 SGB VI). Die 12 Monate mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit müssen nicht im zeitlichen Zusammenhang zurückgelegt sein.

Zu den Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit von mindestens einem Jahr zählt der Beitrag nicht, der zwar im Kalendermonat des Beginns des 2-Jahreszeitraumes liegt, die zugrunde liegende Versicherungspflicht aber bereits vor dem Beginn des 2-Jahreszeitraumes endet. Zwar zählen auch nur teilweise belegte Monate nach § 122 Abs. 1 SGB VI als volle Monate. Dies gilt aber nur unter der Voraussetzung, dass die "Belegung" innerhalb des jeweiligen Zeitraumes gegeben ist (sog. "In-Prinzip"). Daher können Teilmonate gemäß § 122 Abs. 1 SGB VI nur dann als volle Monate berücksichtigt werden, wenn sie innerhalb der tagegenau zu berechnenden, jeweils maßgeblichen Frist liegen (FAVR 6/93, Top 12, AGFAVR 1/93 Top 11). Dies ergibt sich aus der Formulierung in § 53 Abs. 1 S. 2 SGB VI, wonach die Pflichtbeiträge "in den letzten zwei Jahren" vorhanden sein müssen.

Siehe Beispiel 3

Voraussetzungen für die vorzeitige Wartezeiterfüllung nach Absatz 2

§ 53 Abs. 2 SGB VI setzt unter anderem voraus, dass Versicherte (vergleiche hierzu Abschnitt 4.4) vor Ablauf von sechs Jahren nach Beendigung einer Ausbildung voll erwerbsgemindert geworden oder gestorben sind. Unbeachtlich ist, worauf die volle Erwerbsminderung oder der Tod zurückzuführen sind. Eine bestimmte Ursache (zum Beispiel ein Unfall) ist nicht Voraussetzung für die Anwendung des § 53 Abs. 2 SGB VI.

Die vorzeitige Wartezeiterfüllung nach § 53 Abs. 2 SGB VI ist ausdrücklich nur auf die volle Erwerbsminderung und den Tod beschränkt. Sie gilt - im Gegensatz zu § 53 Abs. 1 SGB VI - nicht, wenn lediglich teilweise Erwerbsminderung vorliegt. Diese eingeschränkte Anwendung ist verfassungsgemäß (Beschluss des BVerfG vom 17.07.1984, 1 BvL 24/83).

Hinweis:

Geht es im Rahmen der Prüfung des Anspruchs auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ausschließlich um die Erfüllung der besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen, gilt § 53 Abs. 2 SGB VI nach übereinstimmender Auffassung aller Rentenversicherungsträger auch für die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung (vergleiche GRA zu § 43 SGB VI, Abschnitt 6.2).

Ob volle Erwerbsminderung vorliegt, beurteilt sich nach § 43 Abs. 2 SGB VI. Sie liegt auch dann vor, wenn Versicherte ein Restleistungsvermögen von drei bis unter sechs Stunden täglich aufweisen, jedoch der (Teilzeit-)Arbeitsmarkt verschlossen ist. Unerheblich ist hierbei, dass Versicherte aufgrund des Restleistungsvermögens als erwerbsfähig im Sinne des § 8 SGB II einzustufen wären.

Entfällt die volle Erwerbsminderung (zum Beispiel durch eine Arbeitsaufnahme), wird ein Anspruch auf die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung regelmäßig nicht gegeben sein (vergleiche hierzu Abschnitt 2). Tritt danach erneut volle Erwerbsminderung ein, kann ein Rentenanspruch nur entstehen, wenn bezogen auf den neuen Leistungsfall die regulären Anspruchsvoraussetzungen beziehungsweise die Voraussetzungen des § 53 SGB VI erfüllt sind.

