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§ 13 SGB I: Aufklärung

Änderungsdienst
veröffentlicht am

20.08.2019

Änderung

Abgestimmt mit dem Regionalträger

Dokumentdaten
Stand25.02.2015
Rechtsgrundlage

§ 13 SGB I

Version001.00

Inhalt der Regelung

Die Vorschrift verpflichtet alle Leistungsträger und bestimmte Verbände zur allgemeinen Aufklärung über die Rechte und Pflichten nach dem Sozialgesetzbuch.

Das gegliederte Sozialleistungssystem ist nämlich sowohl in seiner Gesamtheit als auch in seinen Teilbereichen kompliziert und für den Bürger kaum überschaubar und schwer verständlich. Für das Funktionieren dieses Systems ist deshalb eine Information und Beratung über Rechte und Pflichten der einzelnen Personen von zentraler Bedeutung. Soziale Gerechtigkeit und soziale Sicherheit können nur geschaffen werden, wenn in der gesamten (auch ausländischen) Bevölkerung der Bundesrepublik Deutschland ausreichende Kenntnisse des Sozialleistungsrechts sowohl in den Grundzügen als auch in wichtigen Einzelheiten vorhanden sind. Zu diesem Zweck verpflichtet § 13 SGB I die dort aufgeführten Institutionen, die Bevölkerung über Rechte und Pflichten nach dem Sozialgesetzbuch im Rahmen der jeweiligen (sachlichen, im Hinblick auf den Verbreitungsumfang auch örtlichen) Zuständigkeiten aufzuklären, das heißt allgemein zu unterrichten.

Deutsche und Ausländer, die sich im Ausland aufhalten und Rechte und Pflichten nach dem Sozialgesetzbuch haben können, sind ebenfalls aufzuklären. Im Bereich der Rentenversicherung erfolgt diese Aufklärung durch die Verbindungsstellen, die für die Durchführung der einzelnen SV-Abkommen eingerichtet worden sind.

Eine Verpflichtung zur konkreten Auskunftserteilung aus einem bestimmten Sozialrechtsverhältnis normiert § 13 SGB I nicht, hierfür sind §§ 14 und 15 SGB I einschlägig.

Ergänzende Regelungen

Die in § 13 SGB I aufgeführte Verpflichtung ist im Zusammenhang zu sehen mit der Pflicht zur Beratung (§ 14 SGB I) und Auskunft (§ 15 SGB I). Diese Formen der Kontaktaufnahme zu den Bürgern und den Versicherten stellen verschiedene Stufen der Verbindung zwischen Leistungsträger und Bürgern dar.

Aufklärungsverpflichtete

Die Vorschrift verpflichtet die Leistungsträger, ihre Verbände und die im Sozialgesetzbuch genannten öffentlich-rechtlichen Verbände (zum Beispiel nach § 77 SGB V oder § 94 SGB X) die Bevölkerung über ihre Rechte und Pflichten in allgemeiner Form aufzuklären. Die Rentenversicherungsträger bedienen sich seit der Organisationsreform (01.10.2005) in erheblichem Maße der Deutschen Rentenversicherung Bund - Grundsatz- und Querschnittsbereich - insbesondere für die Erstellung von Broschüren und des Internetauftritts (§ 138 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI).

Rechtsnatur und Form der Aufklärung

Die genannten Leistungsträger/Verbände sind von Amts wegen zur Aufklärung verpflichtet. Mit der Aufklärung richtet sich die zuständige Stelle an die Bevölkerung, also nicht an eine bestimmte, sondern an eine unbestimmte Anzahl von Personen. Die Bevölkerung als solche kann nicht Träger individueller Rechte und Pflichten sein. Der einzelne Bürger hat deshalb keinen eigenen Rechtsanspruch auf Aufklärung, das heißt eine Klage auf Information der Bevölkerung oder auf seine eigene Information ist nicht zulässig. Bei einer vermuteten Verletzung der Aufklärungspflicht kann die zuständige Stelle über die Aufsichtsbehörde oder durch die vorgesetzte Dienststelle zur Erfüllung dieser Pflicht angehalten werden (BSG vom 21.06.1990, AZ: 12 RK 27/88 ).

Allgemein gültige Kriterien für die Form der Aufklärung gibt es nicht. Sie erfolgt in aller Regel über Medien, die einem breiten Publikum - eben der Bevölkerung - zugänglich sind, wie zum Beispiel durch Zeitungsinserate, Vortragsveranstaltungen, Messebeteiligungen, Beiträge in Funk und Fernsehen, eigene Broschüren und (Sonder-)Merkblätter, aber auch zunehmend durch elektronische Medien (CD-Rom). Weitere Bedeutung gewinnt in den letzten Jahren die Präsentation von Angeboten und Leistungen im Internet.

