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§ 55 SGB I: Kontenpfändung und Pfändung von Bargeld

Änderungsdienst
veröffentlicht am

06.12.2021

Änderung

Die GRA wurde aufgrund des zum 01.12.2021 in Kraft getretenen Pfändungsschutzkonto-Fortentwicklungsgesetzes (PKoFoG) vollständig überarbeitet.

Dokumentdaten
Stand12.11.2021
Erstellungsgrundlage in der Fassung des Gesetzes zur Reform des Kontopfändungsschutzes vom vom 07.07.2009 in Kraft getreten am 01.07.2010
Rechtsgrundlage

§ 55 SGB I

Version002.00

Inhalt der Vorschrift

Die Vorschrift des § 55 SGB I in der Fassung bis 31.12.2011 ist am 01.01.1976 in Kraft getreten und mangels einer Übergangsregelung anwendbar auf alle nach dem 31.12.1975 bewirkten Pfändungen.

Inhaltlich trägt § 55 SGB I in der Fassung bis 31.12.2011 durch einen besonderen Pfändungsschutz der Tatsache Rechnung, dass der Zahlungsverkehr weitestgehend bargeldlos abgewickelt wird und daher auch die von den Sozialleistungsträgern zu erbringenden Leistungen regelmäßig nicht mehr bar, sondern unbar auf ein Konto des Empfängers bei einem Kreditinstitut überwiesen werden (§ 47 SGB I). Dabei sollen die Leistungen vor dem Zugriff Dritter aber nicht weniger geschützt sein als bar ausgezahlte Leistungen.

Der Pfändungsschutz erstreckte sich in zeitlicher Hinsicht primär auf einen Zeitraum von 7 Tagen (§ 55 SGB I in der Fassung bis 30.06.2010). Durch das Gesetz zur Reform des Kontopfändungsschutzes vom 07.07.2009 ist diese Frist mit Wirkung vom 01.07.2010 an auf 14 Tage verlängert worden (§ 55 SGB I in der Fassung bis 31.12.2011). Der Pfändungsschutz beginnt, sobald die Leistung durch den Sozialleistungsträger tatsächlich erbracht worden ist, sie damit also bereits der Verfügbarkeit des Sozialleistungsträgers entzogen ist. Demzufolge kann die Regelung auch keine Auswirkungen auf das Rechtsverhältnis zum Sozialleistungsträger haben. Vielmehr betrifft sie allein die rechtlichen Beziehungen zwischen Leistungsberechtigten (Schuldner), Gläubiger und Kreditinstitut.

Für den Rentenversicherungsträger hat die Vorschrift des § 55 SGB I in der Fassung bis 31.12.2011 in der Praxis keine Relevanz, es sei denn, auf Seiten des Leistungsberechtigten besteht insoweit Aufklärungs- beziehungsweise Beratungsbedarf (§§ 13, 14 SGB I) und dieser wendet sich mit einem entsprechenden Ersuchen an den Rentenversicherungsträger.

Der Regelungsbereich des § 55 SGB I in der Fassung bis 31.12.2011 unterscheidet sich im Übrigen grundlegend von dem des § 54 SGB I. § 54 SGB I schützt vor einer Pfändung der Ansprüche, die gegen den Sozialleistungsträger bestehen, während die Regelung des § 55 SGB I in der Fassung bis 31.12.2011 erst dann eingreift, wenn diese Ansprüche bereits erfüllt sind. Außerdem schützt § 55 SGB I in der Fassung bis 31.12.2011 die Ansprüche auch nicht dauerhaft vor dem Zugriff Dritter, sondern nur befristet, wobei die Kreditinstitute (Banken, Sparkassen und so weiter) in eigener Verantwortung die Pfändungsbeschränkungen des § 55 SGB I in der Fassung bis 31.12.2011 zu beachten und einzuhalten haben.

Darüber hinaus findet der bisherige Kontopfändungsschutz auf der Grundlage des § 55 Abs. 1 bis 4 SGB I in der Fassung bis 30.06.2010 ab dem 01.07.2010 infolge des durch das Gesetz zur Reform des Kontopfändungsschutzes neu angefügten § 55 Abs. 5 SGB I in der Fassung bis 31.12.2011 nur noch in Fällen Anwendung, in denen für Leistungsberechtigte kein Pfändungsschutzkonto (siehe Abschnitt 2) geführt wird; der herkömmliche Pfändungsschutz nach § 55 Abs. 1 bis 4 SGB I in der Fassung bis 31.12.2011 für Kontoguthaben gilt nur noch subsidiär. Führt ein Leistungsberechtigter ein Pfändungsschutzkonto, sind die Vorschriften des § 55 Abs. 1 bis 4 SGB I in der Fassung bis 31.12.2011 nicht (mehr) einschlägig.