Für die Berechnung der „sechs Jahre“ gilt § 26 SGB X i.V.m. §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB. Die Frist von sechs Jahren beginnt am Tag nach Beendigung der Ausbildung und endet an dem Tag nach sechs Jahren, der dem letzten Tag der Ausbildung entspricht.

Siehe Beispiel 4

Fällt das Ende der Frist auf einen Sonntag, einen gesetzlichen Feiertag oder einen Sonnabend, endet die Frist erst mit Ablauf des nächstfolgenden Werktags (§ 26 Abs. 3 S. 1 SGB X).

Die Voraussetzung, dass die volle Erwerbsminderung beziehungsweise der Tod vor Ablauf von sechs Jahren nach Beendigung der Ausbildung eingetreten sein muss, ist auch dann erfüllt, wenn die volle Erwerbsminderung oder der Tod noch während der Ausbildung eintreten. Die Worte „vor Ablauf von sechs Jahren nach Beendigung einer Ausbildung“ bestimmen lediglich den Endzeitpunkt, bis zu dem sich der Leistungsfall spätestens ereignet haben muss, um die Vorschrift anzuwenden. Damit werden aber auch Leistungsfälle erfasst, die sich vor Beendigung der Ausbildung ereignet haben. Der anders lautenden höchstrichterlichen Rechtsprechung (BSG vom 21.06.2000, AZ: B 4 RA 14/99 R) folgen die Rentenversicherungsträger über den entschiedenen Einzelfall hinaus nicht.

Haben Versicherte mehrere Ausbildungen zurückgelegt, so löst die Beendigung jeder Ausbildung den Lauf einer sechsjährigen Frist erneut aus.

Siehe Beispiel 5

Begriff der „Ausbildung“

Der Begriff „Ausbildung“ ist weiter als der Begriff der Schul- oder Berufsausbildung in § 48 SGB VI. Erfasst werden grundsätzlich auch Ausbildungen, die keine Anrechnungszeit im Sinne des § 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 SGB VI sind. Die Ausbildung kann auch im Ausland erfolgen.

Ausbildung im Sinne des § 53 SGB VI liegt vor, wenn sachkundige Personen Versicherten Kenntnisse und Fähigkeiten vermitteln, um deren Wissen und Können allgemein zu verbessern (zum Beispiel bei Schulausbildung) oder um sie zur Ausübung eines Berufes und der damit verbundenen sachgemäßen Wahrnehmung bestimmter Aufgaben zu befähigen.

Unter Ausbildung ist in diesem Zusammenhang jede Schul-, Fachschul- und Hochschulausbildung und die Berufsausbildung zu verstehen. Des Weiteren gehören hierzu auch berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen nach § 51 SGB III (§ 61 SGB III in der Fassung bis 31.03.2012), Weiterbildungen nach § 81 SGB III (§ 77 ff. SGB III in der Fassung bis 31.03.2012) und Umschulungen. Keine Ausbildung im Sinne des § 53 SGB VI ist jedoch eine Weiterbildung, die lediglich der besseren Integration auf dem Arbeitsmarkt dient oder die Versicherten in ihrer bisherigen beruflichen Tätigkeit auf dem aktuellen Stand hält (so zum Beispiel Weiterbildungen aufgrund neuer gesetzlicher Regelungen oder neuer Bürotechnik).

Auch die Schul- oder Berufsausbildung eines Strafgefangenen in einer Justizvollzugsanstalt kann Ausbildung im Sinne von § 53 Abs. 2 SGB VI sein.

Die Teilnahme an einem Lehrgang zur Ausbildung als ehrenamtliche Schwesternhelferin stellt jedoch keine Ausbildung im Sinne des § 53 SGB VI dar, weil dieser nicht den Zweck verfolgte, den Übergang in das Berufsleben zu ermöglichen. Er diente vielmehr der Schulung für die ehrenamtliche Mitarbeit im Rahmen des vom DRK organisierten freiwilligen Hilfsdienstes in Not- und Katastrophenfällen. Als Berufsvorbereitung war er dagegen weder erforderlich noch geeignet (BSG vom 30.06.1981, AZ: 5b/5 RJ 26/80).

