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§ 76 SGB IV: Erhebung der Einnahmen

Änderungsdienst
veröffentlicht am

04.02.2023

Änderung

Dokumentdaten
Stand20.12.2018
Erstellungsgrundlage in der Fassung der Neunten Zuständigkeitsanpassungsverordnung vom 31.10.2006 in Kraft getreten am 08.11.2006
Rechtsgrundlage

§ 76 SGB IV

Version002.00

Inhalt der Regelung

Einnahmen der Versicherungsträger sind rechtzeitig und vollständig zu erheben. Aus sozialen und verwaltungsökonomischen Gründen werden für Ansprüche der Versicherungsträger Ausnahmen zugelassen, indem unter bestimmten Voraussetzungen Stundung, Niederschlagung oder Erlass möglich sind. Für Stundung, Niederschlagung und Erlass von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen werden Zuständigkeit und Verfahren geregelt. Die Versicherungsträger sind unter bestimmten Bedingungen ermächtigt, über rückständige Beitragsansprüche Vergleiche zu schließen.

Ergänzende/korrespondierende Regelungen

Regelungen zur Zahlung der Vollstreckungspauschale bei Übermittlung von Vollstreckungsanordnungen an die Hauptzollämter nach der Vollstreckungspauschalen-Verordnung (VollstrPV).

Die GRA zu Übersicht InsO enthält Ausführungen zum Insolvenzverfahren.

Grundsätzliches zur Erhebung von Einnahmen

Einnahmen sind rechtzeitig und vollständig zu erheben (§ 76 Abs. 1 SGB IV).

Von der Einziehung fälliger Ansprüche darf nur aufgrund gesetzlicher Vorschriften oder der Bestimmungen des § 76 SGB IV abgesehen werden. Die Einziehung ist auszusetzen, soweit und solange ein Verfahren schwebt und dieses voraussichtlich zu einem Wegfall oder einer Minderung des Anspruchs führen wird (siehe GRA zu § 86a SGG und GRA zu § 86b SGG).

Bei der Einziehung ist das zweckmäßigste und sparsamste Verfahren zu wählen.

Bleiben Zahlungsaufforderung und Mahnung ergebnislos, so sind Ansprüche gegen natürliche Personen oder juristische Personen des privaten Rechts unverzüglich beizutreiben.

Als Beitreibungsmaßnahmen kommen unter anderem in Betracht:

  • Auf- oder Verrechnung (§§ 51, 52 SGB I),
  • gerichtliche Mahnverfahren (§§ 688 ff. ZPO) oder zivilrechtliche Klageerhebung mit nachfolgender Zwangsvollstreckung,
  • Verwaltungsvollstreckungsmaßnahmen (§ 66 SGB X).

Bei überzahlten Renten sind die von der Deutschen Rentenversicherung beschlossenen „Grundsätze für den Umgang mit überzahlten Renten in der gesetzlichen Rentenversicherung“ (FAVR 4/2013, TOP 3, Anlage 3) zu beachten. Diese legen gemeinsame Standards für die Erfassung von überzahlten Renten und das weitere Vorgehen bei Überzahlungen in der gesetzlichen Rentenversicherung fest.

Begriffsbestimmungen

Ansprüche im Sinne dieses Rechtshandbuchs sind alle dem Rentenversicherungsträger aus öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Beziehungen erwachsenen, dem Grunde und der Höhe nach festgestellten oder als festgestellt geltenden Forderungen in Geld oder Geldeswert.

Als Ansprüche kommen insbesondere in Betracht:

  • Beitragsansprüche, Säumniszuschläge, Zinsen.
  • Ansprüche auf Ersatz von Vollstreckungskosten (Mahn-/Pfändungs-, Wegnahme- und Verwertungsgebühren, Auslagen).
  • Regressansprüche nach § 110 SGB VII, §§ 116, 119 SGB X beziehungsweise den Vorgänger- und Parallelvorschriften sowie Forderungsübergänge nach §§ 6 und 9 EFZG.
  • Ansprüche nach § 50 SGB X, §§ 812 ff. BGB (zum Beispiel bei Überzahlung von Renten und Übergangsgeld).
  • Zuzahlungsansprüche für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation.
  • Forderungen aus Vermögensanlagen.
  • Ansprüche aus Verträgen (zum Beispiel Bauverträge).
  • Forderungen von Kliniken oder Sanatorien des Rentenversicherungsträgers (zum Beispiel aus Verträgen mit Selbstzahlern).
  • Regressforderungen gegen Mitarbeiter.
  • Rückforderungen aus Löhnen, Vergütungen und Dienstbezügen oder anderer zu Unrecht gezahlter Leistungen aufgrund gesetzlicher oder tarifvertraglicher Regelungen aus einem Dienst- oder Beschäftigungsverhältnis mit dem Rentenversicherungsträger oder die mit einem Dienst- oder Beschäftigungsverhältnis im Zusammenhang stehen.
  • Ansprüche nach dem G 131.
  • Schadensersatzansprüche gegenüber Dritten.
  • Erstattungsansprüche gegenüber anderen Sozialleistungsträgern.
  • Buß- und Zwangsgeldansprüche.

Stundung

Ansprüche dürfen nur gestundet werden, wenn die sofortige Einziehung mit erheblichen Härten für die Schuldner verbunden wäre und der Anspruch durch die Stundung nicht gefährdet wird (§ 76 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 SGB IV).

Mit der Stundung (dazu zählt auch eine vereinbarte ratenweise Zahlung) wird die Fälligkeit eines Anspruchs hinausgeschoben. Sie ist regelmäßig nur auf Antrag einzuräumen, wobei eine Stundungsfrist festgelegt wird. Über einen Antrag auf Stundung wird durch Bescheid entschieden. Dieser Bescheid sollte so gestaltet sein, dass die unbegründete Nichteinhaltung der in der Stundung getroffenen Vereinbarungen (zum Beispiel regelmäßige Ratenzahlung, Einhaltung der Mitwirkungspflichten) zum sofortigen Ende der Stundungsvereinbarung führt, mit der Folge, dass die gesamte gestundete Forderung fällig und vollstreckbar wird.

Eine erhebliche Härte liegt vor, wenn der Schuldner nach seinen wirtschaftlichen Verhältnissen nicht in der Lage ist, den Anspruch sofort zu begleichen und eine Zwangsvollstreckung den Schuldner in eine wirtschaftliche Notlage brächte oder aus anderen Gründen unbillig wäre.