Im Rahmen der angefügten Regelung des § 55 Abs. 5 SGB I in der Fassung bis 31.12.2011 wird das Kreditinstitut gleichzeitig vor Doppelzahlungen geschützt, wenn es keine Kenntnis von dem Bestehen eines Pfändungsschutzkontos hat. Eine Verpflichtung zur Zahlung an den Gläubiger - ohne die Einschränkungen nach § 55 Abs. 1 bis 4 SGB I in der Fassung bis 31.12.2011 - kann für das Kreditinstitut nur dann eintreten, wenn der Gläubiger ihm das Bestehen eines Pfändungsschutzkontos nachweist.

Mit Wirkung zum 01.01.2012 ist die Regelung des § 55 SGB I im Sinne eines Systemwechsels außer Kraft getreten. Seitdem wird ein Kontopfändungsschutz für überwiesene Sozialleistungen grundsätzlich nur noch im Wege eines Pfändungsschutzkontos (siehe Abschnitt 2) gewährt.

Pfändungsschutzkonto ab dem 01.07.2010

Mit dem am 01.07.2010 in Kraft getretenen Gesetz zur Reform des Kontopfändungsschutzes vom 07.07.2009 (BGBl. I, S. 1707) wurde der Schutz von Guthaben auf einem Girokonto neu gestaltet und das Pfändungsschutzkonto eingeführt. Hierdurch wurde erstmalig unabhängig von der Art der auf dem Girokonto eingehenden Einkünfte ein einheitlicher Pfändungsschutz für Guthaben auf einem Pfändungsschutzkonto in Höhe des Pfändungsfreibetrages nach § 850c ZPO gewährleistet. Nahezu alle das Pfändungsschutzkonto betreffenden Regelungen waren in den Absätzen 1 bis 9 des § 850k ZPO in der Fassung bis 30.11.2021 verankert.

Eine umfassende Neustrukturierung der Vorschriften zum Kontopfändungsschutz in der ZPO erfolgte mit Wirkung zum 01.12.2021 durch das Gesetz zur Fortentwicklung des Rechts des Pfändungsschutzkontos und zur Änderung von Vorschriften des Pfändungsschutzes (Pfändungsschutzkonto-Fortentwicklungsgesetz - PKoFoG) vom 22.11.2020 (BGBl. I, S. 2466). § 850k ZPO regelt seitdem ausschließlich die Einrichtung und Beendigung des Pfändungsschutzkontos. Bestimmungen für die Pfändung von Guthaben auf einem Gemeinschaftskonto werden erstmals in § 850l ZPO getroffen. Die Regelungen über die Rechtswirkungen des Pfändungsschutzkontos sind nunmehr in einem eigenen vierten Abschnitt des Achten Buches der ZPO (§§ 899 ff. ZPO) verankert. Hier wurde durch den § 904 ZPO auch erstmals der Pfändungsschutz von Nachzahlungen laufender Geldleistungen festgelegt.

Nach § 850k Abs. 1 ZPO haben Inhaber eines Zahlungskontos (bislang als Girokonto bezeichnet) gegenüber dem kontoführenden Kreditinstitut einen Anspruch darauf, dass das Konto künftig als Pfändungsschutzkonto geführt wird. Dieser Anspruch besteht auch dann, wenn das Zahlungskonto einen negativen Saldo aufweist. Das Pfändungsschutzkonto selbst darf jedoch ausschließlich als Guthabenkonto geführt werden. Für die Pfändung von Guthaben auf einem Gemeinschaftskonto regelt § 850l ZPO den Anspruch auf Einrichtung von Einzelkonten und den Schutz der unpfändbaren Teile des Guthabens auf diesen Einzelkonten. Die Führung eines Gemeinschaftskontos als Pfändungsschutzkonto ist auch weiterhin ausgeschlossen.

Jede natürliche Person darf nur ein Pfändungsschutzkonto führen (§ 850k Abs. 3 ZPO). Für den Fall, dass ein Schuldner dennoch rechtswidrig mehrere Pfändungsschutzkonten führt, ordnet das Vollstreckungsgericht auf Antrag des Gläubigers an, dass dem Schuldner nur das vom Gläubiger im Antrag bezeichnete Zahlungskonto als Pfändungsschutzkonto verbleibt (§ 850k Abs. 4 ZPO).