Ein erfolgreicher Abschluss der Ausbildung ist nicht erforderlich. Es kommt lediglich auf die tatsächliche Beendigung der Ausbildung an.

Die Ausbildung muss die Zeit und Arbeitskraft überwiegend in Anspruch genommen haben. Neben der eigentlichen Ausbildungszeit sind für die erforderlichen „mehr als 20 Stunden wöchentlich“ auch die objektiv erforderliche häusliche Vorbereitungszeit und der Zeitaufwand für die Wege zur Ausbildungsstätte zu berücksichtigen. Eine Ausbildung liegt nicht vor, wenn ihr zeitlicher Aufwand (Ausbildungszeit, häusliche Vorbereitungszeit, Wegezeit) 20 Wochenstunden oder weniger beträgt. Bestehen Zweifel an den Angaben, kann eine Anfrage bei der Ausbildungsstätte hilfreich sein.

Die Ausübung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung neben einer Schul- oder Berufsausbildung steht der Annahme einer Ausbildung nicht entgegen, soweit die Ausbildung einen Zeitaufwand von mehr als 20 Stunden wöchentlich erfordert. Insoweit wird dem BSG vom 27.09.1979, Az: 4 RJ 115/78, wonach die Ausbildung den Versicherten an der Ausübung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung gehindert haben muss (bestätigt mit dem Urteil des BSG vom 21.06.2000, Az: B 4 RA 14/99 R, in der für die eigentliche Entscheidung nicht maßgeblichen Urteilsbegründung), nicht gefolgt (AGFAVR 1/2001, TOP 10]. Auch während einer Lehre und einer versicherungspflichtigen Umschulung liegt eine Ausbildung vor.

Das BSG hat mit Urteil vom 21.06.2000 (AZ: B 4 RA 14/99 R) entschieden, dass eine Ausbildung im Sinne des § 53 Abs. 2 SGB VI nicht vorliegt, wenn während der Ausbildung Versicherungspflicht vorgelegen hat. Diese Rechtsauslegung entspricht nicht der Auffassung der Rentenversicherungsträger; dem BSG-Urteil wird über den entschiedenen Einzelfall hinaus nicht gefolgt.

Bestand während der Ausbildung aufgrund eines Sozialleistungsbezugs Versicherungspflicht gemäß § 3 S. 1 Nr. 3 SGB VI oder waren Versicherte gemäß § 4 Abs. 3 SGB VI auf Antrag versicherungspflichtig, steht dies der Annahme von „Ausbildung“ im oben angeführten Sinne nicht entgegen.

Ein Jahr Pflichtbeiträge in den letzten zwei Jahren

§ 53 Abs. 2 SGB VI findet nur Anwendung, wenn Versicherte in den letzten zwei Jahren vor Eintritt der vollen Erwerbsminderung beziehungsweise des Todes mindestens ein Jahr Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben.

Siehe Beispiele 5 und 6

Zur Berechnung der „letzten zwei Jahre“ und Prüfung der Voraussetzung „ein Jahr Pflichtbeiträge“ gelten die Ausführungen im Abschnitt 4.5.2 entsprechend.

Verlängerung des 2-Jahreszeitraumes

Der Zeitraum von 2 Jahren verlängert sich um Zeiten einer nach dem vollendeten 17. Lebensjahr zurückgelegten schulischen Ausbildung bis zur Höchstdauer von 7 Jahren. Zeiten der schulischen Ausbildung sind Zeiten der Schul-, der Fachschul- oder Hochschulausbildung und der berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen im Sinne des § 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 SGB VI. Unbeachtlich ist, ob diese Zeiten Anrechnungszeiten sind oder nicht. Auch auf den Abschluss der Ausbildung kommt es nicht an. Zeiten einer schulischen Ausbildung, die zugleich mit Pflichtbeiträgen belegt sind, verlängern dagegen nicht den 2-Jahreszeitraum.