Dabei sind die Gesamtumstände, zum Beispiel die Entstehung des Anspruchs, das Verhalten des Schuldners bei und nach der Aufdeckung des Schadensfalles sowie der Zahlungswille angemessen zu berücksichtigen.

Die Stundung soll gegen angemessene Verzinsung und in der Regel nur gegen Sicherheitsleistung (§§ 232 ff. BGB) zugestanden werden (§ 76 Abs. 2 S. 2 SGB IV). Als angemessene Verzinsung ist regelmäßig ein Zinssatz von 2 Prozentpunkten über dem nach § 247 Abs. 1 BGB jeweils geltenden Basiszinssatz, der von der Bundesbank bekannt gegeben wird (aktuell unter http://www.bundesbank.de), anzusehen.

Niederschlagung

Ansprüche dürfen nur niedergeschlagen werden, wenn feststeht, dass die Einziehung keinen Erfolg haben wird oder wenn die Kosten der Einziehung außer Verhältnis zur Höhe des Anspruchs stehen (§ 76 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 SGB IV). Die Einziehung hat keinen Erfolg, wenn mit großer Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, dass der Zahlungspflichtige unter Berücksichtigung seines Alters und seiner wirtschaftlichen Verhältnisse voraussichtlich auch nach längerem Zeitablauf nicht in der Lage sein wird, die Schuld zu tilgen.

Die Niederschlagung ist eine verwaltungsinterne Maßnahme, die keines besonderen Antrags des Schuldners bedarf. Sie kann auf einen Teil der Forderung beschränkt werden. Durch die Niederschlagung erlischt der Anspruch nicht; die weitere Rechtsverfolgung wird dadurch nicht ausgeschlossen.

Mit der Niederschlagung wird von der Weiterverfolgung eines fälligen Anspruchs entweder vorläufig (befristete Niederschlagung - siehe auch Abschnitte 4.3.1 und 5.2.3) oder endgültig (unbefristete Niederschlagung - siehe auch Abschnitte 4.3.2 und 5.2.4) abgesehen.

Erlass

Ansprüche dürfen erlassen werden, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falles unbillig wäre; unter den gleichen Voraussetzungen können bereits gezahlte Beiträge erstattet oder angerechnet werden (§ 76 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 SGB IV).

Mit dem Erlass erlischt der fällige Anspruch. Dies gilt auch für Zinsansprüche, die sich aus dem Hauptanspruch ergeben. Ein Erlass kommt nur ausnahmsweise in Betracht.

„Unbilligkeit” ist ein unbestimmter Rechtsbegriff. Die Entscheidung, ob die Geltendmachung des Anspruchs im Einzelfall unbillig wäre, erfordert eine Abwägung der schutzwürdigen Interessen der Versichertengemeinschaft mit denen des Schuldners.

Die Unbilligkeit kann sich dabei auf die Person des Schuldners, insbesondere auf seine wirtschaftlichen Verhältnisse, oder auf die Sache selbst beziehen. Bei der Beurteilung der Möglichkeit eines Erlasses sind also persönliche oder sachliche Beurteilungsgrundlagen von Bedeutung.

Persönliche Billigkeitsgründe sind dann gegeben, wenn eine Gefährdung des wirtschaftlichen Fortbestehens oder des notwendigen Lebensunterhalts des Schuldners besteht.

Die Voraussetzung für einen Erlass wird deshalb erfüllt, wenn die Weiterverfolgung des Anspruchs die wirtschaftliche oder persönliche Existenz des Schuldners vernichten oder ernstlich gefährden würde.

Ob diese Voraussetzung vorliegt, muss anhand der gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse, insbesondere unter Berücksichtigung des Bestandes und der voraussichtlichen Entwicklung des Vermögens geprüft werden.

Aus Gründen sachlich bedingter Unbilligkeit kann ein Erlass dann zugestanden werden, wenn ein Sachverhalt zwar den gesetzlichen Tatbestand erfüllt, im Einzelfall aber mit dem Sinn und Zweck des Gesetzes nicht - mehr - vereinbar ist.

Die Voraussetzungen für einen Erlass wegen sachlicher Unbilligkeit sind insbesondere dann als gegeben anzusehen, wenn nach dem erklärten oder mutmaßlichen Willen des Gesetzgebers angenommen werden kann, dass dieser die im Billigkeitswege zu entscheidenden Fragen - hätte er sie denn geregelt - im Sinne des beabsichtigten Erlasses entschieden hätte. In diesen Fällen kommt es auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners nicht an.

Vor dem Erlass ist grundsätzlich darauf zu achten, dass der Schuldner wenigstens einen Teil der Forderung getilgt hat. Der Erlass kann auf einen Teil der Forderung beschränkt werden. Hat der Schuldner die Überzahlung, den Verlust oder die sonstigen Vermögensschäden vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht, kommt ein Erlass grundsätzlich nicht in Betracht.

Bei Ansprüchen, die privatrechtlich begründet sind, ist der Erlass zwischen dem Versicherungsträger und dem Schuldner vertraglich zu vereinbaren. Entsprechendes gilt auch für Ansprüche aus öffentlich-rechtlichen Verträgen. In den übrigen Fällen ist der Erlass dem Schuldner durch Verwaltungsakt bekannt zu geben.

Der Erlass kann unter einer Bedingung (zum Beispiel Zahlung eines bestimmten Betrages oder eines bestimmten Teils der Schuld) ausgesprochen werden. Mit der Erfüllung der Bedingung wird der Erlass ohne weiteres wirksam.

Abschluss von Vergleichen

Ein Vergleich im Sinne dieses Rechtshandbuchs ist ein gerichtlicher oder außergerichtlicher Vertrag, der einen Streit oder die Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis im Wege des gegenseitigen Nachgebens beseitigt; der Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis steht es gleich, wenn die Verwirklichung eines Anspruchs unsicher ist (§ 779 BGB).

Vergleiche dürfen nur abgeschlossen werden, wenn dies für den Rentenversicherungsträger zweckmäßig und wirtschaftlich ist.

Der Abschluss eines Vergleichs ist zulässig, wenn er an die Stelle einer Stundung, einer Niederschlagung oder eines Erlasses tritt und die Voraussetzungen für eine derartige Maßnahme erfüllt sind.

Besonderheiten bei der Veränderung von Beitragsansprüchen durch Einzugsstellen

Die Möglichkeit zur Niederschlagung von Beitragsansprüchen ist durch das Verwaltungsvereinfachungsgesetz ab 01.04.2005 erweitert worden.