Umfang der Aufklärung

Aufklärung im Sinne der Vorschrift bedeutet die allgemeine und abstrakte, von einem Einzelfall losgelöste Unterrichtung der Bevölkerung über soziale Rechte und Pflichten, das heißt über alle im Sozialgesetzbuch geregelten Begünstigungen und Belastungen des Bürgers. Diese Rechte und Pflichten müssen in geeigneter Weise bekannt gemacht werden. Die Aufklärung erfasst alle möglicherweise Betroffenen, ohne sich aber auf den konkreten Einzelfall eines Bürgers zu beziehen. Welche Informationen zu einem bestimmten Bereich gegeben werden und in welcher Intensität die Aufklärung darüber erfolgt, richtet sich unter anderem danach, ob die Belange der gesamten Bevölkerung berührt sind oder ob nur eine bestimmte Bevölkerungsgruppe anzusprechen ist. Ferner ist zu berücksichtigen, ob auf Rechte und Pflichten nur aufmerksam gemacht werden soll oder ob beispielsweise bei Rechtsänderungen eine nähere Erläuterung der Auswirkungen dieser Änderung durch Detailinformationen erforderlich ist.

Beispiele für Aufklärungspflichten der Rentenversicherungsträger:

1.Einführung der erschwerten Zugangsbedingungen zur Rente wegen BU/EU durch das Haushaltsbegleitgesetz 1984
2.Inkrafttreten des SGB VI; hier insbesondere die Einräumung befristeter Rechte; zum Beispiel die des Nachzahlungsrechts bis 31.12.1995 für Zeiten, für die Frauen anlässlich einer Eheschließung Beiträge erstattet worden sind (§ 282 SGB VI a.F.)
3.Nachzahlungsrechte zur freiwilligen Versicherung für Zeiten einer schulischen Ausbildung (§ 207 SGB VI)
4.Möglichkeiten der privaten/zusätzlichen Altersvorsorge

Folgen einer fehlerhaften Aufklärung

Rechtsfolgen bei der Verletzung der Aufklärungspflicht sind im SGB I nicht geregelt.

Bei einer unterlassenen Aufklärung kann der Bürger keine Ausgleichsansprüche gegen den Aufklärungsverpflichteten geltend machen, da ein subjektives Recht auf Aufklärung nicht besteht. Verletzt der Versicherungsträger die allgemeine Aufklärungspflicht, entstehen hieraus kein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch und auch kein Amtshaftungsanspruch (BSG vom 21.06.1990, AZ: 12 RK 27/88 ).

Insbesondere besteht keine Pflicht zur aufklärenden Information über ein durch Gesetz eingeräumtes befristetes Recht (hier Nachzahlung von Beiträgen aufgrund eines SV-Abkommens). Mit der Verkündung eines Gesetzes im Bundesgesetzblatt gelten Gesetze grundsätzlich allen Normadressaten als bekannt ohne Rücksicht darauf, ob und wann sie von ihnen tatsächlich Kenntnis erlangt haben (Grundsatz der formellen Publizität).

Im Zusammenhang mit § 13 SGB I kommt ein Amtshaftungsanspruch (§ 839 BGB, Art. 34 GG) nicht in Betracht. Ein Schadensersatzanspruch aus § 839 Abs. 1 BGB entsteht nur, wenn der „Beamte“ im Sinne von § 839 BGB (dazu gehören alle Bediensteten eines Rentenversicherungsträgers) eine unmittelbar einem Dritten selbst gegenüber obliegende Amtspflicht verletzt hat. Kennzeichen der Aufklärungstätigkeit von Leistungsträgern ist aber gerade, dass keine Amtspflicht gegenüber einer bestimmten, "dritten" Person besteht, sondern gegenüber der allgemeinen Öffentlichkeit. Fehlt es also an einer Amtspflicht gegenüber einer bestimmten individuellen Person, kann kein Amtshaftungsanspruch entstehen.

Ist aber tatsächlich eine Aufklärung durch ein Merkblatt erfolgt, ist ein Herstellungsanspruch denkbar, wenn das Merkblatt fehlerhaft abgefasst ist und Gestaltungsrechte des Versicherten nur unzureichend dargestellt werden, sodass eine versicherte Person von dem Gebrauch eines solchen Rechts abgehalten wird (BSG vom 15.12.1983, AZ: 12 RK 6/83 ).

SGB I vom 11.12.1975 (BGBl. I S. 3015)

Inkrafttreten:

Quelle zum Entwurf:

01.01.1976

BT-Drucksache 7/868

Nach der Gesetzesbegründung zu den §§ 13 bis 15 SGB I genügt in einem differenzierten Sozialleistungssystem die Überschaubarkeit und Verständlichkeit der gesetzlichen Regelungen allein nicht, um dem Einzelnen aufzuzeigen, welche Rechte und Pflichten sich für ihn ergeben, insbesondere welche Ansprüche auf Sozialleistungen er hat. Erforderlich sei vielmehr, dass der Bürger in allen ihn berührenden Fragen informiert und beraten werde. Information und Beratung seien wichtige Dienstleistungen, die die Leistungsträger nicht anderen Institutionen überlassen können, sondern selbst wahrnehmen müssen; ein Monopol öffentlicher Stellen werde durch die §§ 13 bis 15 SGB I jedoch nicht begründet.

Zusatzinformationen

Rechtsgrundlage

§ 13 SGB I