Für die Verlängerung des 2-Jahreszeitraumes kommen nur Zeiten der schulischen Ausbildung in Betracht, die innerhalb des - gegebenenfalls verlängerten - 2-Jahreszeitraumes liegen. Kalendermonate schulischer Ausbildung außerhalb des maßgeblichen (verlängerten) 2-Jahreszeitraums können die mögliche Höchstdauer von 7 Jahren also weder positiv noch negativ beeinflussen.

Siehe Beispiel 8

Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit nach Absatz 3

Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit nach § 53 Abs. 3 SGB VI sind insbesondere:

  • Pflichtbeiträge von Beschäftigten (§ 1 SGB VI),
  • Pflichtbeiträge von selbständig Tätigen (§ 2 SGB VI),
  • Pflichtbeiträge von sonstigen Versicherten (§ 3 SGB VI), zum Beispiel für Zeiten
    • der Kindererziehung,
    • der Wehr- oder Zivildienstpflicht,
    • des Bezugs von Krankengeld, Arbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe ab 01.01.1992 sowie Arbeitslosengeld II vom 01.01.2005 bis 31.12.2010,
    • der nicht erwerbsmäßigen häuslichen Pflege,
  • Pflichtbeiträge aufgrund einer Antragspflichtversicherung (§ 4 SGB VI),
  • Zeiten der geringfügigen Beschäftigung nach § 8 SGB IV
  • Beiträge aufgrund einer Nachversicherung (§§ 8 Abs. 1 S. 2, 185 Abs. 2 S. 1 SGB VI),
  • Pflichtbeiträge im Rahmen von §§ 229, 229a SGB VI,
  • Anrechnungszeiten, für die in der Zeit vom 01.01.1984 bis 31.12.1991 „Beiträge“ gezahlt worden sind, an denen neben den Versicherten auch der Leistungsträger beteiligt war (§ 247 Abs. 1 SGB VI). Es handelt sich hierbei um die früheren Ausfallzeiten nach § 36 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b AVG für Krankengeld-, und Verletztengeldbezieher, für die Beiträge nach § 112b Abs. 1 AVG bzw. § 130b RKG durch die Versicherten und den jeweiligen Leistungsträger gezahlt worden sind, vergleiche auch GRA zu § 247 SGB VI, Abschnitt 4.
  • Zeiten, für die
    • die Bundesanstalt/Bundesagentur für Arbeit in der Zeit vom 01.07.1978 bis 31.12.1982 oder
    • ein anderer Leistungsträger in der Zeit vom 01.10.1974 bis 31.12.1983

    wegen des Bezugs von Sozialleistungen Pflichtbeiträge gezahlt hat (§ 247 Abs. 2 SGB VI),
  • Zeiten, die den Pflichtbeitragszeiten für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit nach Bundesrecht gleichgestellt sind (zum Beispiel nach dem FRG oder nach über- beziehungsweise zwischenstaatlichen Regelungen,
  • Zeiten im Beitrittsgebiet und im Saarland, soweit sie unter Beachtung des § 248 SGB VI als Pflichtbeiträge gelten oder Beitragszeiten gleichstehen,
  • Zeiten der Nachzahlung freiwilliger Beiträge für eine unschuldig erlittene Strafverfolgungsmaßnahme, wenn dadurch eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit unterbrochen worden ist (§ 205 Abs. 1 S. 3 SGB VI),
  • Beiträge, die von einem Drittschädiger im Wege des Schadensersatzes nach § 119 Abs. 3 S. 1 SGB X gezahlt wurden; bis 31.12.2000 jedoch nur, wenn der Geschädigte im Zeitpunkt des Schadensereignisses pflichtversichert war,
  • Beiträge von Pflegepersonen in der Zeit vom 01.01.1992 bis 31.03.1995, die gemäß § 279e SGB VI als Pflichtbeiträge gelten,
  • Zeiten nach § 5 AAÜG,
  • Beiträge, die als gezahlt gelten (§ 203 SGB VI).