Beitragsansprüche dürfen auch niedergeschlagen werden, wenn der Arbeitgeber mehr als sechs Monate meldepflichtige Beschäftigte nicht mehr gemeldet hat und die Ansprüche die von den Spitzenverbänden der Sozialversicherung und der Bundesagentur für Arbeit gemeinsam und einheitlich festgelegten Beträgen nicht überschreiten. Die Grenzbeträge sollen auch an eine vorherige Vollstreckungsmaßnahme gebunden werden, wenn die Kosten der Maßnahme in einem wirtschaftlich vertretbaren Verhältnis zur Höhe der Forderung stehen. Diese Vereinbarung bedarf der Genehmigung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales. Kommt eine solche Vereinbarung nicht innerhalb einer vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales festgesetzte Frist zustande, bestimmt dieses nach Anhörung der Beteiligten die Beträge durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates (§ 76 Abs. 2 S. 3 und 4 SGB IV).

Zuständigkeit der Einzugsstellen und Verfahren

Über die Veränderung von Ansprüchen auf den Gesamtsozialversicherungsbeitrag nach § 76 Abs. 2 SGB IV und den möglichen Abschluss eines Vergleichs über rückständige Beitragsansprüche entscheidet die zuständige Einzugsstelle (§ 76 Abs. 3 und 4 SGB IV). Es gelten die Einheitlichen Grundsätze zur Erhebung von Beiträgen, zur Stundung, zur Niederschlagung und zum Erlass sowie zum Vergleich von Beitragsansprüchen (Beitragserhebungsgrundsätze) vom 17.02.2010 (Rundschreiben der DRV Bund vom 01.03.2010, AZ: 20-40-40-00, Anlage ).

Zuständige Einzugsstelle ist grundsätzlich die Krankenkasse, die im Einzelfall die Krankenversicherung durchführt oder bei entsprechender Versicherungspflicht durchführen müsste. Da es sich bei dem Anspruch auf den Gesamtsozialversicherungsbeitrag im Sinne des § 28d SGB IV um einen einheitlichen Beitragsanspruch handelt, können sich Veränderungen nur auf den Gesamtsozialversicherungsbeitrag insgesamt - nicht etwa gesondert auf Beiträge zu einzelnen Versicherungszweigen - beziehen. Ein einzelner Sozialversicherungszweig darf dabei weder bevorzugt noch benachteiligt werden.

Die Regelungen des § 76 Abs. 3 und 4 SGB IV sind uneingeschränkt auch auf die Beitragsansprüche anzuwenden, die nach § 175 Abs. 2 S. 1 SGB III (Beiträge während Insolvenzgeldanspruch) gegenüber dem Arbeitgeber bestehen bleiben und von der Einzugsstelle weiterzuverfolgen sind.

Niedergeschlagene oder erlassene Beiträge sind von der Einzugsstelle nach § 26 Abs. 4 SRVwV (Allgemeine Verwaltungsvorschrift über das Rechnungswesen in der Sozialversicherung) vom Beitragssoll abzusetzen und getrennt nach

  • erlassenen Beiträgen (Liste A),
  • unbefristet niedergeschlagenen Beiträgen (Liste B) und
  • befristet niedergeschlagenen Beiträgen (Liste C)

festzuhalten.

Die erforderliche Zustimmung zur weiteren Stundung von Beitragsansprüchen sowie zur Niederschlagung und zum Erlass von Beitragsansprüchen ist generell von dem Rentenversicherungsträger zu erteilen, der nach der Prüfziffer der Betriebsnummer zuständig ist. Geht der Zuständigkeitsbereich über den Bereich eines Regionalträgers der Rentenversicherung hinaus, bestimmt sich die Zuständigkeit nach dem Sitz der Einzugsstelle.

Stundung

Die Einzugsstelle kann Ansprüche auf Gesamtsozialversicherungsbeiträge, deren Höhe die jährliche Bezugsgröße nicht überschreitet, nach ihrem Ermessen stunden. Dauert diese Stundung länger als zwei Monate und wird der Grenzwert überschritten, muss die Krankenkasse dem zuständigen Rentenversicherungsträger und der Bundesagentur für Arbeit bei der nächsten Monatsabrechnung die Höhe der auf sie jeweils entfallenden Beitragsansprüche und den Stundungszeitraum mitteilen. Danach darf sie nur dann noch weiterhin stunden, wenn die Beteiligten zugestimmt haben.

Niederschlagung

Nach § 76 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 in Verbindung mit Abs. 3 SGB IV darf die Einzugsstelle Beitragsansprüche, deren Höhe insgesamt die Bezugsgröße übersteigt, nur im Einvernehmen mit den beteiligten Rentenversicherungsträgern und der Bundesagentur für Arbeit niederschlagen. Da die Spitzenverbände der Krankenkassen die gemeinsame Herausgabe von Grundsätzen für die unbefristete Niederschlagung von Beiträgen nicht für erforderlich halten und das vorgeschlagene Zustimmungsverfahren bei der befristeten Niederschlagung von Beitragsansprüchen ablehnen, ist von den von der Rentenversicherung und der Bundesagentur für Arbeit gebilligten Grundsätzen im Zustimmungsverfahren auszugehen.

Beitragsansprüche dürfen nach § 76 Abs. 2 S. 2 SGB IV auch niedergeschlagen werden, wenn der Arbeitgeber mehr als sechs Monate meldepflichtige Arbeitnehmer nicht mehr gemeldet hat (sogenannte geschlossene Konten) und die Ansprüche die von den Spitzenverbänden der Sozialversicherungsträger und der Bundesagentur für Arbeit gemeinsam und einheitlich festgelegten Beträge nicht überschreiten. Die Grenzbeträge sollen auch an eine vorherige Vollstreckungsmaßnahme gebunden werden, wenn die Kosten der Maßnahme in einem wirtschaftlich vertretbaren Verhältnis zur Höhe der Forderung stehen. Im Übrigen bedarf nach § 76 Abs. 2 S. 3 SGB IV die Festlegung von Kleinstbeträgen durch die Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger und die Bundesagentur für Arbeit der Genehmigung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales.

Befristete Niederschlagung

In Fällen einer befristeten Niederschlagung von Beitragsansprüchen darf das nach Auffassung der Rentenversicherungsträger und der Bundesagentur für Arbeit nach § 76 Abs. 3 S. 3 SGB IV erforderliche Einvernehmen widerruflich auch im Rahmen der Einzugsstellenprüfung nach § 28q Abs. 1 SGB IV nachgeholt werden, wenn die Einzugsstelle am CUP-D-Verfahren (Computerunterstützte Einzugsstellenprüfung) teilnimmt.