§ 899 Abs. 1 ZPO regelt die Gewährung des Grundfreibetrages auf einem Pfändungsschutzkonto in Höhe des monatlichen Pfändungsfreibetrages nach § 850c Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 4 ZPO, aufgerundet auf den nächsten vollen 10-Euro-Betrag. Über diesen Grundfreibetrag können Schuldner bis zum Ende des Kalendermonats aus dem Guthaben verfügen, damit die laufenden Verpflichtungen zur Sicherung des Lebensunterhalts erfüllt werden können. Zur Sicherstellung des Pfändungsschutzes gilt dies auch dann, wenn das Guthaben auf einem Zahlungskonto des Schuldners gepfändet ist, das vor Ablauf von einem Monat seit der Zustellung des Überweisungsbeschlusses an den Drittschuldner (hier: das Kreditinstitut) in ein Pfändungsschutzkonto umgewandelt wird.

Der in § 899 ZPO normierte Grundfreibetrag kann sich um weitere pfandfreie Beträge erhöhen (§ 902 ZPO). Die Erhöhungsbeträge sind durch das Kreditinstitut zu berücksichtigen, wenn der Schuldner ihm geeignete Nachweise vorlegt (siehe hierzu Abschnitt 2.1).

Erstreckt sich die Pfändung des Guthabens nicht nur auf den aktuellen Kalendermonat, sondern auch auf die folgenden Monate, so ist für jeden Monat der Grundfreibetrag zu gewähren. Ein in einem Kalendermonat nicht verbrauchtes pfandfreies Guthaben wird in den drei nachfolgenden Kalendermonaten zusätzlich zum Grundfreibetrag nicht von der Pfändung erfasst (§ 899 Abs. 2 ZPO). Hierdurch wird der Schuldner in die Lage versetzt, für größere Anschaffungen einen Teil des unpfändbaren Guthabens anzusparen.

§ 904 ZPO regelt erstmals den Pfändungsschutz für die Fälle, in denen laufende Geldleistungen für zurückliegende Zeiträume in einer Summe als Nachzahlung erbracht werden. Nach § 904 Abs. 1 ZPO sind Nachzahlungen bestimmter laufender Geldleistungen, wie zum Beispiel Geldleistungen nach dem SGB II und dem SGB XII, in voller Höhe pfändungsgeschützt. Nachzahlungen laufender Geldleistungen nach dem Sozialgesetzbuch, wie zum Beispiel Rentennachzahlungen, die nicht von § 904 Abs. 1 ZPO erfasst werden und Arbeitseinkommen nach § 850 Abs. 2 und Abs. 3 ZPO sind nach § 904 Abs. 2 ZPO bis zu einer Wertgrenze von 500,00 EUR unpfändbar. Der Pfändungsschutz von Nachzahlungen gemäß § 904 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO ist durch das Kreditinstitut zu berücksichtigen, wenn der Schuldner ihm geeignete Nachweise vorlegt (siehe hierzu Abschnitt 2.1). Übersteigt die Nachzahlung die Wertgrenze von 500,00 EUR, kann Pfändungsschutz nur durch das Vollstreckungsgericht auf Antrag des Schuldners bewirkt werden (§ 904 Abs. 3 und 5 ZPO).

Wird künftiges Guthaben auf dem Pfändungsschutzkonto gepfändet, darf der Drittschuldner (hier: das Kreditinstitut) nach § 900 Abs. 1 ZPO grundsätzlich erst nach Ablauf des nächsten auf die jeweilige Gutschrift von eingehenden Zahlungen folgenden Kalendermonats an den Gläubiger leisten oder den Betrag hinterlegen. Das Vollstreckungsgericht kann jedoch für Härtefälle auf Seiten des Gläubigers auf dessen Antrag eine abweichende Anordnung treffen. Zum geschützten Guthaben auf einem Pfändungsschutzkonto gehören damit auch Guthaben, die am Ende eines Monats für den folgenden Monat auf dem Pfändungsschutzkonto eingehen (zum Beispiel aufgrund vorschüssiger Rentenzahlung).

Bescheinigungen über Erhöhungsbeträge und Nachzahlungen laufender Geldleistungen nach den §§  902 ff. ZPO

Ein Schuldner, der Inhaber eines Pfändungsschutzkontos ist, kann monatlich über ein darauf befindliches Guthaben in Höhe des Pfändungsfreibetrages nach § 850 c Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 4 ZPO, aufgerundet auf den nächsten vollen 10-Euro-Betrag, verfügen (vergleiche hierzu die Ausführungen im Abschnitt 2). Bei einem entsprechenden Nachweis durch den Schuldner hat das Kreditinstitut diesen Grundfreibetrag um weitere Erhöhungsbeträge zu erhöhen (§ 902 ZPO). Erhöhungsbeträge nach § 902 ZPO sind beispielsweise