Keine Pflichtbeitragszeiten sind

  • übertragene/begründete Rentenanwartschaften aus dem Versorgungsausgleich (Urteile des BSG vom 31.05.1989, AZ: 4 RA 4/88, SozR 2200 § 1246 Nr. 166 und vom 19.04.1990, AZ: 1 RA 63/89); diese Zeiten können selbst dann nicht den Pflichtbeitragszeiten gleichgestellt werden, wenn sie ganz oder teilweise aus einer Pflichtbeitragszahlung des geschiedenen Ehegatten stammen,
  • Rentenanwartschaften aus dem Rentensplitting; diese Zeiten können selbst dann nicht den Pflichtbeitragszeiten gleichgestellt werden, wenn sie ganz oder teilweise aus einer Pflichtbeitragszahlung stammen,
  • die sich durch Zuschläge für Entgeltpunkte aus einer geringfügigen Beschäftigung ergebenden Monate
    • ab 01.04.1999 aus geringfügiger versicherungsfreier Beschäftigung (§ 244a SGB VI und
    • ab 01.01.2013 aus geringfügiger Beschäftigung, für die Beschäftigte von der Versicherungspflicht befreit sind (§ 52 Abs. 2 SGB VI),
    • diese Zeiten gelten ausschließlich für die Erfüllung der „realen“ Wartezeit.
  • Zeiten, für die Entgeltpunkte gutgeschrieben worden sind, weil gleichzeitig Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung oder Zeiten der Pflege eines pflegebedürftigen Kindes für mehrere Kinder vorliegen (§ 55 Abs. 1 S. 3 in Verbindung mit § 70 Abs. 3a SGB VI),
  • Zeiten der Versicherungspflicht als selbständig Tätiger ohne tatsächliche Beitragszahlung (§ 165 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI in der Fassung bis 31.12.1998),
  • Pflichtbeiträge zur Alterssicherung der Landwirte nach dem ALG beziehungsweise vor dem 01.01.1995 nach dem GAL (Urteile des BSG vom 22.02.1990, AZ: 4 RA 62/89, SozR 3-2200 § 1246 Nr. 3, vom 27.06.1990, AZ: 5 RJ 19/89, SozR 3-2200 § 1246 Nr. 6 und vom 19.05.2004, AZ: B 13 RJ 4/04 R).

Beispiel 1: Eintritt der Erwerbsminderung nach Erreichen der Regelaltersgrenze

(Beispiel zu Abschnitt 3)

Versicherter geboren am 20.07.1947

Erreichen der Regelaltersgrenze (65 Jahre und 1 Monat) am 19.08.2012

Eintritt in die Versicherung am 01.01.2011

Pflichtbeiträge vom 01.01.2011 bis 20.09.2014 (= 45 Monate)

Arbeitsunfall im Sinne des § 53 Abs. 1 SGB VI und Eintritt der vollen Erwerbsminderung am 20.09.2014

Lösung:

Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung gem. § 43 Abs. 2 SGB VI besteht nicht, weil die Erwerbsminderung erst nach dem Erreichen der Regelaltersgrenze (nach § 235 Abs. 2 S. 2 SGB VI das 65. Lebensjahr und 1 Monat) eingetreten ist. Seit 20.09.2014 liegen jedoch die Voraussetzungen nach § 235 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und 2 SGB VI für die Regelaltersrente vor. Die allgemeine Wartezeit für die Regelaltersrente ist nach § 53 Abs. 1 SGB VI vorzeitig erfüllt.