Nach den Grundsätzen für die befristete Niederschlagung von Beitragsansprüchen muss über eine befristete Niederschlagung von Beiträgen im Einzelfall entschieden werden. Sie ist grundsätzlich nur bei geschlossenen Konten (Betriebsschließung, soweit nicht saisonbedingt) zulässig. Weitere Voraussetzung ist, dass

  • die Zwangsvollstreckung mindestens einmal erfolglos verlaufen ist oder der Schuldner bereits die Vermögensauskunft (bis 31.12.2012: eidesstattliche Versicherung) abgegeben hat und weitere Einziehungsmaßnahmen voraussichtlich vorübergehend keinen Erfolg haben werden oder
  • ein Insolvenzverfahren eröffnet, mangels Masse abgewiesen oder die Betriebstätigkeit vollständig eingestellt wurde und ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht gestellt worden ist und ein entsprechendes Verfahren offensichtlich mangels Masse nicht in Betracht kommt sowie weitere Einziehungsmaßnahmen voraussichtlich keinen Erfolg haben werden.

Im Übrigen sind Pflichtbeiträge, die aufgrund des § 175 SGB III beantragt worden sind, nicht in die Liste C zu übernehmen.

Bei Beitragskonten mit laufendem Beitragssoll darf ausnahmsweise dann eine befristete Niederschlagung erfolgen, wenn die Schuld das Sechsfache des durchschnittlichen monatlichen Beitragssolls der letzten 12 Kalendermonate übersteigt. Voraussetzung ist, dass

  • die Zwangsvollstreckung mindestens einmal erfolglos verlaufen ist oder
  • der Schuldner bereits die Vermögensauskunft (bis 31.12.2012: eidesstattliche Versicherung) abgegeben hat oder
  • ein Insolvenzverfahren eröffnet oder mangels Masse abgewiesen wurde und weitere Einziehungsmaßnahmen voraussichtlich vorübergehend keinen Erfolg haben werden.

Unbefristete Niederschlagung

Ist anzunehmen, dass die Einziehung wegen der wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners oder aus anderen Gründen (zum Beispiel Tod des Schuldners) dauernd ohne Erfolg bleiben wird, so darf von einer weiteren Verfolgung des Anspruchs abgesehen werden.

Die Voraussetzungen für eine unbefristete Niederschlagung liegen vor, wenn nach den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Schuldners angenommen werden muss, dass die Forderung weder gegenwärtig noch unter Berücksichtigung möglicher Änderungen zu verwirklichen sein wird. Jedoch sind die wirtschaftlichen Verhältnisse in angemessenen Zeitabständen zu prüfen.

Beitragsansprüche aus geschlossenen Konten dürfen nach der zweiten Alternative des § 76 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 SGB IV unbefristet niedergeschlagen werden, wenn die für den Einzug entstehenden Kosten nicht im Verhältnis zur Höhe des Beitragsanspruchs stehen.

Erlass von Beitragsansprüchen

Die Einzugsstelle darf den Erlass von Beitragsansprüchen, deren Höhe insgesamt den Betrag von einem Sechstel der Bezugsgröße übersteigt, nur im Einvernehmen mit den beteiligten Trägern der Rentenversicherung und der Bundesagentur für Arbeit vornehmen.

Zu den Beitragsansprüchen gehören nach § 28e Abs. 4 SGB IV auch die Säumniszuschläge nach § 24 SGB IV. Die Voraussetzungen, unter denen ein Erlass von Säumniszuschlägen möglich ist, sind in der Gemeinsamen Verlautbarung der Spitzenorganisationen der Sozialversicherung zur Erhebung und zum Erlass von Säumniszuschlägen nach § 24 SGB IV vom 09.11.1994 geregelt.

Vergleich über rückständige Beitragsansprüche

Die Einzugsstelle ist zu einem Vergleich über rückständige Beitragsansprüche (dazu gehören auch Schadensersatzansprüche nach § 823 Abs. 2 BGB gegen den gesetzlichen Vertreter einer GmbH) ermächtigt, wenn dies für sie, die beteiligten Rentenversicherungsträger und die Bundesagentur für Arbeit wirtschaftlich und zweckmäßig ist. Bei einem Vergleich sind §§ 54 ff. SGB X zu beachten.

Nach § 76 Abs. 4 S. 2 SGB IV ist ein Vergleich über rückständige Beiträge, Säumniszuschläge und Zinsen, deren Höhe insgesamt die Bezugsgröße übersteigt, nur zulässig, wenn die beteiligten Rentenversicherungsträger und die Bundesagentur für Arbeit zugestimmt haben.

Im Rahmen der Prüfung, ob ein Vergleich wirtschaftlich und zweckmäßig ist, hat die Einzugsstelle Dauer, Kosten und Erfolgsaussichten einer weiteren Sachaufklärung sowie ein Prozessrisiko gegen den wirtschaftlichen Wert abzuwägen, den der mögliche Vergleichsgegenstand für sie und die sonstigen Beteiligten hat.

Dabei gilt, dass ein Vergleich nach § 76 Abs. 4 SGB IV grundsätzlich nur abgeschlossen werden darf, wenn mindestens 50 % des Anspruchs realisiert werden. Dies gilt nicht für Vergleiche im Rahmen eines Insolvenzverfahrens. Hier kann insbesondere bei einer vorhersehbaren Restschuldbefreiung ein Vergleich mit einer deutlich geringeren Quote wirtschaftlich und zweckmäßig sein.

Besonderheiten bei der Erhebung der Ansprüche gegenüber versicherungspflichtigen Selbständigen

Einnahmen sind rechtzeitig und vollständig zu erheben. Einnahmen der Rentenversicherung im Sinne des § 76 Abs. 1 SGB IV sind bei versicherungspflichtigen Selbständigen Mahngebühren, wie Gebühren zu behandelnde Entgelte für Rücklastschriften, Pflichtbeiträge, Säumniszuschläge, Stundungszinsen und Bußgelder.

Keine Einnahme im Sinne des § 76 Abs. 1 SGB IV ist die Vollstreckungspauschale, die seit dem 01.07.2014 aufgrund der Übermittlung von Vollstreckungsanordnungen an die Hauptzollämter entsteht. Die Vollstreckungspauschale nach der Vollstreckungspauschalen-Verordnung (VollstrPV) ist ausnahmslos vom Rentenversicherungsträger zu zahlen.