  • die pfändungsfreien Beträge nach § 850c Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 4 ZPO, wenn der Schuldner
    • einer Person oder mehreren Personen aufgrund gesetzlicher Verpflichtung Unterhalt gewährt oder
    • Geldleistungen nach dem SGB II, SGB XII oder dem Asylbewerberleistungsgesetz für Personen entgegennimmt, mit denen er in einer Bedarfsgemeinschaft im Sinne des SGB II, einer Gemeinschaft im Sinne des SGB XII oder in einem gemeinsamen Haushalt zusammenlebt und denen er nicht zum Unterhalt verpflichtet ist,
  • die Geldleistungen, die dem Schuldner selbst nach dem SGB II, SGB XII oder dem Asylbewerberleistungsgesetz gewährt werden, soweit sie den Grundfreibetrag nach § 899 Abs. 1 ZPO übersteigen oder
  • die nach § 54 Abs. 2 SGB I nur eingeschränkt pfändbaren einmaligen Leistungen nach dem SGB (zum Beispiel Beitragserstattungen nach § 210 SGB VI, Rentenabfindungen nach § 107 SGB VI) sowie Geldleistungen zum Ausgleich des durch einen Körper- oder Gesundheitsschaden bedingten Mehraufwandes im Sinne des § 54 Abs. 3 Nr. 3 SGB I (zum Beispiel Kraftfahrzeughilfe nach § 49 Abs. 3 Nr. 1, Abs. 8 SGB IX in Verbindung mit der KfZ-Hilfeverordnung).

Der Schuldner muss gegenüber dem Kreditinstitut durch eine geeignete Bescheinigung des Arbeitgebers, der Familienkasse, des Sozialleistungsträgers, einer mit der Gewährung von Geldleistungen im Sinne des § 902 S. 1 ZPO befassten Einrichtung oder einer geeigneten Person beziehungsweise Stelle im Sinne von § 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO nachweisen, dass es sich um Guthaben handelt, welches als weiterer Freibetrag zu berücksichtigen ist (§ 903 Abs. 1 ZPO).

Sozialleistungsträger, die Geldleistungen auf ein Zahlungskonto des Schuldners erbringen, welche als Erhöhungsbeträge gemäß § 902 ZPO in Betracht kommen, sind verpflichtet, auf Antrag des Schuldners eine Bescheinigung über die von Ihnen gewährte Sozialleistung auszustellen (§ 903 Abs. 3 S. 1 ZPO).

Zusätzlich zum Grundfreibetrag nach § 899 Abs. 1 ZPO hat das Kreditinstitut nach § 904 ZPO auch Nachzahlungen bestimmter laufender Geldleistungen entweder in voller Höhe, wie zum Beispiel Geldleistungen nach dem SGB II oder SGB XII, oder bis zu einer Wertgrenze von 500,00 EUR, wie zum Beispiel Geldleistungen nach dem SGB VI, als pfandfrei zu berücksichtigen, sofern der Schuldner einen entsprechenden Nachweis erbringt (siehe hierzu die Ausführungen im Abschnitt 2).

Sozialleistungsträger, die laufende Geldleistungen als Nachzahlung im Sinne des § 904 ZPO auf das Zahlungskonto des Schuldners erbringen, sind verpflichtet, auf Antrag des Schuldners eine Bescheinigung über die geleistete Nachzahlung auszustellen (§ 904 Abs. 4 ZPO in Verbindung mit § 903 Abs. 1, Abs. 3 S. 1 und Abs. 4 ZPO).

Die verpflichtend auszustellende Bescheinigung der Sozialleistungsträger zur Vorlage bei den Kreditinstituten muss gemäß § 903 Abs. 3 ZPO Angaben über

  • die Höhe der Sozialleistung,
  • deren Zugehörigkeit zu den in § 902 ZPO genannten Fallgruppen und
  • den Zeitraum, für den sie gewährt wurde

enthalten.

Darüber hinaus besteht für den auszustellenden Sozialleistungsträger nach § 903 Abs. 3 S. 3 ZPO auch die Verpflichtung,

  • die Anzahl der Personen, denen der Schuldner aufgrund gesetzlicher Verpflichtung Unterhalt gewährt und
  • das Geburtsdatum der minderjährigen unterhaltsberechtigten Personen

zu bescheinigen, soweit er Kenntnis darüber hat.