Beispiel 2: Berechnung des 2-Jahreszeitraumes

(Beispiel zu Abschnitt 4.5.2)

Arbeitsunfall am 22.03.2011

Lösung:

2-Jahreszeitraum vom 22.03.2009 bis 21.03.2011

Beispiel 3: Ende der Versicherungspflicht vor Beginn des 2-Jahreszeitraumes

(Beispiel zu Abschnitt 4.5.2)

Arbeitsunfall am 23.05.2011

2-Jahreszeitraum vom 23.05.2009 bis 22.05.2011

Pflichtbeiträge vom 02.05.2009 bis 10.05.2009

und vom 01.06.2009 bis 20.04.2010

Lösung:

Im 2-Jahreszeitraum sind nur für 11 Monate Pflichtbeiträge (01.06.2009 - 20.04.2010) für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit nachgewiesen.

Der Pflichtbeitrag im Monat Mai 2009 zählt für die Voraussetzung „mindestens ein Jahr“ nicht mit, da er vor Beginn des 2-Jahreszeitraumes endet.

Beispiel 4: 6-Jahreszeitraum nach Ende der Ausbildung

(Beispiel zu Abschnitt 5)

Ende der Ausbildung am 16.03.2009

Lösung:

6-Jahreszeitraum vom 17.03.2009 bis 16.03.2015

Beispiel 5: 6-Jahreszeitraum bei mehreren Ausbildungen

(Beispiel zu Abschnitt 5)

Hauptschulabschluss am 11.07.2006

Ohne Ausbildung und ohne Versicherungspflicht vom 12.07.2006 bis 31.07.2006

Versicherungspflichtige Lehrzeit vom 01.08.2006 bis 31.07.2009

Auslandsaufenthalt ohne Versicherung vom 01.08.2009 bis 30.04.2011

Versicherungspflichtige Beschäftigung vom 02.05.2011 bis 31.12.2011

Ohne Beschäftigung vom 01.01.2012 bis 17.02.2015

Eintritt der vollen Erwerbsminderung am 17.02.2015

Lösung:

Maßgebend für die Berechnung der Sechsjahresfrist ist die Beendigung der Lehrzeit am 31.07.2009. Volle Erwerbsminderung ist innerhalb von sechs Jahren (01.08.2009 bis 31.07.2015) eingetreten.

Beispiel 6: 6-Jahreszeitraum nach Ende der Ausbildung und ein Jahr Pflichtbeiträge in den letzten 2 Jahren

(Beispiel zu Abschnitt 5.2)

Versicherter geboren am 27.10.1979

Schul- und Hochschulausbildung bis 31.05.2007

Lücke (keine rentenrechtlich relevanten Zeiten) vom 01.06.2007 bis 30.04.2009

versicherungspflichtige Beschäftigung vom 01.05.2009 bis 30.04.2010

Lücke (keine rentenrechtlich relevanten Zeiten) vom 01.05.2010 bis 30.04.2011

Eintritt der vollen Erwerbsminderung am 01.05.2011

Lösung:

Die Wartezeit für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist vorzeitig erfüllt. Die volle Erwerbsminderung ist innerhalb von 6 Jahren nach dem Ende der Ausbildung (01.06.2007 bis 31.05.2013) eingetreten und der Versicherte hat in den letzten 2 Jahren vor Eintritt der vollen Erwerbsminderung (01.05.2009 bis 30.04.2011) ein Jahr mit Pflichtbeiträgen (01.05.2009 bis 30.04.2010) für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit belegt.