Die Feststellung und Erhebung der Beitragsansprüche setzt regelmäßig voraus, dass dem Rentenversicherungsträger Tatsachen bekannt werden, die zur Einleitung eines entsprechenden Verfahrens führen. Sofern Meldeverfahren bestehen (zum Beispiel für Gewerbetreibende im Handwerksbetrieb - vergleiche § 196 Abs. 3 SGB VI), können die Verfahren unverzüglich eingeleitet werden. Bei dem Personenkreis der versicherungspflichtigen Selbständigen, die selbst an den Rentenversicherungsträger herantreten müssen (vergleiche § 190a SGB VI), können Beitragsverfahren - zum Beispiel aufgrund von Unkenntnis über die Versicherungspflicht - unter Umständen erst mit einer erheblichen zeitlichen Verzögerung eingeleitet werden.

Sofern aus den vorliegenden Informationen erkennbar ist, dass dem Rentenversicherungsträger ein Beitragsanspruch erwachsen ist oder mit hinreichender Wahrscheinlichkeit erwachsen wird, ist ein Verfahren zur Feststellung der Versicherungs- und Beitragspflicht einzuleiten.

Wird die festgestellte Beitragsforderung nicht vollständig oder rechtzeitig gezahlt, sind die notwendigen Maßnahmen (Forderung, Mahnung und gegebenenfalls Vollstreckung) einzuleiten.

Bei der Durchführung des Beitragsverfahrens von versicherungspflichtigen Selbständigen (§§ 2, 4 Abs. 2 und 229a SGB VI) sind auch die Grundsätze zur Stundung, Niederschlagung und zum Erlass anzuwenden (siehe Abschnitt 3.1 ff.). Sofern der versicherungspflichtige Selbständige der Beitragsschuldner ist (§ 169 SGB VI), sind für die Entscheidung über Stundung, Niederschlagung oder Erlass die wirtschaftlichen Verhältnisse des Selbständigen maßgebend und nicht die seines Unternehmens.

Stundung

Der Anspruch darf durch eine Stundung nicht gefährdet werden (Abschnitt 5.1.1). Eine Stundung soll gegen angemessene Verzinsung (Abschnitt 5.1.2) und in der Regel nur gegen Sicherheitsleistung (Abschnitt 5.1.3) gewährt werden. Bei der Vereinbarung einer Stundung ist es möglich, die Forderung durch regelmäßige Ratenzahlung (Abschnitt 5.1.4) oder durch Zahlungsaufschub ohne Ratenzahlung (Abschnitt 5.1.5) zu tilgen.

Mit der Stundung wird die Fälligkeit (vergleiche § 23 Abs. 1 S. 2 SGB IV) des Beitragsanspruchs hinausgeschoben.

Die Stundung ist nur auf Antrag möglich, wobei eine Stundungsfrist festgelegt wird. Für die Entscheidung über den Stundungsantrag ist die vollständige Klärung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse unter Mitwirkung des Schuldners erforderlich. Über den Antrag auf Stundung wird durch Bescheid entschieden. Dieser Bescheid sollte so gestaltet sein, dass die unbegründete Nichteinhaltung der in der Stundung getroffenen Vereinbarungen (zum Beispiel regelmäßige Ratenzahlung) zum sofortigen Ende der Stundungsvereinbarung führt, mit der Folge, dass die gesamte gestundete Forderung fällig und vollstreckbar wird.

Der Zeitraum der Stundung beginnt mit der Bekanntgabe des Stundungsbescheides (vergleiche AGBGLBE 2/2011, TOP 7)

Keine Gefährdung des Anspruchs

Durch die Stundung einer Forderung sollen erhebliche Härten für den Versicherten vermieden werden. Die Stundung ist jedoch nur dann zulässig, wenn der Anspruch dadurch nicht gefährdet ist.

Der Anspruch ist gefährdet, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür gegeben sind, dass dieser nach Ablauf der Stundungsfrist nicht erfüllt wird. Hierfür reichen Mutmaßungen nicht aus, wohl aber schlechte Erfahrungen in der Vergangenheit, wenn zum Beispiel bereits früher nach Ablauf einer Stundungsfrist nicht geleistet worden ist oder frühere Vereinbarungen nicht eingehalten wurden. Eine Gefährdung ist dann nicht zu befürchten, wenn ausreichende Sicherheit geleistet worden ist.

Verzinsung einer gestundeten Forderung

Die Stundung soll gegen angemessene Verzinsung gewährt werden. Insoweit muss bei der Gewährung einer Stundung bereits im Bescheid eine grundsätzliche Aussage über die Höhe der Zinsen getroffen werden. Bei dem festgelegten Zinssatz (%) verbleibt es während der Dauer der Stundung.

Als angemessene Verzinsung ist regelmäßig ein Zinssatz von 2 Prozentpunkten über dem nach § 247 Abs. 1 BGB jeweils geltenden Basiszinssatz, der von der Bundesbank bekannt gegeben wird (aktuell unter http://www.bundesbank.de), anzusehen (vergleiche AGFAVR 1/2010, TOP 11).

Die Erhebung von (angemessenen) Zinsbeträgen kann modifiziert werden oder ganz unterbleiben, wenn dies mit Rücksicht auf die Entstehung der Forderung beziehungsweise einen unvertretbar hohen Verwaltungsaufwand geboten ist. Der Zinssatz kann insbesondere dann herabgesetzt werden, wenn

  • die Erhebung von Zinsen die Zahlungsschwierigkeiten verschärfen würde,
  • der Versicherte in seiner wirtschaftlichen Lage schwer geschädigt würde,
  • die erhebliche Härte (Abschnitt 3.1) für den Versicherten zu einer besonderen Härte (Unbilligkeit - Abschnitt 3.3) werden würde.

Bei der Berechnung der Zinsen ist die sogenannte deutsche kaufmännische Zinsmethode zu verwenden, das heißt das Jahr ist mit 360 Tagen und jeder Monat mit 30 Tagen anzusetzen (vergleiche AGFAVR 1/2010, TOP 11).

Sicherheitsleistung

Bei versicherungspflichtigen Selbständigen kann in der Regel auf eine Sicherheitsleistung verzichtet werden (vergleiche AGFAVR 1/2009, TOP 6).