Die Verpflichtung zur zusätzlichen Bescheinigung von gesetzlichen Unterhaltszahlungen und Geburtsdaten der unterhaltsberechtigten Kinder setzt demnach einerseits die positive Kenntnis des Sozialleistungsträgers im Einzelfall voraus. Zum anderen müssen Bescheinigungen über aktuelle Unterhaltspflichten der Schuldner und Geburtsdaten von minderjährigen Unterhaltsberechtigten nur auf der Grundlage der Informationen ausgestellt werden, die ein Sozialleistungsträger (schon) hat. Dies bedeutet, der ausstellende Sozialleistungsträger muss hierfür keine Ermittlungsarbeiten anstellen. Vielmehr ist allein die Kenntnis im Einzelfall aufgrund der Aktenlage maßgebend.

Für die Bescheinigung von Nachzahlungen im Sinne des § 904 Abs.1 und Abs. 2 ZPO besteht diese Verpflichtung aber nicht. Denn § 904 Abs. 4 ZPO, welcher hinsichtlich der Verpflichtung zur Ausstellung einer Bescheinigung bei Nachzahlungen laufender Geldleistungen maßgebend ist, enthält keinen Verweis auf die Regelung des § 903 Abs. 3 S. 3 ZPO.

Für die Rentenversicherungsträger besteht durch das Pfändungsschutzkonto-Fortentwicklungsgesetz (PKoFoG) vom 22.11.2020 seit dem 01.12.2021 die Verpflichtung zur Ausstellung einer Bescheinigung auf Antrag des Schuldners dann, wenn sie dem Schuldner

  • eine nach § 54 Abs. 2 SGB I nur eingeschränkt pfändbare einmalige Geldleistung nach dem SGB VI (Beitragserstattung nach § 210 SGB VI oder Rentenabfindung nach § 107 SGB VI) gemäß § 902 S. 1 Nr. 2 ZPO gewähren oder
  • den Anspruch auf eine laufende Geldleistung nach dem SGB VI für zurückliegende Zeiträume entsprechend § 904 Abs. 2 ZPO als Nachzahlung erfüllen und die Wertgrenze von 500,00 EUR nicht überschritten wird (zum Beispiel Rentennachzahlungen bis zu 500,00 EUR).

Durch das Kreditinstitut ist die Bescheinigung ab dem zweiten auf die Vorlage der Bescheinigung folgenden Geschäftstag für den Zeitraum zu beachten, für den sie ausgestellt wurde (§ 903 Abs. 2 und 4 ZPO). Unbefristete Bescheinigungen sind für die Dauer von zwei Jahren zu berücksichtigen. Nach Ablauf der zwei Jahre kann das Kreditinstitut die Vorlage einer neuen Bescheinigung verlangen.

Hat sich der Schuldner in zumutbarer Weise erfolglos um die Ausstellung einer Bescheinigung bemüht, muss das Vollstreckungsgericht auf Antrag des Schuldners die Erhöhungsbeträge festsetzen (§ 905 ZPO). Der Schuldner hat seine erfolglosen Bemühungen gegenüber dem Vollstreckungsgericht glaubhaft zu machen.

Gesetz zur Reform des Kontopfändungsschutzes vom 07.07.2009 (BGBl. I S. 1707)

Inkrafttreten: 01.07.2010

Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 16/7615

In den Absätzen 1 bis 4 der Vorschrift wird die Verlängerung der Schutzfrist bei der Kontopfändung von 7 auf 14 Tage geregelt. Neben der redaktionellen Änderung von „Geldinstitut“ in „Kreditinstitut“ wird an die Vorschrift der Absatz 5 neu angefügt. Danach besteht für den Schuldner kein Kontopfändungsschutz im Rahmen des § 55 SGB I mehr, wenn er ein Pfändungsschutzkonto im Sinne von § 850k Abs. 7 ZPO führt. Es wird gleichzeitig eine befreiende Wirkung für Zahlungen geregelt, die Kreditinstitute nach § 55 Abs. 1 bis 4 SGB I in Unkenntnis über das Bestehen eines Pfändungsschutzkontos im Rahmen von § 55 Abs. 1 bis 4 SGB I leisten.

Es wird auch festgelegt, dass die Regelung des § 55 SGB I ab dem 01.01.2012 ganz außer Kraft tritt.

Sozialgesetzbuch (SGB) - Allgemeiner Teil - (Erstes Buch) vom 11.12.1975 (BGBl. I S. 3015)

Inkrafttreten: 01.01.1976

Quelle zum Entwurf: BR-Drucksache 305/72

Nach der Gesetzesbegründung (zum ursprünglichen § 54) verallgemeinert und präzisiert die Vorschrift Regelungen, die bereits in mehreren Sozialleistungsbereichen galten.

Zusatzinformationen

Rechtsgrundlage

§ 55 SGB I