Beispiel 7: 6-Jahreszeitraum nach Ende der Ausbildung und ein Jahr Pflichtbeiträge in den letzten 2 Jahren

(Beispiel zu Abschnitt 5.2)

Versicherter geboren am 27.10.1979

Schul- und Hochschulausbildung bis 31.05.2006

Lücke (keine rentenrechtlich relevanten Zeiten) vom 01.06.2006 bis 30.04.2008

versicherungspflichtige Beschäftigung vom 01.05.2008 bis 31.03.2009

Lücke (keine rentenrechtlich relevanten Zeiten) vom 01.04.2009 bis 30.04.2011

Eintritt der vollen Erwerbsminderung am 01.05.2011

Lösung:

Die Wartezeit für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist nicht vorzeitig erfüllt. Die volle Erwerbsminderung ist zwar innerhalb von 6 Jahren nach dem Ende der Ausbildung (01.06.2006 bis 31.05.2012) eingetreten, der Versicherte hat aber in den letzten 2 Jahren vor Eintritt der vollen Erwerbsminderung (01.05.2009 bis 30.04.2011) nicht mindestens ein Jahr mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit belegt.

Beispiel 8: Verlängerung des 2-Jahreszeitraumes

(Beispiel zu Abschnitt 5.2)

Versicherter geboren am 16.12.1981

Vollendung des 17. Lebensjahres am 15.12.1998

Schulausbildung vom 16.12.1998 bis 31.08.2001

versicherungspflichtige Beschäftigung vom 01.09.2001 bis 31.08.2005

Hochschulausbildung - ohne Abschluss - vom 01.09.2005 bis März 2011

Eintritt der vollen Erwerbsminderung am 16.03.2011

Lösung:

Die Hochschulausbildung vom 01.09.2005 bis März 2011 verlängert den 2-Jahreszeitraum; mit 67 Monaten wird die Höchstdauer von 7 Jahren nicht überschritten. Verlängerter 2-Jahreszeitraum ist damit die Zeit vom 01.09.2003 bis 15.03.2011. In diesem Zeitraum hat der Versicherte mindestens 1 Jahr (tatsächlich 24 Monate) Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit. Die Voraussetzung des § 53 Abs. 2 SGB VI ist damit gegeben

EM-ReformG vom 20.12.2000 (BGBl. I S. 1827)

Inkrafttreten: 01.01.2001

Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 14/4230

§ 53 Abs. 2 SGB VI ist durch das Gesetz zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (EM-ReformG) redaktionell geändert worden. In Satz 1 wurde das Wort „erwerbsunfähig“ durch die Wörter „voll erwerbsgemindert“ und in Satz 2 wurde das Wort „Erwerbsunfähigkeit“ durch die Wörter „vollen Erwerbsminderung“ ersetzt.

Korrekturgesetz vom 19.12.1998 (BGBl. I S. 3843)

Inkrafttreten: 01.01.2000

Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 14/45

Die Neuregelung der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und damit die ab 01.01.2000 geplante Anpassung des § 53 Abs. 2 SGB VI wurde durch Art. 1 § 1 des Gesetzes zu Korrekturen in der Sozialversicherung und zur Sicherung der Arbeitnehmerrechte (Korrekturgesetz) auf den 01.01.2001 hinausgeschoben. Sie wäre allerdings nur zu diesem Zeitpunkt in Kraft getreten, wenn bis zu diesem Zeitpunkt durch Gesetz nicht - wie mit dem EM-ReformG geschehen - etwas anderes geregelt worden wäre.

RRG 1999 vom 16.12.1997 (BGBl. I S. 2998)

Inkrafttreten: 01.01.1992

Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 13/8011

§ 53 Abs. 2 SGB VI wurde durch Art. 1 RRG 1999 rückwirkend zum 01.01.1992 um den Satz 2 ergänzt. Es handelte sich um eine Folgeänderung aufgrund der Neuordnung der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Danach verlängert sich der 2-Jahreszeitraum, der zumindest ein Jahr Pflichtbeiträge aufweisen muss, um Zeiten einer schulischen Ausbildung nach Vollendung des 17. Lebensjahres bis zu sieben Jahren. Die Neuordnung gilt - in Verbindung mit § 245 Abs. 1 SGB VI - für Fälle, in denen der Versicherte nach dem 31.12.1972 erwerbsunfähig geworden oder gestorben ist. Die vorherige Regelung führte in keineswegs untypischen Fällen immer wieder zu besonderen Härten, wenn Versicherte vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit zum Beispiel ein Studium aufgenommen hatten und in der Studienzeit oder in unmittelbarem Anschluss daran erwerbsunfähig geworden waren.