Stundung mit Ratenzahlung

Die Voraussetzungen für die Gewährung einer Stundung mit Ratenzahlung sind im Rahmen des Ermessens zu prüfen. Neben den allgemeinen Voraussetzungen für die Gewährung einer Stundung sollten unter anderem folgende Punkte in die Entscheidung über eine Stundung einbezogen werden:

  • Gegebenenfalls laufend (monatlich) fällige Pflichtbeiträge werden pünktlich gezahlt, das heißt die Forderung wächst nicht weiter an.
  • Es handelt sich um einen monatlichen Ratenbetrag von mindestens 36,00 EUR; geringere Ratenbeträge sollten aufgrund von Wirtschaftlichkeitsüberlegungen nicht zugelassen werden.
  • Die Gesamtforderung kann innerhalb eines angemessenen Stundungszeitraums durch Ratenzahlung (gegebenenfalls zusätzlich zu den laufenden Pflichtbeiträgen) getilgt werden.

Als angemessener Stundungszeitraum gilt grundsätzlich ein Zeitraum von längstens drei Jahren. In Ausnahmefällen (zum Beispiel bei sehr hohen zu stundenden Forderungen) können auch längere Ratenzahlungszeiträume vorgesehen werden. In diesen Fällen sind jedoch die wirtschaftlichen Verhältnisse des Versicherten regelmäßig zu überprüfen und die Ratenhöhe gegebenenfalls anzupassen. Der Stundungsbescheid ist entsprechend zu gestalten.

Stundung ohne Ratenzahlung

Eine Stundung ohne Ratenzahlung darf in der Regel längstens für die Dauer eines Jahres ausgesprochen werden, und zwar nur dann, wenn dies ausdrücklich beantragt wird und die begründete Aussicht besteht, dass nach Ablauf der Frist der gesamte Betrag gezahlt wird.

Keine Säumniszuschläge während der Zeit der Stundung

Bei pünktlicher Zahlung der vereinbarten Raten treten kein Verzug in der Zahlung und somit auch keine Säumnis ein; deshalb kommt die Festsetzung von Säumniszuschlägen nicht in Betracht.

Säumniszuschläge nach § 24 SGB IV sind ab Eingang des Stundungsantrages beziehungsweise der Zustimmung des Selbständigen zu einer im Einzelfall vom Rentenversicherungsträger angebotenen Stundung grundsätzlich nicht mehr zu erheben. Das schließt nicht aus, dass im Einzelfall auch für die Zeit des Verwaltungsverfahrens weiterhin Säumniszuschläge erhoben werden können, wenn bei dem Selbständigen erkennbar eine mangelnde Bereitschaft bei der zur Prüfung der Stundungsvoraussetzungen erforderlichen Klärung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse besteht.

Wird die im Rahmen der Stundung gewährte Ratenzahlung nicht eingehalten und daraufhin vom Rentenversicherungsträger beendet, wird die Restforderung sofort fällig. Ab diesem Zeitpunkt sind (wieder) Säumniszuschläge auf den dann noch offenen Betrag zu erheben (vergleiche AGBGLBE 2/2011, TOP 7 und FAVR 3/94, TOP 15).

Niederschlagung

Ansprüche dürfen nur niedergeschlagen werden, wenn feststeht, dass die Einziehung keine Erfolg haben wird (Abschnitt 5.2.1) oder die Kosten der Einziehung außer Verhältnis zur Höhe des Anspruchs stehen (vergleiche Abschnitt 5.2.2).

Liegen die Voraussetzungen für eine Niederschlagung vor, ist ferner zu entscheiden, ob von der Weiterverfolgung des Anspruchs nur vorläufig (befristete Niederschlagung - vergleiche Abschnitt 5.2.3) oder auf Dauer (unbefristete Niederschlagung - Abschnitt 5.2.4) abgesehen wird.

Die Niederschlagung ist eine verwaltungsinterne Maßnahme, die keines besonderen Antrags des Schuldners bedarf und keine Verwaltungsaktqualität hat. Sie kann auf einen Teil der Forderung beschränkt werden. Für die Dauer der Niederschlagung ist eine Verzinsung der Forderung unzulässig. Durch die Niederschlagung erlischt der Anspruch nicht; die weitere Rechtsverfolgung wird dadurch nicht ausgeschlossen.

Eine Mitteilung an den Schuldner ist nicht erforderlich. Geschieht das dennoch, so ist darin das Recht vorzubehalten, den Anspruch erneut geltend zu machen. Die Niederschlagung hat keine Erlasswirkung und ist auch keine Stundung.

Zu berücksichtigen ist ferner, dass durch eine Niederschlagung Ansprüche unter Umständen verjähren können. Für Ansprüche, die durch die Erteilung eines unanfechtbar gewordenen Verwaltungsaktes festgestellt worden sind, gilt eine Verjährungsfrist von 30 Jahren (vergleiche GRA zu § 52 SGB X).

Einziehung wird keinen Erfolg haben

Ob die Einziehung keinen Erfolg haben wird, beurteilt sich nach den aktuellen und zukünftigen Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Versicherten. Diese werden in der Regel durch Erhebung der wirtschaftlichen Verhältnisse beim Versicherten oder durch eine Vollstreckungshandlung festgestellt.

Kosten der Einziehung stehen in keinen Verhältnis zu der Forderung - Kleinbeträge

Bei der Durchführung der Beitragszahlung von versicherungspflichtigen Selbständigen sind sogenannte Kleinbeträge zu berücksichtigen. Solange diese Werte nicht erreicht beziehungsweise überschritten werden, wird von bestimmten Maßnahmen für die Durchsetzung der Forderungen abgesehen. Grundlage für die Höhe der Kleinbeträge ist der Abschnitt zu § 59 BHO Ziffer 7 der Allgemeinen Verwaltungsvorschriften zur Bundeshaushaltsordnung (VV-BHO). Danach gelten aus Gründen der Wirtschaftlichkeit folgende Kleinbetragsgrenzen:

  • 7,00 EUR
    Forderungsbescheide werden nur erteilt, wenn dieser Betrag erreicht wird
  • 1,00 EUR
    Säumniszuschläge werden erst erhoben, wenn diese mindestens diesen Betrag erreichen (vergleiche § 24 Abs. 1 S. 2 SGB IV). Es handelt sich hierbei nicht um einen Kleinbetrag im Sinne der BHO, sondern im Sinne des SGB.
  • 7,00 EUR
    Eine Mahnung wird erst erteilt, wenn dieser Betrag erreicht wird.
  • 36,00 EUR
    Von einem Vollstreckungsverfahren wird abgesehen, wenn dieser Betrag nicht erreicht wird.

Befristete Niederschlagung

Von der Weiterverfolgung eines Anspruchs kann vorläufig abgesehen werden (befristete Niederschlagung), wenn die Einziehung wegen der wirtschaftlichen Verhältnisse des Versicherten oder aus anderen Gründen vorübergehend keinen Erfolg verspricht und eine Stundung nicht in Betracht kommt. Dabei ist es jedoch erforderlich, die wirtschaftlichen Verhältnisse des Versicherten in angemessenen Zeitabständen zu überprüfen.

Gründe dafür, von der Weiterverfolgung eines Anspruchs zunächst (vorläufig) abzusehen, könnten bei Selbständigen sein:

  • fruchtlos verlaufene Vollstreckungsmaßnahme(n),
  • vor kurzer Zeit abgegebene Vermögensauskunft,
  • keine Einkünfte, kein Vermögen, Bezug von Sozialhilfe (beziehungsweise vergleichbaren Leistungen),
  • Eröffnung eines Insolvenzverfahrens steht unmittelbar bevor oder es läuft bereits,
  • aus sonstigen Nachweisen ist zu erkennen, dass die Einziehung keinen Erfolg verspricht.

Unbefristete Niederschlagung

Sofern keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Forderung zukünftig mit Erfolg geltend gemacht werden kann, kommt eine unbefristete Niederschlagung in Betracht. Sollten jedoch im Laufe der Zeit Tatsachen bekannt werden, die die Möglichkeit der Einziehung der Forderung erkennen lassen (zum Beispiel Bewilligung einer Rente), ist diese wieder geltend zu machen.

Gründe dafür, von einer Überprüfung der wirtschaftlichen Verhältnisse abzusehen, können bei Selbständigen beispielsweise sein:

  • der Versicherte ist aufgrund von Alter, Krankheit oder körperlicher Gebrechen dauernd voll erwerbsgemindert, sein wirtschaftliches Unvermögen ergibt sich aus den vorliegenden Nachweisen (niedrige Rente, Bezug von Sozialhilfe oder ähnliche),
  • der Versicherte ist unbekannt verzogen, Ermittlungen verlaufen erfolglos (zum Beispiel Anfragen beim Einwohnermeldeamt, Gewerbeamt, Finanzamt, Kraftfahrt-Bundesamt, Eintragung im Bundeszentralregister),
  • der Versicherte ist ins Ausland verzogen, die Rückkehr unwahrscheinlich, die Kosten der Vollstreckung im Ausland stehen in keinem Verhältnis zur Forderungshöhe,
  • die Weiterverfolgung der Forderung ist im Hinblick auf die Forderungshöhe unwirtschaftlich (vergleiche auch Abschnitt 5.2.2),
  • dem Versicherten wurde bereits für den niederzuschlagenden Zeitraum wirksam die Restschuldbefreiung erteilt. Dadurch wurden die bis zum Tag vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch offenen (Beitrags-)Forderungen zu sogenannten unvollkommenen Verbindlichkeiten und sind daher vom Rentenversicherungsträger nicht mehr zwangsweise durchsetzbar.

Eine unbefristete Niederschlagung kommt auch in den folgenden Fällen in Betracht:

  • Tod des Versicherten, der Nachlass ist aufgebraucht, es lassen sich keine Erben über das Nachlassgericht ermitteln, die für die Nachlassverbindlichkeiten haften könnten (vergleiche § 1967 BGB),
  • Tod des Versicherten, Nachlass ist aufgebraucht, Haftung der Erben ist auf den Nachlass beschränkt (§§ 1975 ff. BGB, §§ 781, 785, 767 ZPO).

Keine Säumniszuschläge während der Zeit der Niederschlagung

Während der Niederschlagung von Beitragsansprüchen nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 entstehen auf die niedergeschlagenen Ansprüche keine weiteren Säumniszuschläge. Die gegebenenfalls vor Beginn der Niederschlagung bereits entstandenen Säumniszuschläge bleiben dagegen bestehen und sind nach beendeter Niederschlagung (wieder) zu fordern.

Entstehen aufgrund weiterhin vorliegender Versicherungspflicht während des Niederschlagungszeitraums neue Beitragsansprüche und werden diese Beiträge nicht bis zum jeweiligen Fälligkeitstag gezahlt (tritt also Säumigkeit ein), sind auf diese neu entstandenen Beitragsansprüche Säumniszuschläge nach § 24 SGB IV zu erheben.

Erlass

Ansprüche dürfen nur erlassen werden, wenn die Einziehung nach Lage des einzelnen Falles unbillig wäre. Dies kann unter anderem dann der Fall sein, wenn eine Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz besteht, das heißt wenn der Versicherte für sich und gegebenenfalls seine Familie keine ausreichenden Mittel für Nahrung, Wohnung, Kleidung, ärztliche Behandlung etc. zur Verfügung hat (vergleiche auch Abschnitt 3.3).

Bei Personen, die der Versicherungspflicht aufgrund der Ausübung einer selbständigen Tätigkeit unterliegen, ist zu berücksichtigen, dass regelmäßig ein Teil des erzielten Gewinns als Pflichtbeitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung zu zahlen ist. Sofern die verbleibenden Mittel für die angemessene Lebensführung nicht ausreichen, wäre gegebenenfalls durch die Sozialhilfeträger zu prüfen, ob ergänzende Leistungen gewährt werden müssen. Die Tatsache, dass nur ein relativ niedriger Gewinn aufgrund einer versicherungspflichtigen selbständigen Tätigkeit erzielt wird, der „gerade so“ zur Bestreitung des Lebensunterhalts reicht, ist für sich allein betrachtet kein Grund für einen Erlass von Beitragsforderungen. Der Eintritt von Sozialhilfebedürftigkeit durch die Anwendung von § 76 Abs. 2 SGB IV ist kein „existenzvernichtender Eingriff“ (vergleiche auch BSG vom 25.01.1994, AZ: 4 RA 16/92). In derartigen Fällen wäre durch den Rentenversicherungsträger gegebenenfalls der Eintritt von Versicherungsfreiheit wegen Geringfügigkeit (§ 5 Abs. 2 SGB VI in Verbindung mit § 8 SGB IV) beziehungsweise die Anwendung der Sozialklausel bei der Beitragszahlung (§ 165 Abs. 1a SGB VI) zu prüfen.

Der Erlass muss dazu beitragen, dass sich die wirtschaftlichen Verhältnisse des Versicherten wieder normalisieren. Sind diese insgesamt so ungünstig, dass eine generelle Verbesserung in der Zukunft nicht zu erwarten ist, würde sich ein Erlass aus persönlicher Unbilligkeit nicht zugunsten des Versicherten, sondern allenfalls zugunsten seiner sonstigen Gläubiger auswirken. Für diesen Fall ist die Niederschlagung das gebotene Instrument.