Ferner sollte § 53 SGB VI für Zeiten ab 01.01.2000 an die veränderten Voraussetzungen für Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit angepasst werden.

Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz UVEG vom 07.08.1996 (BGBl. I S. 1254)
Inkrafttreten: 01.01.1997

Mit dem „Gesetz zur Einordnung des Rechts zur gesetzlichen Unfallversicherung in das Sozialgesetzbuch“ wurde vom 01.01.1997 neben dem Arbeitsunfall auch ausdrücklich die Berufskrankheit im Sinne der Unfallversicherung in § 53 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und S. 2 SGB VI aufgenommen. Eine rechtliche Änderung ergab sich hierdurch nicht, da die Berufskrankheit bis zu diesem Zeitpunkt dem Arbeitsunfall gleichgestellt wurde.

SGB VI-ÄndG vom 15.12.1995 (BGBl. I S. 1824)

Inkrafttreten: 01.01.1996

Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 13/2590

In § 53 Abs. 1 SGB VI wurden mit Wirkung vom 01.01.1996 durch das „Gesetz zur Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze“ die Worte „mit Pflichtbeiträgen“ durch die Worte Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit ersetzt. Gleichzeitig wurde § 53 SGB VI um den Absatz 3 ergänzt, der abschließend aufzählt, welche Beiträge den „Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit“ gleichstehen. Es handelt sich um eine Aufzählung der Pflichtbeitragszeiten, die nicht auf einer Beschäftigung oder Tätigkeit beruhen, die aber den Pflichtbeitragszeiten für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit gleichgestellt werden. Sie ist abschließend, so dass andere Zeiten, die dort nicht genannt sind, nicht anzurechnen sind (zum Beispiel: Zeiten aus einem Versorgungsausgleich).

Soweit inländische Pflichtbeitragszeiten zu berücksichtigen sind, ergaben sich durch die Neuregelungen keine rechtlichen Änderungen. Auswirkungen hat die Rechtsänderung lediglich bei Anwendung über- beziehungsweise zwischenstaatlicher Rechtsvorschriften (sogenannte „Wohnzeiten“).

RRG 1992 vom 18.12.1989 (BGBl. I S. 2261)

Inkrafttreten: 01.01.1992

Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 11/4124

Die Vorschrift des § 53 SGB VI ist am 01.01.1992 durch das Gesetz zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung - RRG 1992 in Kraft getreten. Vorgängerregelungen waren bis zum 31.12.1991 die §§ 29 AVG, 1252 RVO und § 52 RKG.

§ 53 SGB VI entspricht weitestgehend den bisherigen Regelungen. Änderungen erfolgten insoweit, als

  • die Tatbestände im Absatz 1 modifiziert wurden,
  • im Falle eines Arbeitsunfalls bis zum 31.12.1991 nur ein Beitrag vorliegen musste,
  • bis zum 31.12.1991 nur sechs Pflichtbeiträge gefordert wurden und
  • der Absatz 2 dahingehend erweitert wurde, dass die Erwerbsunfähigkeit nicht nur einen Unfall, sondern auch infolge einer Krankheit eintreten kann.

Durch das Erfordernis von mindestens einem Jahr mit Pflichtbeiträgen soll verhindert werden, dass Beschäftigte oder selbständig Tätige, die nicht aktuell versicherungspflichtig sind, sich durch einen einzigen Beitrag die Möglichkeit einer zusätzlichen Absicherung bei einem Arbeitsunfall eröffnen können.

Mit der Ergänzung im Absatz 2 soll eine Lücke in der sozialen Sicherung geschlossen werden.

Zusatzinformationen

Rechtsgrundlage

§ 53 SGB VI