Erlass von Säumniszuschlägen nach fruchtloser Vollstreckung

Sinn und Zweck der Erhebung von Säumniszuschlägen ist es, dass Versicherte dazu angehalten werden, Pflichtbeiträge pünktlich zu zahlen. Darüber hinaus sind Säumniszuschläge auch eine Gegenleistung für das Hinausschieben der Zahlung. In Fällen, in denen versicherungspflichtige Selbständige zahlungsunfähig und überschuldet sind, wäre es mit dem Sinn und Zweck des Säumniszuschlags kaum vereinbar, während dieser Zeit durch die Erhebung von Säumniszuschlägen auf den Versicherten Druck zur pünktlichen Zahlung auszuüben.

Es ist daher nach einer fruchtlosen Vollstreckung grundsätzlich auf Antrag zu prüfen, ob ein hälftiger Erlass des Säumniszuschlags aus Gründen der sachlichen Unbilligkeit möglich ist (vergleiche GRA zu § 24 SGB IV, Abschnitt 10). Bei einem Erlass aus Gründen der Unbilligkeit muss rückwirkend geprüft werden, ab welchem Zeitpunkt Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung vorgelegen haben.

Folgen eines Erlasses

Mit einem Erlass erlischt der fällige Anspruch.

Bei Pflichtbeiträgen von Selbständigen können sich dadurch Konsequenzen ergeben, die dazu führen, dass bestimmte Voraussetzungen für Leistungen der Rentenversicherung nicht mehr gegeben sind (zum Beispiel versicherungsrechtliche Voraussetzung für Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit).

Neunte Zuständigkeitsanpassungsverordnung vom 31.10.2006 (BGBl. I S. 2407)
Inkrafttreten: 08.11.2006

Durch Artikel 255 der Verordnung wurden aufgrund Änderung der Zuständigkeiten der Bundesministerien in Absatz 2 Satz 4 die Wörter „Gesundheit und Soziale Sicherung“ durch die Wörter „Arbeit und Soziales“ ersetzt sowie in Satz 5 die Wörter „im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit“ gestrichen.

Verwaltungsvereinfachungsgesetz vom 21.03.2005 (BGBl. I S. 818)

Inkrafttreten: 01.04.2005

Quelle zum Entwurf: BR-Drucksache 676/04

Durch Artikel 1 Nummer 16 des Gesetzes wurde Absatz 2 Nummer 1 redaktionell geändert und die Sätze 2 bis 5 angefügt. Absatz 2 ermöglicht den Sozialversicherungsträgern, unter bestimmten Voraussetzungen Kleinbeträge pauschal niederzuschlagen. Die Betragsgrenzen werden grundsätzlich durch die Spitzenverbände der Versicherungsträger festgelegt.

Beitragsansprüche dürfen niedergeschlagen werden, wenn der Arbeitgeber mehr als sechs Monate keine Beschäftigten mehr gemeldet hat und die Grenzbeträge nicht überschritten hat.

Drittes Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2003 (BGBl. I S. 2848)

Inkrafttreten: 01.01.2004

Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 15/1515

Durch Artikel 3 Nummer 24 des Gesetzes wurden in der gesamten Vorschrift jeweils das Wort „Bundesanstalt“ durch „Bundesagentur ersetzt.

AFRG vom 24.03.1997 (BGBl. I S. 594)

Inkrafttreten: 01.01.1998

Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 13/4941

Durch Artikel 4 des Gesetzes ist Absatz 5 angefügt worden und ermöglicht der Arbeitsverwaltung einen Vergleich über rückständige Beiträge abzuschließen.

2. SGBÄndG vom 13.06.1994 (BGBl. I S. 1229)

Inkrafttreten: 18.06.1994

Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 12/5187

Durch Artikel 2 des Gesetzes wurden der Absatz 2 Nummer 3 um den Begriff der Unbilligkeit ergänzt und dem Absatz 4 die Sätze 3 und 4 angefügt. Der unbestimmte Rechtsbegriff „besondere Härte“ wurde durch den unbestimmten Rechtsbegriff „unbillig“ ersetzt. Die Änderung erfolgte in Anlehnung an das Steuerrecht (§ 227 Abs. 1 AO). Bisher durfte von einer Forderung abgesehen werden, wenn die Einziehung eine besondere Härte bedeutete.

Über rückständige Beiträge zur Unfallversicherung und rückständige Beiträge (außerhalb des Gesamtsozialversicherungsbeitrages) zur Rentenversicherung können die jeweiligen Versicherungsträger Vergleiche schließen.

Melderecht- und Beitragseinzug-Einordnungsgesetz vom 20.12.1988 (BGBl. I S. 2330)

Inkrafttreten: 01.01.1989

Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 11/2221

Durch das Gesetz sind die Absätze 3 und 4 angefügt worden. Die Einzugsstelle ist befugt, unter bestimmten Voraussetzungen über Stundung, Niederschlagung und Erlass von Ansprüchen auf den Gesamtsozialversicherungsbeitrag zu entscheiden sowie Vergleiche über rückständige Beitragsansprüche zu schließen.

SGB IV vom 23.12.1976 (BGBl. I S. 3845)

Inkrafttreten: 01.07.1977

Quellen zum Entwurf: BT-Drucksache 7/4122 und 7/5457

Die Vorschrift ist mit ihren Absätzen 1 und 2 in Kraft getreten; die darin enthaltenen Regelungen galten aber erstmals für das nach dem Inkrafttreten des SGB IV beginnende Haushaltsjahr - demnach also ab 1978 (Art. II § 17 in Verbindung mit § 21 SGB IV). Dass die Einnahmen rechtzeitig und vollständig zu erheben sind, war bislang nicht ausdrücklich gesetzlich geregelt, in der Praxis wurde aber allgemein nach diesem Grundsatz verfahren. Für Stundung, Niederschlagung oder Erlass von Beitragsansprüchen galten in der Kranken- und Rentenversicherung die Allgemeine Verwaltungsvorschrift über den Einzug der Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung und zur gesetzlichen Krankenversicherung vom 05.05.1972 und im Arbeitsförderungsrecht die Verordnung über den Einzug der Beiträge zur Bundesanstalt für Arbeit und über die Höhe der Einzugskostenpauschale (Beitragseinzugsverordnung) vom 27.04.1972.

Zusatzinformationen

Rechtsgrundlage

§ 76 SGB IV